Das Leben ist für Eltern derzeit sehr verwirrend. Sehr gut: Im Kinderzimmer sind zumindest die Einsatzfahrzeuge schon startklar. Hilfe naht. Foto: privat/Setzer

Die Zeiten wären ideal, ein bisschen freundlicher mit Kindern umzugehen, sagt unser Kolumnist Michael Setzer. Die werden schließlich irgendwann erwachsen.

Stuttgart - Da gibt’s nix zu beschönigen: Ich flirte mit Hunden. Egal wie sie aussehen, wo sie herkommen, ob Rüde oder Rüdin – ich grinse sie an, nicke albern mit dem Kopf und frage, ob sie brav waren oder gut sind. Wenn sich etwas ergibt, führe ich natürlich auch mal ernsthaftere Gespräche mit ihnen. Und ich sag, wie’s ist: Ich wurde noch nie von einem Hund gebissen.

Bei Kindern bin ich mittlerweile ähnlich – lächle, was das Zeug hält, bin zuvorkommend, freundlich, höre zu und verliere selbst bei kritischen Wortbeiträgen wie „Warum sehen Sie so komisch aus?“ nicht die Fassung. Ich sehe das als Investition in die Zukunft.

Sie werden uns hassen

Denn eher früher als später wird uns diese Generation mehr hassen, als Konservative Genderdingsbums hassen. Wir tragen seit Monaten eine Pandemie auf den Rücken von Kindern und Jugendlichen aus, damit Mama und Papa weiterhin schön arbeiten und wertschöpfen können. Und im Herbst suchen wir dann immer Luftfilter oder Gründe, warum es okay sein soll, die Kinder in muffigen Räumen abzustellen. Und das ist wirklich nur ein kleiner Teil der Dinge, die sie uns irgendwann vorwerfen werden.

Immer schön behutsam

Wenn dann jemand „Veränderung!“ ruft, sagen wir Erwachsenen: „Ja! Spitze. Super Idee. Damit fangen wir gleich 2038 behutsam an.“ Ich lächle so lange Kinder an, höre zu – und hoffe, sie erinnern sich später daran, dass ich ja eigentlich ganz nett und auch irgendwie dagegen war, alles vor die, äh, Hunde gehen zu lassen.

Von Kindern lernen

Vergangenes Wochenende habe ich zwei sich völlig fremde Kinder gesehen, die sich auf dem Spielplatz umarmt haben, weil das alles gerade so viel Spaß gemacht hat. Und ich habe Kinder gesehen, die sich gegenseitig von ihrem Knabberzeug abgegeben und sich geholfen haben, wenn jemand Angst vorm Rutschen hatte.

Und natürlich habe ich auch Kinder gesehen, die einander das Spielzeug streitig gemacht und sich gegenseitig mit Sand beworfen haben. Doch selbst das war schlauer als das menschliche Angebot der Erwachsenenwelt.

Und zu Hause sagt der fast dreijährige Sohn: „Ich habe eine Idee!“. Mutter: „Was denn für eine Idee?“. Sohn: „Eine super Idee!“. Später reichte er uns Fantasie-Schokoladeneis.

Michael Setzer ist seit fast drei Jahren Vater. Früher haben Eltern ihre Kinder vor Leuten wie ihm gewarnt. Niemand hat ihn vor Kindern gewarnt.