Jährlich erhalten in Deutschland etwa 71 000 Männer die Diagnose Prostatakrebs. Foto: picture alliance / dpa/Axel Heimken

Krebsexperten aus dem Klinikum Stuttgart und dem Diakonie-Klinikum in Stuttgart beantworten die häufigsten Leserfragen – Ein Überblick

Stuttgart - Jährlich erkranken rund 500 000 Menschen in Deutschland neu an Krebs. Diese Zahlen bereiten vielen Sorgen. Um aufzuklären, welche Therapien, Früherkennungsmethoden, Erfolge und Risiken es bei Therapien gibt, haben Fachärzte des Klinikums Stuttgart und des Diakonie-Klinikums Stuttgart häufige Leserfragen gesammelt – und beantwortet.

Kann es sein, dass sich bei einer Biopsie der Prostata Krebszellen lösen und der Tumor dann streut?

Es gibt keinerlei Daten die diese Sorge rechtfertigen. Wenn ein konkreter Verdacht besteht, dass in der Prostata ein Tumor heranwächst, sollte eine Gewebeprobe entnommen werden. Allein durch ein bildgebendes Verfahren wie etwa einer Magnetresonanztomografie (MRT) kann kein Prostatakarzinom bestätigt, sondern nur ein Verdacht erhoben oder erhärtet werden.

Wenn ich an Krebs erkranke, wird dann mein Tumor genetisch untersucht?

Bei den meisten Tumorerkrankungen werden mittlerweile in unterschiedlichen Ausmaß genetische Veränderungen in den Tumorzellen bestimmt. Hierbei handelt es sich meist um Veränderungen, die in den bösartigen Zellen entstanden sind, und die bei vielen Erkrankungen zielgerichtet behandelt werden können.

Wie sieht es bei familiär bedingtem Krebs aus: Kann mir ein Gentest Sicherheit bringen, dass ich trotz familiär gehäufter Fälle kein erhöhtes Erkrankungsrisiko habe?

Das hängt von der konkreten Situation ab: Ist in der Familie eine genetische Ursache einer familiären Krebserkrankung bekannt – also wurde schon eine krankheitsverursachende Mutation in einem entsprechenden Gen nachgewiesen – dann kann ein Gentest sicher aussagen, ob sie ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben oder nicht. Gibt es keine solche Untersuchung und man lässt sich als gesunder Angehöriger testen, dann besteht die Möglichkeit, dass es zu einem unauffälligen Untersuchungsergebnis kommt. Das könnte zweierlei Gründe haben: Das Ergebnis könnte unauffällig sein, weil man eine mögliche vorliegende familiäre Mutation nicht geerbt hat. Dann bestünde auch kein erhöhtes Erkrankungsrisiko. Es könnte aber auch sein, dass bei dem Gentest das Gen, das die Erkrankung verursacht, nicht untersucht wurde – beispielsweise weil es noch gar nicht bekannt ist. In einem solchen Fall bestünde weiterhin ein erhöhtes Risiko.

Zahlt meine Krankenversicherung überhaupt eine genetische Beratung und einen Gentest?

Die Kosten für eine genetische Beratung und bei gegebenem Anlass auch eine genetische Untersuchung werden von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Bei privat versicherten Patienten empfiehlt sich vor der Durchführung einer genetischen Diagnostik, mit einer ärztlichen Begründung für die Notwendigkeit der Diagnostik eine Kostenübernahme-Erklärung einzuholen.

Meine Freundin ist an Krebs erkrankt und ist in Sorge, dass sie nicht umfassend genug über mögliche Therapien beraten wurde. Was tun?

Patienten, die sich unsicher sind, ob sie der Empfehlung ihres Arztes folgen sollen, haben die Möglichkeit, eine zweite Meinung einzuholen. Und dieses Angebot sollte auch genutzt werden. Zentren mit einer Zertifizierung der Deutschen Krebsgesellschaft bringen hier gute Voraussetzungen mit: Alle Zweitmeinungsfälle werden in der interdisziplinären Tumorkonferenz diskutiert.

