In England und in Belfast halten die rechtsradikalen Straßenkrawalle unvermindert an diese Woche. Die Regierung sucht gegen Gewalttäter vorzugehen.
Vor dem Hintergrund unvermindert heftiger Krawalle in englischen Städten und im nordirischen Belfast hat sich die britische Regierung jetzt erneut gegen die Behauptung gewehrt, das Land schlittere in einen „unvermeidlichen Bürgerkrieg“. Eine entsprechende Äußerung des Milliardärs Elon Musk sei „zutiefst verantwortungslos“, warnte am Dienstag Justiz-Staatssekretärin Heidi Alexander.
Musk, dem die Plattform X gehört, hatte zu Wochenbeginn Bezug auf einen US-Kommentar genommen, der den Briten vorwarf, die jüngsten Ausschreitungen im Grunde durch „Massen-Migration und offene Grenzen“ provoziert zu haben. Unter diesen Umständen sei „ein Bürgerkrieg unvermeidlich“, hatte Musk zustimmend erklärt.
Diese Behauptung hatte Premierminister Keir Starmer als „völlig ungerechtfertigt“ zurückgewiesen. Es gehe bei den Krawallen nur um „eine kleine Minderheit von Schlägern, die nicht für Britannien spricht“.Die Aktionen Rechtsradikaler mit dem Wort „Bürgerkrieg“ zu verklären, sei „nicht akzeptabel“, setzte Staatssekretärin Alexander hinzu: „Wir sehen, wie Polizeibeamte schwer verletzt und Gebäude in Brand gesteckt werden. Also denke ich mal, dass jeder, der eine große Social-Media-Plattform besitzt, seine Macht verantwortungsbewusst ausüben sollte.“
Elon Musk stänkert
Starmers ursprüngliche Erklärung, seine Regierung werde „keine Angriffe gegen Muslims dulden“, deren Viertel ganz speziell angegriffen wurden in den letzten Tagen, hatte Musk wiederum mit der Frage quittiert, ob Starmer denn Attacken auf den Rest der Bevölkerung nicht kümmerten.
Dazu meinte Tony Blairs früherer Chefstratege Alastair Campbell, Musk sei ja bloß wie alle „Anhänger des Trump-Kults“, am Aufputschen von Emotionen interessiert.
Unterdessen rief Technologie-Minister Peter Kyle die britischen Bosse der Social-Media-Riesen TikTok, Meta, Google und X zusammen, um ihnen deutlich zu machen, dass sie sich zusammen mit der Regierung „um ein Ende der Verbreitung hasserfüllter Desinformation und der Anstiftung zur Gewalt bemühen“ müssten.
Erstmals wurde am Dienstag auch Anklage erhoben gegen einen Internet-Aktivisten, dem vorgeworfen wird, letzte Woche auf Facebook kontinuierlich Rassenhass geschürt zu haben. Der 28-Jährige soll in Leeds vor Gericht gestellt werden. Stephen Parkinson, der Chef der englischen Anklage-Behörde, erwägt mittlerweile, in besonders schweren Fällen künftig sogar Anti-Terror-Gesetze anzuwenden.
Rekordzahl an Verhaftungen
Bereits kommende Woche, erklärte Justiz-Staatssekretärin Heidi Alexander, sei die Regierung jedenfalls in der Lage, 500 Extra-Zellen zur Verfügung zu stellen, um mit der Rekordzahl aktueller Verhaftungen fertig zu werden. Schwierig dürfte es allerdings werden, falls die Krawalle noch wochenlang anhalten, da Englands Gefängnisse hoffnungslos überfüllt sind. Keinerlei Entspannung zeichnet sich derweil ab auf den umkämpften Straßen in immer neuen Regionen. Zu schweren Auseinandersetzungen kam es zuletzt in der Stadt Darlington, in der Hafenstadt Plymouth und erneut im nordirischen Belfast. Dort musste ein lebensgefährlich verletzter Mann in die Notaufnahme transportiert werden, nachdem Immigrationsgegner ihn zu Fall brachten und „auf seinem Kopf herumtrampelten“, wie Zeugen berichteten. Die Polizei sprach von einem „Hass-Verbrechen“ übelster und rassistischer Art.
Anderswo wurden weiter Geschäfte zerstört und geplündert. In einigen Städten drohten junge Muslims damit, ihre Viertel gegen rechtsextreme Hooligans auf eigene Faust zu „verteidigen“. Ein Pub in Birmingham, in dem eine kleine Gruppe von Muslims Schaden anrichtete, wurde hernach von der muslimischen Gemeinde des Viertels wieder instand gesetzt, unter formellen Entschuldigungen und dem Angebot von Schadensersatz. Die Pub-Eigner dankten für die Solidarität: „Wir sind stolz auf unsere multikulturelle Stadt. So soll`s auch bleiben hier.“