Johannes Zimmermann blickt trotz aller Herausforderungen zuversichtlich und mit Vorfreude auf die kommende Zeit. Foto: Ralf Poller/Avanti

Johannes Zimmermann leitet seit diesem Monat den Kirchenbezirk Vaihingen/Ditzingen. Die rund 53 000 Gläubigen in 30 Gemeinden erwarten Veränderungen.

Wieder näher im Kern der Kirche sein, mitten in der Gemeinde, und die Menschen seelsorgerisch begleiten: Diesen Wunsch erfüllt sich nun Johannes Zimmermann, der neue Dekan im evangelischen Bezirk Vaihingen/Ditzingen. Der 57-Jährige übernimmt das Ruder in Zeiten, die nicht nur für die Kirche insgesamt, sondern in ganz besonderem Maße in seinem neuen Tätigkeitsbereich herausfordernd sind.

Der Dekan leitet einen Bezirk mit rund 53 000 Gläubigen. Er ist zugleich der geschäftsführende Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Vaihingen/Enz und der Dienstvorgesetzte von Pfarrerinnen und Pfarrern in 30 Gemeinden. Erst 2020 sind die ehemals getrennten Bezirke Vaihingen/Enz und Ditzingen fusioniert. Die Pandemie hat das Zusammenwachsen erschwert. Dementsprechend sieht es Johannes Zimmermann als eine der Hauptaufgaben für die nächste Zeit an, die Fusion mit Leben zu füllen. „Es gilt, dauerhafte Strukturen der Zusammenarbeit aufzubauen“, sagt er. Das neue Dekanat sei noch in einer Findungsphase. Bisher gebe es ein starkes Kirchturmdenken. „Es steht noch einiges an Arbeit an“, gesteht der 57-Jährige. Er ist der Nachfolger von Rainer Zeyher, der in den Ruhestand gegangen ist.

Viele Einschnitte stehen bevor

Erschwerend kommt hinzu, dass die Landeskirche angekündigt hat, Ende März einen neuen Pfarrplan zu veröffentlichen. Es wird mit einer größeren Kürzungsrunde gerechnet. „Es wird Einschnitte geben“, weiß Zimmermann. Ein Umdenken im Pfarrdienst ist nach seiner Ansicht daher unumgänglich. Auch eine verstärkte Zusammenarbeit sei erforderlich.

Die hohe Zahl der Kirchenaustritte schmerzt den neuen Dekan. Er geht nicht davon aus, dass dieser Trend bald überwunden sein wird. „Ich bin da sehr realistisch“, sagt er. Ein Patentrezept, um die Entwicklung zu stoppen, hat er nicht parat. Einen Grund zu verzagen sieht er aber nicht.

Keine Probleme, sondern Herausforderungen

Für Zimmermann sind all das jedoch keine Probleme, sondern Herausforderungen, betont er. Der 57-Jährige unterstreicht, dass sich ihm viele Gestaltungsmöglichkeiten bieten. „Es reizt mich, Leitungsverantwortung in Zeiten des Umbruchs zu übernehmen“, sagt er. Der neue Dekan freut sich außerdem auf die Vielfalt der Gemeinden vom Stuttgarter Speckgürtel bis zu den ländlicheren Weinbauregionen, die ihn im Kirchenbezirk Vaihingen/Ditzingen erwartet. In ihnen und den neuen Kolleginnen und Kollegen erkennt er großes Potenzial. Mut für die Gemeindearbeit macht ihm außerdem die historisch gewachsene Ehrenamtlichkeit in Württemberg.

Positive Erfahrungen in anderen Gemeinden gesammelt

Mit Inspirationen, Impulsen und einem Netzwerk an Beziehungen ist der Geistliche in die Region gekommen. Er scheut nicht davor zurück, Veränderungen anzugehen, kreative Lösungen zu erdenken und Neues auszuprobieren. Eine „08/15-Gemeindearbeit“ soll es bei ihm nicht geben, verspricht Johannes Zimmermann. Er möchte mindestens einmal im Monat einen Gottesdienst halten und sich nicht nur auf Verwaltungsaufgaben konzentrieren.

Einige Gedanken hat er sich schon darüber gemacht, wie die Kirche der Zukunft in seinem neuen Bezirk aussehen könnte. Positive Erfahrungen hat Johannes Zimmermann andernorts damit gemacht, dass sich Ehrenamtliche an modernen Gottesdienstformen versuchen dürfen, zum Beispiel andere Formate für Familien und junge Leute. Auch Kurse zur Einführung in den Glauben für Menschen aus den östlichen Bundesländern und der ehemaligen Sowjetunion, die ein Kircheneintritt erwägen, hält er für einen guten Ansatz.

Mentalitätswechsel gefordert

Wichtig ist ihm die enge Zusammenarbeit – sowohl mit den hauptamtlichen Kollegen als auch mit Ehrenamtlichen. Letztere sollen keine Lückenbüßer sein, um unbesetzte Pfarrstellen zu kompensieren. Nach Ansicht von Zimmermann sollte die Kirche aber weniger pfarrerzentriert werden. Es brauche einen Mentalitätswechsel. Auch Ehrenamtlich sollten die Chance erhalten, ihre Ideen einzubringen, damit die ganze Vielfalt der Gemeinden zum Zug kommen kann.

In den nächsten Wochen stehen für Johannes Zimmermann aber zunächst viele Besuche und Begegnungen an. Er möchte alle Kolleginnen und Kollegen kennenlernen und sich einen Überblick über seinen Kirchenbezirk verschaffen.

Außerdem wird man den 57-Jährigen künftig häufiger privat unterwegs in der Natur antreffen. Neben seiner Vorliebe für Musik und das Lesen von Biografien gehören das Wandern und Touren mit dem E-Bike zu seinen Hobbys.

Quer durch die Republik

Vita
 Johannes Zimmermann wurde 1965 geboren und ist als Ältester von fünf Geschwistern auf der Ostalb aufgewachsen. Nach dem Theologiestudium in Tübingen, Jerusalem und Erlangen hat er in Straßburg und Tübingen promoviert. Im Anschluss an das Vikariat in Dußlingen bei Tübingen und die Ordination im Jahr 1998 war er wissenschaftlich tätig an den Universitäten Tübingen und Greifswald. In Greifswald wurde er 2005 habilitiert und dort 2014 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Bis 2017 war Zimmermann Gemeindepfarrer in Endingen im Zollernalbkreis. Vor seinem Amtsantritt in Vaihingen/Enz hatte er eine Professur für Praktische Theologie an der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg an der Lahn inne. Zimmermann ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

Investitur
 In der Vaihinger Stadtkirche wird der neue Dekan am Sonntag, 12. März, offiziell in sein Amt eingeführt. Den Investiturgottesdienst hält Prälatin Gabriele Arnold aus Stuttgart. Er beginnt um 15 Uhr. Ab circa 16.15 Uhr werden Grußworte in der Kirche gesprochen. Danach gibt es die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.