Das Hauptklärwerk muss die Anlagen auf dem neuesten Stand halten und strenge Grenzwerte erfüllen. Foto: SES/Michael Fuchs (z)

Die Stadtentwässerung streckt in den kommenden 15 Jahren rund eine halbe Milliarde Euro in den Erhalt und Ausbau des Hauptklärwerks in Mühlhausen.

Mühlhausen - Vor mehr als hundert Jahren ist das Hauptklärwerk Mühlhausen in Betrieb gegangen. Seither haben sich die Anforderungen an den Gewässerschutz und die Behandlung des häuslichen und industriellen Abwassers grundlegend verändert. Für den Schutz von Seen, Flüssen und Bächen muss heute neueste Technologie eingesetzt werden. Wachsendes Umweltbewusstsein erfordert zudem umweltverträgliche Verwertungswege für Reststoffe, die bei der Abwasserbeseitigung anfallen. Das sind große Herausforderungen für die Stadtentwässerung Stuttgart (SES) und die vier Stuttgarter Klärwerke. Um die Anlagen stets auf dem neuesten Stand der Technik zu halten und die immer strenger werdenden Grenzwerte für das Einleiten von Abwasser in Gewässer zu erfüllen, steckt die SES in den kommenden 15 Jahren rund eine halbe Milliarde Euro allein in den Erhalt und den Ausbau des Hauptklärwerks Mühlhausen.

Investiert wird einerseits in die Modernisierung und die Ertüchtigung der mittlerweile in die Jahre gekommenen Anlagen und Anlagenteile, andererseits in die Einführung neuer Technologien zur Reinigung des Abwassers und zur Behandlung der Klärschlämme. So beinhaltet das Großprojekt „Erneuerung Vorklärung“ die Sanierung schadhafter Anlagenteile und die Modernisierung der veralteten und sanierungsbedürftigen Elektro- und Verfahrenstechnik. Diese Arbeiten sind dringend erforderlich, da das aggressive Abwasser und die entweichenden Gase den Bauwerken und der Maschinentechnik erheblich zusetzen. Das Vorhaben, das im laufenden Betrieb bewältigt werden muss, wird voraussichtlich im April 2022 abgeschlossen sein. Neben einem stabileren und optimierten Anlagenbetrieb sowie energetischen Einsparungen wird die Maßnahme auch zu einer Verbesserung der betrieblichen und hydraulischen Belastung bei Starkregenereignissen beitragen.

Umweltverträgliche Klärschlammverbrennung

In einem weiteren Großprojekt wird derzeit der Wirbelschichtofen 2 der Klärschlammverbrennung auf dem Gelände des Hauptklärwerks auf den neuesten Stand gebracht. Damit ist die umweltverträgliche Klärschlammverbrennung im Hauptklärwerk für die nächsten 20 Jahre gesichert. Zwei weitere zukunftsweisende Projekte bauen das Leistungsspektrum des Hauptklärwerks aus. Dafür werden neueste Technologien eingesetzt, die Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände oder schwer abbaubare Haushalts- und Industriechemikalien aus dem Abwasser entfernen, um Gewässer weiter zu entlasten.

Die SES hat gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für Spurenstoffe Baden-Württemberg (KomS-BW) in einem Forschungsprojekt ein Verfahren mit gezieltem Einsatz von Aktivkohle zur Spurenstoffelimination entwickelt. Dieses wird bis zum Jahr 2027 im Hauptklärwerk Mühlhausen umgesetzt. Vorgesehen sind jeweils eine Dosierstation für pulverisierte Aktivkohle in den Abläufen der beiden biologischen Anlagen sowie zwei weitere Dosierstationen im Zulauf der zur Flockungsfiltration umgebauten Sandfilteranlage. Mit der neuen Flockungsfiltration wird das im Hauptklärwerk gereinigte Abwasser künftig auch die für das Einzugsgebiet des Neckars nochmals verschärften Grenzwerte für Phosphor einhalten können.

Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gewinnt das Klärwerk künftig auch Phosphor als elementaren Rohstoff aus den Klärschlämmen oder der Klärschlammasche zurück. Um das geforderte Phosphor-Recycling aus Klärschlamm und der Klärschlammasche erfüllen zu können, untersucht die SES gemeinsam mit kommunalen Partnern und Forschungseinrichtungen die Möglichkeiten einer großtechnischen Phosphor-Rückgewinnung anhand von Machbarkeitsstudien. Dabei gilt es einerseits, ein für die Stuttgarter Gegebenheiten geeignetes Verfahren zu finden, andererseits muss das aus Phosphor-Rezyklaten hergestellte Düngemittel landwirtschaftlich verwertbar sein.

Die fortlaufende Sanierung, Erneuerung und Ertüchtigung sanierungsbedürftiger Anlagenteile, die gezielte, wissenschaftlich begleitete Verbesserung der Reinigungsleistung und der Schlammbehandlung ermöglicht der SES, auch künftig ökologischen und ökonomischen Aspekten gerecht zu werden und zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger nachhaltig zu wirtschaften.