Protest in Glasgow: Klimaaktivisten appellieren an die Politik, endlich zu handeln. Foto: dpa/Andrew Milligan

Auf der Uno-Klimakonferenz geht es um die Zukunft der Menschheit. Das Bewusstsein für die fatalen Folgen des Klimawandels ist so ausgeprägt wie nie. Zwischen Erkenntnis und Handeln klafft aber weiter eine große Lücke.

Berlin - Es wird wieder eine Veranstaltung der Superlative – dem erneuten Aufflammen der Corona-Pandemie zum Trotz. Von Sonntag an findet im schottischen Glasgow die 26. Weltklimakonferenz statt. Erwartet werden rund 25 000 Teilnehmer und Vertreter aus fast 200 Staaten. Ein Überblick.

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Was hat es mit den Klimakonferenzen auf sich? Die Konferenzen unter dem Dach der Vereinten Nationen finden eigentlich jedes Jahr in einem anderen Land statt. Die Veranstaltung in Glasgow unter britischem Vorsitz wurde 2020 aufgrund der Pandemie abgesagt und wird jetzt nachgeholt. Grundsätzlich bestehen die Konferenzen immer aus zwei Teilen: den politischen Verhandlungen der Staaten sowie einem umfangreichen Rahmenprogramm, an dem auch Aktivisten, Organisationen und Unternehmen beteiligt sind. Für die Treffen wird häufig auch die Abkürzung „COP“ verwendet. Das steht für „Conference of Parties“ – also die Konferenz der Vertragsparteien der Klima-Rahmenkonvention. Glasgow ist die 26. Ausgabe der Konferenz. Die erste fand 1995 in Berlin statt. Bei der COP 22 im Jahr 2015 wurde das Pariser Klimaabkommen verabschiedet, das seitdem den Rahmen bildet für die weltweiten Bemühungen zum Klimaschutz.

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Wie läuft die COP 26 ab? Nach einem Auftakt am Sonntag beginnt am Montag das zweitägige „High-Level Segment“, zu dem zahlreiche Staats- und Regierungschefs erwartet werden, darunter US-Präsident Joe Biden und die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel. Xi Jinping, der Staatschef des weltweit größten Treibhausgas-Emittenten China, wird nicht nach Glasgow kommen. Die eigentlichen Verhandlungen finden weitgehend im Verborgenen statt. Dort sind dann Minister, Staatssekretäre und Diplomaten aktiv. Geplant ist, dass die Klimakonferenz am Freitag, den 12. November endet. Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wird erst nach dem 10. November anwesend sein, sie ist bis dahin bei den Koalitionsgesprächen in Berlin gebunden. Die zentrale Figur in der deutschen Delegation ist Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth. Der sagt, Deutschland sei in Glasgow trotz der laufenden Regierungsbildung „in jeder Form handlungsfähig“.

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Um was geht es inhaltlich? Im Pariser Klimaabkommen ist festgelegt, dass sämtliche Vertragsstaaten alle fünf Jahre ihre Klimaziele überarbeiten müssen. Das ist jetzt fällig. Einige Vorgaben aus dem Pariser Abkommen müssen auch noch präzisiert werden. So muss sichergestellt sein, dass jeder Staat seinen Treibhaugas-Ausstoß sowie dessen Reduktion nach derselben Methode misst und an das UN-Klimasekretariat meldet. Festlegungen sind auch bei der Frage erforderlich, wie und wo Klimaschutz-Bemühungen von Staaten oder Unternehmen im Ausland angerechnet werden. So könnte ein deutscher Industriekonzern künftig seine CO2-Bilanz verbessern, indem er ein Klimaschutzprojekt in Argentinien vorantreibt. Auch bei der Klimafinanzierung gibt es noch viel zu bereden: Die Industriestaaten hatten 2009 zugesagt, den Entwicklungsländern ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, um ihnen bei Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu helfen. Das Ziel wird aber wohl erst ab 2023 erreicht.

Wie steht es um den Klimaschutz? Nicht gut. In Paris hatte die Staatengemeinschaft 2015 vereinbart, den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperaturen nach Möglichkeit auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Doch die Treibhaugas-Reduktion schreitet viel zu langsam voran. „Wir sind auf dem Weg in eine 2,7-Grad-Welt“, sagt Umwelt-Staatssekretär Flasbarth. Er bezieht sich damit auf den jüngsten Bericht der UN-Klimaagentur: Deren Fachleute warnten im September, dass die weltweiten Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2010 selbst dann um 16 Prozent steigen werden, wenn die Staaten ihre bisherigen Verpflichtungen komplett umsetzen. Um auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen, sei aber eine Reduktion um 45 Prozent notwendig. Je stärker die Temperaturen steigen, desto wahrscheinlicher werden Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen und starke Stürme.

Sind in Glasgow neue substanzielle Klimaschutz-Zusagen zu erwarten? Vermutlich nicht. Die meisten Staaten und Akteure haben längst ihre Ziele verschärft und werden kaum mit neuen Plänen nach Glasgow reisen. So will etwa die Europäische Union ihren Treibhausgas-Ausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 verringern. Zuvor galt ein Reduktionsziel von minus 40 Prozent. 2050 will Europa klimaneutral sein. Die USA, die unter Präsident Biden wieder ins Pariser Abkommen zurückgekehrt sind, wollen ihren Ausstoß bis 2030 im Vergleich zu 2010 halbieren. Die Vereinigten Staaten sind der zweitgrößte Emittent des Planeten, die EU der drittgrößte. China, der größte Emittent, hält konventionelles Wirtschaftswachstum derzeit für wichtiger als Klimaschutz.