Wie hier in Esslingen gehen am Dienstag Eltern und Kinder in Sachsenheim auf die Straße wegen zu hoher Kitagebühren. Foto: Roberto Bulgrin

In Sachsenheim (Kreis Ludwigsburg) verlangt die Stadt für einen Ganztagesplatz für Kleinkinder fast 900 Euro im Monat. Der Gesamtelternbeirat kritisiert die Gebührenerhöhung scharf. Mit einer Demo wollen sie zum zweiten Mal Druck machen.

Steigende Gebühren für die Kinderbetreuung sind mittlerweile in vielen Kommunen ein Aufregerthema. In Sachsenheim geht das so weit, dass es die Eltern erzürnt auf die Straße treibt. Bereits im Mai hatten 150 Eltern und Kinder unter anderem für niedrigere Gebühren demonstriert.

An diesem Dienstag nun ruft der Gesamtelternbeirat der Stadt erneut zu einer Demo auf. Um 17.15 Uhr will man vom Schlossspielplatz zum Kulturhaus ziehen und dort um 18.15 Uhr eine Kundgebung abhalten, um 18.30 Uhr beginnt dort eine Sitzung des Gemeinderats.

Was ist der Grund für die aktuelle Demo? „Die Stadt Sachsenheim hat erneut die Kindergartenbeiträge erhöht, und dies in einem Rahmen, der für viele Familien nicht mehr finanziell tragbar ist“, sagt Sascha Mößner. Er ist nicht nur Vorsitzender des Gesamtelternbeirats der Stadt, sondern auch Vorsitzender der Bürgerliste „Sachsenheimer für Sachsenheim“ (SfS), die mit zwei Mitgliedern im Gemeinderat der Stadt vertreten ist.

Das Zentrum von Großsachsenheim mit Wasserschloss, Schloss-Freibad und Bahnhof im Vordergrund. Hinter dem Schloss beginnt der Demonstrationszug. Foto: Werner Kuhnle

Seit dem 1. September kostet ein Ganztagsplatz im Bereich der Unter-Dreijährigen monatlich 861 Euro mit Mittagessen, 2025 soll dieser dann auf 930 Euro steigen. Hintergrund ist, dass Kirchen und Kommunale Landesverbände angesichts von gestiegenen Kosten für die Kinderbetreuung eine Erhöhung der Elternbeiträge um 7,5 Prozent empfehlen. Generell ist das Ziel, dass Elternbeiträge 20 Prozent der Kosten für die Kinderbetreuung decken. „Mit 861 Euro inklusive Essen ist eine Obergrenze in der U3-Betreuung in Sachsenheim eigentlich schon überschritten. Der Elternbeitrag für diesen Betreuungsbereich gehört sofort eingefroren“, sagt der Vater von vier Kindern.

„Kinder werden zu Luxusgütern“

Von Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne bei solchen Preisen nicht mehr die Rede sein. Viele Frauen müssten sich nun überlegen, ob es sich finanziell überhaupt noch lohne, wieder arbeiten zu gehen oder ihre Arbeitszeit zu erhöhen. Sich immer hinter den Landesvorgaben zu verstecken, sei leicht. Das Land gebe zwar vor, aber wie es eine Kommune umsetzt, sei ihr überlassen.

Bürgermeister Holger Albrich will sich in der Gemeinderatssitzung am Dienstag nicht zur Demo der Eltern äußern. Foto: Werner Kuhnle

Die Stadt Sachsenheim hatte schon im Frühjahr darauf hingewiesen, dass es Unterstützung für Familien gebe, die sich die Beiträge nicht leisten könnten, aber das lässt Mößner nicht gelten: „Zusätzlich darauf hinzuweisen, Familien, die sich diese Beiträge nicht mehr leisten können, sollen soziale Unterstützung der Allgemeinheit beantragen, ist eine mehr als grenzwertige Aussage. Hart arbeitende Eltern werden in Sachsenheim so zu Sozialfällen gemacht und unsere Kinder zu Luxusgütern deklariert.“

Neue Wege bei der Kinderbetreuung gefordert

Die Eltern kritisieren aber nicht nur, sondern haben auch Lösungsansätze parat. Eine finanzierbare Kinderbetreuung bei einer katastrophalen Haushaltslage, wie in Sachsenheim sei schwierig, gibt Mößner zu, aber dennoch sei das nicht unmöglich: „Es müssen endlich neue Wege gegangen werden bei den Betreuungsformen. Es gibt genügend erfolgreiche Modelle dafür: Platz-Sharing, flexible Betreuungszeiten, flexible Essensbestellung, um nur einige zu nennen.“ Die hohen Gebühren sind nicht das einzige, was die Eltern in Sachsenheim umtreibt. Auch wenn Mößner ausdrücklich die die Erzieherinnen und Kita-Leiterinnen in Sachsenheim für deren Einsatz lobt, zeigten sich auch in der Stadt die Auswirkungen des Fachkräftemangels. Immer häufiger gebe es wegen fehlenden Personals reduzierte Öffnungszeiten in mehreren Kindergärten.

Auch eine Kita-App zur vereinfachten Kommunikation zwischen Erzieherinnen und Eltern fordert der Gesamtelternbeirat und ist sich bei der Demonstration am Dienstag der Unterstützung durch Landkreis- und Bundeselternbeirat sicher. Bürgermeister Holger Albrich will sich in der Sitzung am Dienstag nicht zur Demo äußern. Die Gemeinderäte könnten in der Sitzung am Dienstag aber unter „Verschiedenes“ den Sachstand thematisieren.

Was der landesweite Richtsatz vorgibt und was nicht

Richtsatz
 Die Vertreter des Städtetags, Gemeindetages und der Kirchenleitungen sowie der kirchlichen Fachverbände in Baden-Württemberg haben sich auf die Erhöhung der Elternbeiträge im Kindergartenjahr 2024/2025 verständigt. Als Richtsatz empfehlen sie die Erhöhung der der Elternbeiträge um 7,5 Prozent, für das Kindergartenjahr 2025/2026 um 7,3 Prozent. Die Erhöhungen trägt den allgemeinen Kostensteigerungen und den Personalkosten Rechnung.

Ziel
 Das angestrebte Ziel der Verbände und Kirchen in Baden-Württemberg ist ein Kostendeckungsgrad von 20 Prozent durch Elternbeiträge. Aber die empfohlenen Erhöhungen sind nicht bindend. Es steht jeder Kommune frei, örtlich andere, Elternbeiträge festzulegen. Die Ganztagesbetreuung ist explizit ausgeschlossen von der Empfehlung zur Höhe der Elternbeiträge.