Mein PSA-Wert ist erhöht. Was soll ich tun?

Ein einmalig erhöhter PSA-Wert hat keinerlei Aussage darüber, ob man an Prostatakrebs erkrankt ist. Bei wiederholt erhöhten Werten oder konstant steigenden Werten kann eine Biopsie oder ein bildgebendes Verfahren wie etwa ein MRT sinnvoll sein. Eine Tastuntersuchung sollte in keiner Vorsorgeuntersuchung fehlen und hat insbesondere bei fortgeschrittenen Tumoren eine relevante Aussagekraft. Die Prostatakrebsvorsorge wird Männern ab dem 45. Lebensjahr empfohlen. Gibt es eine familiäre Häufung dieser Krebsart – also ist der Vater oder der Bruder schon an einem Prostatakarzinom erkrankt, dann besteht ein erhöhtes Risiko. Die Vorsorge sollte dann fünf Jahre früher erfolgen.

Welche Entwicklungen gibt es bei metastasierten Tumorerkrankungen aus der Forschung?

In den vergangenen Jahren haben sich bei den meisten bösartigen Erkrankungen viele neue Therapieoptionen entwickelt: So spielen neben den etablierten Behandlungsformen wie die Strahlen- oder die Chemotherapie die sogenannten Immuntherapien eine immer größere Rolle. Es gibt auch viele weitere neue Therapien, die sich beispielsweise zielgenau gegen die Tumorzellen richten. Welche der Therapien für den jeweiligen Patienten geeignet ist, hängen von der Form der seiner Erkrankung ab, aber auch von seinem Krankheitsstadium und von den speziellen jeweiligen genetischen Veränderungen in den Tumorzellen.

Was tun, wenn man glaubt, Krebs zu haben?

Zunächst muss der Verdacht sorgfältig überprüft werden, heißt es beim Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungsinstituts in Heidelberg (DKFZ). Bei den meisten Betroffenen sind mehrere Untersuchungen notwendig, um die Diagnose zu bestätigen. Steht fest, dass es sich wirklich um einen bösartigen Tumor handelt? Dann versuchen die Ärzte außerdem genauer abzuschätzen, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist. Danach bewerten sie die einzelnen Ergebnisse, zum Beispiel Röntgenaufnahmen, Bilder aus Computertomografie oder Magnetresonanztomografie, die Befunde der Untersuchung von Gewebeproben sowie Laborwerte. Diese Untersuchungen führen Ärzte unterschiedlicher Fachbereiche durch. Auch an der Auswertung der Ergebnisse sind verschiedene Spezialisten beteiligt. Gemeinsam besprechen die beteiligten Ärzte die Untersuchungsergebnisse, kommen zu einer Diagnose und beraten über erste Behandlungsmöglichkeiten. Bis man selbst die Befunde und die weiteren Schritte mit den behandelnden Ärzten besprechen kann, dauert es deshalb oft ein wenig. Diese Vorbereitung ist für die Planung der jeweils besten Behandlung aber unumgänglich. Grundsätzlich ist die Versorgungssituation an Fachärzten aber schwierig. Denn die Facharztpraxen sind zum Teil extrem überlaufen. Auch in den Kliniken kommen die Behandler an ihre Kapazitätsgrenzen um Patienten schnell auf den Behandlungsweg zu bringen.

Diese Experten haben geantwortet:

Von Seitens des Klinikums Stuttgart waren Gerald Illerhaus (Ärztlicher Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin) und Hans-Jürgen Pander (Ärztlicher Leiter des Instituts für Genetik) dabei.

Vom Diakonie-Klinikum Stuttgart antworteten: Jochen Greiner (Ärztlicher Direktor Innere Medizin und Chefarzt der Hämatologie und Onkologie, Palliativmedizin) Christian Schwentner (Ärztlicher Direktor Urologische Klinik), Ferdinand Eberhard (Facharzt für Urologie), Andreas Zielke (Chefarzt Endokrine Chirurgie).