Nicht nur im Kernkraftwerk Cattenom in Frankreich gibt es immer wieder Probleme. Dennoch setzt die Regierung weiter unbeirrt auf Atomstrom. Foto: dpa//epa Karaba

Frankreich will Kernkraft als „grüne“ Energie einstufen und damit auf eine Stufe mit Wind- und Sonnenenergie stellen. Doch der Präsident hat die Rechnung ohne die EU gemacht.

Emmanuel Macron ist ein großer Freund der Atomenergie. Bei jeder Gelegenheit wirbt der französische Präsident für die in seinen Augen saubere Kernkraft. Doch es gibt ein Problem: rund die Hälfte der insgesamt 56 Meiler in Frankreich steht still, und es fehlt dem Staat das Geld, sie zu modernisieren. Das bringt das Land in Schwierigkeiten, denn rund 70 Prozent der benötigten Energie stammt aus Atomkraftwerken.

Aus diesem Grund geht Macron immer wieder auf Werbetour nach Brüssel, um sich die fehlenden Milliarden bei der Europäischen Union zu beschaffen. Die Chancen auf neues Geld schienen zuletzt nicht schlecht, denn die EU-Kommission präsentierte in diesen Tagen das sogenannte Netto-Null-Industrie-Gesetz. Ziel ist es, klimafreundliche Technologien in Europa zu fördern. So sollen zukunftsträchtige Branchen in Europa gehalten werden, die ansonsten in die USA abwandern könnten. Denn dort lockt der Staat beim grünen Umbau der Wirtschaft mit kräftigen Subventionen.

Macron wird in Brüssel bitter enttäuscht

Doch die großen Erwartungen Emmanuel Macrons wurden nun bitter enttäuscht. Auf dem EU-Gipfel dieser Tage in Brüssel erhielt er eine deutliche Abfuhr. Dort wurde noch einmal aufgelistet, was die Kommission zu den förderungswürdigen Technologien zählt. Das sind zum Beispiel Windräder, Solarmodule, Batterien oder Wärmepumpen. Auch die Kernenergie wird am Rande erwähnt, sie wird in dem Netto-Null-Industrie-Gesetz aber nicht als „strategische Technologie“ eingestuft. Diese kleine Einschränkung hat weitreichende Folgen. Sie bedeutet, dass es für die bestehenden französischen Kernkraftwerke kein zusätzliches Geld von der EU geben wird. Auch wird es keine rechtlichen Abkürzungen bei den Genehmigungsverfahren geben, wie etwa beim Bau von Windkraftanlagen.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer für Macrons Atompläne bleibt allerdings. In dem neuen EU-Gesetz werden „fortschrittliche Technologien zur Energieerzeugung aus Kernprozessen mit minimalen Abfällen aus dem Brennstoffkreislauf“ und „kleine modulare Reaktoren“ erwähnt. Das Problem: diese Reaktoren der vierten Generation existieren im Moment allenfalls auf dem Papier, deren Realisierung ist mehr als ungewiss.

Der Präsident gibt sich nicht geschlagen

Doch so einfach will sich der französische Staatschef nicht geschlagen geben. Vor allem versucht er, den Eindruck zu verwischen, er führe seinen Feldzug für die Kernkraft allein aus egoistischen Motiven. Die EU kämpfe gemeinsam gegen den Klimawandel, unterstreicht Macron immer wieder, und jedes Land gehe dabei seinen eigenen Weg. „Es entspricht dem Geist der EU-Verträge, den jeweiligen Energiemix zu respektieren und das Prinzip der technologischen Neutralität zu wahren“, betonte Macron auf dem EU-Gipfel. Damit stieß er auf taube Ohren. Seine Kollegen weigerten sich, in das elfseitige Abschlussdokument des Treffens auch nur ein Wort aufzunehmen, dass Atomenergie „grün“ oder „sauber“ sei.

Österreich und Luxemburg warnten bei dem Brüsseler Gipfel sogar offen vor Zugeständnissen an Macron. Dass Atomkraft „nicht sicher ist, haben wir bei Fukushima gesehen“, sagte Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel. Auch Österreichs Kanzler Nehammer sagte, Atomenergie könne wegen ihrer „Gefährlichkeit“ nicht als Zukunftstechnologie gelten.

Ein eigener Klub für Atomkraftbefürworter

Inzwischen beschreiten die Atomkraftbefürworter einen eigenen Weg. Vor einigen Wochen haben elf Länder unter der Führung von Frankreich eine Allianz ins Leben gerufen, um Kernenergie zu fördern. „Atomkraft ist eines von vielen Instrumenten, um unsere Klimaziele zu erreichen, Grundlaststrom zu erzeugen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, heißt es in einer Erklärung. Ziel sei es, gemeinsame Industrieprojekte ins Leben zu rufen. Geld aus Brüssel gibt es dafür allerdings nicht.