Über der dicht besiedelten Stadt Gaza stiegen Freitagnacht Feuerbälle auf. Foto: AFP/MOHAMMED ABED

Israelische Soldaten sind nach Angaben der Armee doch nicht in den Gazastreifen vorgedrungen. Im Gazastreifen seien „keine Soldaten“, teilte die Armee mit. Entsprechende vorherige Angaben seien auf ein internes Kommunikationsproblem zurückzuführen.

Jerusalem - Der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern weitet sich aus. Die israelische Armee ging in der Nacht zum Freitag mit Artillerie- und Luftangriffen gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen vor. Aus dem Palästinensergebiet wurden weitere Raketenangriffe verübt und auch aus dem Libanon wurden mehrere Geschosse in Richtung Israel abgefeuert. Der UN-Sicherheitsrat will sich am Sonntag erneut mit der Gewalteskalation im Nahen Osten befassen.

Wegen der anhaltenden Raketenangriffe verstärkte Israel am Donnerstag sein Truppenaufgebot an der Grenze zum Gazastreifen. Im Gazastreifen seien aber „keine Soldaten“, stellte die Armee in der Nacht zum Freitag klar.

Zuvor hatte sie eine kurze Mitteilung an Medien versandt, in der stand, israelische Soldaten seien „im“ Gazastreifen. Armee-Sprecher Jonathan Conricus bestätigte die Angabe der Nachrichtenagentur AFP, räumte später aber einen Irrtum ein. Dieser sei auf ein internes Kommunikationsproblem zurückzuführen.  Conricus hatte eine Bodenoffensive im Gazastreifen zuvor als „ein Szenario“ bezeichnet. Die Hamas hat für diesen Fall mit einer „heftigen Reaktion“ gedroht.

Hunderte Menschen verlassen ihre Häuser

Über der dicht besiedelten Stadt Gaza stiegen Freitagnacht Feuerbälle auf, wie AFP-Reporter berichteten. Im Nordosten des Gazastreifens verließen wegen drohenden israelischen Beschusses hunderte Menschen fluchtartig ihre Häuser. Die Angriffe überschatteten den Beginn des Eid-al-Fitr-Festes zum Abschluss des islamischen Fastenmonats Ramadan.

Aus dem Gazastreifen wurden erneut Dutzende Raketen auf die südisraelischen Küstenstädte Aschdod und Aschkelon sowie in die Umgebung des Ben-Gurion-Flughafens von Tel Aviv abgefeuert. Zudem seien aus dem Süden des Nachbarlandes Libanon drei Raketen in Richtung Israel abgefeuert, teilte die israelische Armee mit. Sie stürzten allerdings ins Mittelmeer.

Eine Quelle aus dem Umfeld der Hisbollah versicherte, die schiitische Miliz habe nichts damit zu tun. Aus libanesischen Militärkreisen hieß es, die Geschosse seien unweit eines palästinensischen Flüchtlingslagers abgeschossen worden.

Mehr als 1750 Raketen auf Israel abgefeuert

Seit Montagabend wurden aus dem Gazastreifen mehr als 1750 Raketen auf Israel abgefeuert. Etwa 90 Prozent davon davon wurden nach Armeeangaben von Israels Rakentenabwehrsystem „Iron Dome“ abgefangen. Die israelische Armee bombardierte ihrerseits rund 600 Mal Ziele im Gazastreifen. Die Eskalation löste international Befürchtungen eines erneuten Krieges im Nahen Osten aus.

Bundesaußenminiser Heiko Maas (SPD) warf der Hamas vor, sie habe „in einer ohnehin schon angespannten Situation die Lage mit dem Raketenterror bewusst und massiv eskaliert“. „In einer solchen Lage muss sich Israel verteidigen können“, betonte Maas in der „Saarbrücker Zeitung“ und rief zugleich Palästinenser und Israelis auf, nach Jahren endlich an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

„Zu viele Zivilisten sind bereits gestorben“, erklärte UN-Generalsekretär António Guterres im Onlinedienst Twitter. „Dieser Konflikt kann die Radikalisierung und den Extremismus in der ganzen Region nur weiter verschärfen.“

Virtuelle Sitzung des UN-Sicherheitsrats

Für Sonntag wurde eine virtuelle Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Nahost-Konflikt angesetzt, wie Diplomaten bei den Vereinten Nationen mitteilten. Auch die USA, die die Absage einer für Freitag geplanten Sicherheitsratssitzung bewirkt hatten, seien einverstanden. Es ist die dritte Sitzung des UN-Gremiums zur Eskalation der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern binnen einer Woche. Bei den zwei vorherigen Sitzungen hatte es keine Einigung auf eine gemeinsame Erklärung gegeben - nach Angaben von Teilnehmern, weil die USA eine Verurteilung ihres Verbündeten Israel ablehnten.

Die massiven Spannungen entladen sich auch in Gewalt zwischen jüdischen und arabischen Israelis. Israels Polizeichef Micky Rosenfeld sagte, die Polizei müsse regelrechte „Pogrome“ verhindern. In der israelischen Stadt Lod schoss am Donnerstag ein Mann auf eine Gruppe bewaffneter Juden und verletzte dabei einen Menschen.

US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich „zutiefst besorgt über die Gewalt auf Israels Straßen“. Sein Ministerium rief US-Bürger auf, eventuelle Pläne für Israel-Reisen zu überdenken. Einige Fluggesellschaften, darunter die Lufthansa und British Airways, haben ihre Flüge nach Israel wegen der Gewalt ausgesetzt.