Stars der Staatsoper Stuttgart singen nach einer schwedischen Tradition mit Modedesignerin Lissi Fritzenschaft (Zweite von rechts) „Santa Lucia“.t Foto: Klaus Schnaidt

Singen macht glücklich. Bei Weihnachtsliedern ist der Effekt noch viel größer. Dies zeigt sich, wenn Stars der Oper Stuttgart die Kerzenkrone tragen. Unser Kolumnist fragt: Was findet der SWR, der einen Film darüber gedreht hat, daran skurril?

Stuttgart - Wer singt, bleibt gesund. Behaupten Musikpsychologen, Ärzte, Gesangstherapeuten und bestimmt auch führende Weihnachtsmänner. Lieder machen glücklich – und Weihnachtslieder noch viel mehr.

Denn „Oh du fröhliche“, „Leise rieselt der Schnee“ und Co. sind so ungefähr der letzte gemeinsame musikalische Nenner, der quer durch die Generationen beherrscht wird. Schon früh lernen Kinder: Wenn vorm Tannenbaum gesungen worden ist, darf man endlich Geschenke auspacken. Liebe Kinder, das dauert noch mit dem Auspacken. Erst müssen wir die Dauerbeschallung mit „Last Christmas“ in den Einkaufszentren überleben und ihr entfliehen.

Ein Weihnachtslied nach dem anderen wird gesungen

Da es Studien zu allem gibt, gibt es auch einen schlauen Forscher (übrigens einen aus Oldenburg), der uns erklärt: Bei Weihnachtsliedern, die man in der Gemeinschaft singt, steigt der Pegel der Endorphine besonders schnell. Endorphine sind körpereigene Opiate, die unsere Toleranz gegenüber Schmerz und Stress erhöhen. Weihnachtslieder werden dringend benötigt, um Menschen, die im Countdown vorm Fest überhitzen, in andächtige, melancholische und fröhliche Stimmung zu versetzen. Zugegeben, dies war ein langer Anlauf in dieser Kolumne. Er diente allein dem Versuch, die Leserschaft in skurrile Höhen hochzuschaukeln.

Seit 20 Jahren laden die Modedesignerin Lissi Fritzenschaft und ihr Mann Lothar Fritzenschaft ihre Freunde aus der Kultur zu sich nach Feuerbach ein, damit sich alle durch möglichst viele Weihnachtslieder singen und viel Spaß haben. Diesmal mussten sich die Gäste dazu bereit erklären, gefilmt zu werden. Denn ein SWR-Team drehte für eine bestimmte Rubrik der „Landesschau“. Diese Rubrik, verriet der Kameramann, heißt „Skurril“.

Die Diven tragen Kerzenkronen

Aber klar doch! Bei den Fritzenschafts treffen sich skurrile Menschen! Skurril bedeutet eigenwillig, seltsam, bizarr – trifft also auf Menschen wie uns zu.

Die gesamte Bandbreite der Stuttgarter Kultur war da: von Musicalstar David Whitley bis zur Ballettlegende George Bailey, vom Varietéchef Timo Steinhauer bis zu Joachim A. Lang, dem Regisseur des wunderbaren Brecht-Films „Mackie Messer“, von der Kammersängerin Helene Schneiderman bis zu SWR-Moderator Markus Brock, von Brigitte Stephan, der „Big Mama der Stuttgarter Kultur“, bis zur Fotokünstlerin Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer. Die Skurril-Dichte war also enorm.

Als ich die „Landesschau“-Reporterin fragte, was an mir so skurril sei, meinte sie: die Art, wie ich spreche. Die Frau hatte Humor, das gefiel mir. Doch dann rückte sie endlich mit der Wahrheit raus. Skurril findet ihre Redaktion, dass bei Schwaben schwedisches Brauchtum gepflegt wird.

Bei den Fritzenschafts hat es Tradition, dass Sängerinnen der Oper einen Adventskranz mit brennenden Kerzen aufsetzen. Und dann schmettern die Diven das Lied der heiligen Blondine Santa Lucia. Besonders in Schweden wird das Luciafest gefeiert, das Fest des Lichts.

Wenn Deutsche das nachmachen, findet man dies beim SWR „skurril“. In Wahrheit ist dies nur ein Beweis für die internationale Verbundenheit der Schwaben.

Gesungen haben wir alle dann kräftig. Damit steigt nicht nur die Toleranz gegenüber Fernsehleuten, die nette Dinge für skurril halten. Gemeinsames Singen tut vor allem gut und verbindet.