Die Niederlage der Italiener bei der EM im Sommer frustrierte einen 20-Jährigen bei einem Public Viewing so sehr, dass er letztlich vor Gericht landete. Foto: Lichtgut

Bedrohung und gefährliche Körperverletzung: Ein junger Schönaicher bekommt vom Gericht eine letzte Chance.

Um Haaresbreite einer Jugendstrafe entronnen ist ein 20-jähriger Schönaicher. „Das Fass ist voll“, machte Richter Ralf Rose dem jungen Mann klar, der sich wegen der Vorwürfe der Bedrohung und gefährlichen Körperverletzung vor dem Jugendschöffengericht in Böblingen verantworten musste.

Zu den Auflagen, um nicht doch noch Haft zu riskieren, gehören neben einer Zahlung von 2000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung, auch die Teilnahme an einem Anti-Aggressionstraining – und vor allem der regelmäßige Besuch der Drogenberatung. Denn gerade der Betäubungsmittelmissbrauch und auch –handel, wegen dem der Schönaicher erst im Juli vor dem gleichen Gericht stand, hatten ihn zwischenzeitlich aus der Bahn geworfen.

Frust über Niederlage

Eigentlich aus geordneten familiären Verhältnissen stammend, wurde so aus dem einstigen Gymnasiasten ein ziemlich antriebloser Hauptschüler, der zudem gerne einmal einen zu viel über den Durst trank. So wie Ende Juni vor und während einer Public Viewing-Party in Schönaich anlässlich der Fußball-Europameisterschaft. Hinzu kam beim italienischstämmigen Fußball-Fan der Frust über die Niederlage seiner Squadra Azzurra, weshalb er offenbar grundlos Gäste anpöbelte, mit denen er entfernt bekannt war. Auch Bedrohungen wie „Ich hau dich um“ sollen gefallen sein.

Als sich der Streithansel vor der Türe mit zwei der zuvor von ihm beleidigten jungen Männern traf, versetzte er einem der beiden ohne jede Vorwarnung eine Backpfeife. Als es der kleiner gewachsene Aggressor dann aber nach eigenen Worten mit der Angst zu tun bekam, zückte er ein Pfefferspray – und verletzte damit nicht nur den einen Rivalen, sondern auch dessen Freund, der beschwichtigend dazwischen gehen wollte.

Warum sie sich überhaupt auf das verabredete Treffen außerhalb des Festgeländes eingelassen hätten, wollte der Richter von ihnen wissen. Weil man den Angeklagten früher schon öfter im Vier-Augengespräch beschwichtigen konnte, so die Antwort.

Der Angeklagte räumt alles ein

Eine Gemengelage, die außerdem völlig unstrittig war, weil der junge Mann die Vorwürfe über seinen Verteidiger vollumfänglich einräumte. Und sich zudem bei den Geschädigten und anderen Beteiligten entschuldigte. „Ich will kein böses Blut“, gestand er fast kleinlaut ein.

Schwieriger gestaltete sich die Findung des Strafmaßes. Auch weil der Beschuldigte trotz seines jungen Alters kein unbeschriebenes Blatt ist und strafrechtlich bereits wegen Körperverletzung und mehrmals wegen Handels mit Marihuana vor Gericht stand. Eine einjährige Jugendstrafe auf Bewährung forderte der Staatsanwalt. „Es war eine Dummheit, die sie sich hätten sparen können“, beendete er seinen Antrag.

Positive Sozialprognose

Dem entgegen stand die Jugendgerichtshilfe, die eine positive Sozialprognose wagte. Immerhin habe der 20-Jährige im Sommer seinen Realschulabschluss nachgeholt befinde sich zurzeit auf dem Weg zum Fachabitur. Das Gericht ließ es bei zweijähriger Bewährung und Auflagen bewenden – vorerst. „Wenn sie keine Straftaten mehr begehen und die Auflagen einhalten, werden wir Freunde“, schloss Ralf Rose.