Der Ventilbrunnen in Untertürkheim. Foto:  

Der Verschönerungsverein Stuttgart hat in jahrelanger Arbeit Kleindenkmale in allen Stadtbezirken erfasst. Die Liste mit insgesamt 2121 Objekten ist nun online einsehbar. Auch die Neckarvororte haben demnach zahlreiche Kleinode zu bieten.

Untertürkheim - Auf der Internetseite des Verschönerungsvereins Stuttgart ist seit wenigen Tagen eine Übersicht über alle Kleindenkmale im Stadtgebiet einsehbar. Ein aufwendiges Puzzlespiel ist damit zu Ende gebracht worden.

Ein Gedenkstein im Wald, ein Brunnen am Wanderweg, eine steinerne Ruhebank an der Friedhofsmauer, ein Sühnekreuz am Feldrand, eine Hochwassermarke an der Fassade, ein Schutzhäuschen im Weinberg, ein kunstvoll geschmiedeter Wirtshausausleger – die Vielfalt der Kleindenkmale ist groß. Einst wurden sie gesetzt, um den Weg zu weisen, an besondere Begebenheiten zu erinnern, Besitzverhältnisse zu verdeutlichen oder Persönlichkeiten einer Gemeinde zu ehren. Sie waren nützlich, einfach nur schön oder sollten zu denken geben. So manches der Objekte, deren Zweck sich heute oft nur noch dem Kundigen erschließt, wurde gestohlen, mutwillig zerstört, bei Umgestaltungen entfernt oder ist schlicht verfallen.

Projekt bereits im Jahr 2000 angestoßen

Sie verstärkt ins Bewusstsein der Menschen zu rücken und damit vor dem Vergessen zu bewahren, ist Ziel einer landesweiten Aktion: Das Landesamt für Denkmalpflege brachte im Jahr 2000 auf Initiative des Schwäbischen Heimatbundes und des Schwäbischen Albvereins ein Mammutprojekt auf den Weg, um möglichst alle Kleindenkmale in Baden-Württemberg zu erfassen. In allen Kreisen wurden Ehrenamtliche aufgefordert, in Wald, Flur und Siedlungen Kleinode aufzuspüren und diese Objekte nach einem einheitlichen Schema zu erfassen. Ein zähes Geschäft: Im Sommer 2012 waren erst in rund der Hälfte der 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs solche Erfassungsprojekte abgeschlossen oder in der Erfassungsphase. Auch die Landeshauptstadt fehlte noch.

Im Herbst 2012 hat sich deshalb der Verschönerungsverein Stuttgart entschlossen, dass er die systematische Erfassung der Kleindenkmale im Stadtgebiet selbstständig angeht, eigenständig finanziert und organisiert. Im Zeitraum vom Frühjahr 2013 bis Frühjahr 2015 schwärmten rund 80 Freiwillige, vor allem Vereinsmitglieder, aus und durchkämmten die Stadtbezirke nach klar definierten Objekten. Dabei wurden insgesamt 2121 Zeugnisse der Vergangenheit registriert, beschrieben, vermessen und fotografiert, berichtet Projektkoordinator Herbert Medek stolz. Zusätzlich wurden in Stuttgart auch alle öffentlichen Treppenanlagen erfasst. „Dadurch wurde endlich klar, wie viele Stäffele wir eigentlich haben – es sind genau 309 an der Zahl.“ Nicht mitgezählt seien die vielen Treppen auf privatem Grund, etwa in den Weinbergen, räumt der stellvertretende Vereinsvorsitzende ein.

Kein Anspruch auf Vollständigkeit

Die Liste erhebe auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, betont Medek. Man sei sich durchaus bewusst, dass das eine oder andere Kleinod fehle. Die Dokumentation für Bad Cannstatt zum Beispiel führt insgesamt nur 49 Objekte auf, was dem hauptberuflichen Denkmalschützer viel zu wenig erscheint. Zum Vergleich: In Weilimdorf wurden 316 Kleindenkmale erfasst. „Da werden wir wohl noch mal nacharbeiten.“ Grundsätzlich aber sei die Aktion abgeschlossen, erklärt Medek. Es sei nicht vorgesehen, die Liste kontinuierlich fortzuführen. „Das ist schlichtweg nicht leistbar.“

Die detaillierte Auflistung des Verschönerungsvereins verdeutlicht, dass auch die Stadtbezirke entlang des Neckars reich an Besonderheiten sind. Für Hedelfingen umfasst sie 121 Objekte, darunter allein 58 Grenzsteine, aber auch sieben Schuhkratzer, drei Bauplastiken und zwei Wirtshausschilder. In Wangen sind 102 Kleindenkmale erfasst worden, darunter 13 Brunnen und 10 Holwege. Obertürkheim weist demnach 46 Objekte auf, davon sind allein 38 Grenzsteine. In Untertürkheim wurden 41 Kleindenkmale aufgelistet, darunter acht Gedenksteine, drei Quellfassungen und vier Unterstände – so auch die Schutzhütte im Gehrenwald, die 2016 wegen Baufälligkeit von der Stadt abgerissen und nicht mehr ersetzt wurde. Sie werde dennoch in der Liste bleiben, sagt Medek. „Zur Erinnerung.“

Für jedermann verfügbar

Ursprünglich war angedacht, das Ergebnis der Aktion in Buchform zusammenzufassen. Dies erwies sich für den Verschönerungsverein angesichts der Fülle von Objekten als undurchführbar, räumt Medek ein. Denn wollte man alle Kleindenkmale auf diese Weise würdigen, wäre ein mehrbändiges Werk entstanden. Nur eine Auswahl weniger bemerkenswerter Objekte zu publizieren, würde der Bedeutung des Ganzen jedoch nicht gerecht. „Dazu kämen immense Kosten schon allein deshalb, weil die dann ausgewählten Kleindenkmale professionell fotografiert und entsprechende Texte über die historischen oder baulichen Hintergründe in Auftrag gegeben werden müssten.“ Deshalb ist die Liste der Kleindenkmale nun für jedermann online einsehbar – gegliedert nach Stadtbezirken. „Wir denken, dass dies eine zeitgemäße und adäquate Form ist, die Leistung der Erfasser und Erfasserinnen zu würdigen und die Ergebnisse in vollständiger Form für jedermann verfügbar zu machen.“