Die Stadt Leinfelden-Echterdingen wünscht sich in Sachen Kinderbetreuung auch mehr Unterstützung von Bund und Land. Foto: dpa/Uwe Anspach

Durch die Elternproteste im vergangenen Jahr ist in Leinfelden-Echterdingen der Druck besonders hoch, die Situation in den Kitas der Stadt zu verbessern. In einer Denkwerkstatt und in einem Ausschuss wurden Ideen dazu gesammelt.

Der Fachkräftemangel macht allen Kommunen zu schaffen. Der Druck, die prekäre Situation in der Kinderbetreuung zum Positivem zu verändern, ist in Leinfelden-Echterdingen allerdings besonders hoch. Immer wieder hatten Mütter und Väter im vergangenem Jahr ihrem Ärger öffentlichkeitswirksam Luft gemacht. „Durch die Elternproteste hängt das Thema bei uns ganz weit oben“, sagte Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell am Dienstagabend im Sozialausschuss des Gemeinderates. Dort wurde ein zehn Punkte umfassender Antrag der SPD-Fraktion behandelt, den diese im Oktober gestellt hatte, als klar wurde, wie viele Kita-Plätze im Stadtgebiet fehlen. Damals standen die Namen von mehr als 300 Kindern auf der Warteliste. Welche Wege aber führen aus der Betreuungskrise?

Hilfe von Land und Bund Die Kommune habe bereits vieles unternommen, stellten die Sozialdemokraten nun fest. „Wir stellen Assistenzkräfte und hauswirtschaftliche Kräfte als Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte ein“, führte Bürgermeister Kalbfell als ein Beispiel an. Das aber werde nicht honoriert und nicht auf den alles entscheidenden Fachkräfteschlüssel angerechnet. „Hier brauchen wir die Hilfe vom Bund und vom Land“, erklärte er. Der Fachkräftekatalog müsste zwingend erweitert werden. Kalbfell wäre sogar bereit, mit anderen Sozialbürgermeisterkollegen und Eltern aus verschiedenen Kommunen vor den Landtag zu ziehen und dort den Betreuungsnotstand auszurufen.

Vergünstigungen für städtisches Personal Auf Einladung des Gesamtelternbeirats der städtischen Kindertagesstätten (GEB) haben sich dieser Tage in Leinfelden-Echterdingen Mütter und Väter, Tageseltern, Vertreter der Kitas, der Stadtverwaltung und des Gemeinderates zu einer Denkwerkschaft in der Echterdinger Zeppelinschule getroffen. Die Stadtverwaltung wollte den Eltern die aktuellen Herausforderungen in der Kinderbetreuung transparent machen sowie gemeinsam Ideen zur Verbesserung der Situation entwickeln. Bezahlbare Wohnungen oder WGs für Erzieherinnen und Erzieher, bessere und kostenfreie Parkmöglichkeiten für das Kita-Personal sowie sonstige städtische Vergünstigungen kamen in der Werkstatt als Vorschläge auf.

Alternative Betreuungsformen Mehrere Arbeitsgruppen haben sich gebildet, die sich nun um die Punkte alternative Betreuungsformen, Personal gewinnen und binden, sowie Transparenz und Kommunikation kümmern wollen. Henning Jachmann vom GEB verspricht sich besonders viel von jener Gruppe, die sich mit alternativer Betreuung befasst. Einzelne Kitas hätten bereits Konzepte erarbeitet, die aber noch rechtlich geprüft werden müssten. „Diese Konzepte könnten gegebenenfalls als eine Blaupause dienen“, sagt er. Louisa Seitz, ebenfalls vom GEB, hatte in der Denkwerkstatt die Idee einer Vereinsgründung vorgestellt: Eltern, Großeltern und Ehrenamtliche aber auch Vereine stemmen gemeinsam ein Betreuungsangebot für jene Zeiten, in denen die Kitas aufgrund des Fachkräftemangels geschlossen bleiben. „Das ist eine löbliche Initiative, die wir unterstützen sollten“, hieß es dazu im Ausschuss seitens der SPD.

Attraktiver als Arbeitgeber werden In der angespannten Situation sei auch das Thema Transparenz und Kommunikation wichtig, erklärt Jachmann unserer Zeitung. Das betonten auch die L.E. Bürger/DiB im Ausschuss. Die Fraktion forderte auch ein, dass der Städtetag mehr Druck mache. Das Thema Personalgewinnung und -bindung bliebe laut dem Elternvertreter eine dringliche Aufgabe. Angesichts des deutschlandweiten Fachkräftemangels dürfe man bei der Personalgewinnung jedoch keine zu großen Erwartungen haben. Die SPD, aber auch die Grünen pochten im Ausschuss darauf, dass die Stadt alle Möglichkeiten ausschöpft, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Neben bezahlbaren Wohnungen für städtische Mitarbeiter könnten dies mehr finanzielle Aufstiegsmöglichkeiten für pädagogische Fachkräfte sein.

Fachkräfte aus dem Ausland Die Stadtverwaltung denkt derweil darüber nach, weitere Kita-Fachkräfte aus dem Ausland zu holen – diesmal aus Griechenland. Im März will die Kommune auf der Bildungsmesse Didacta für sich als potenzieller Arbeitgeber werben. Platzsharing-Modelle in den städtischen Kitas wird es derweil vorerst nicht geben. „Dafür bräuchten wir noch mehr Personal. Das können wir derzeit nicht leisten“, sagte Amtsleiterin Ingrid Krebs dazu im Ausschuss. Große Sorge bereitet der Stadt, dass der Bau von neuen Kitas wie beispielsweise im Leinfelder Neubaugebiet Schelmenäcker deutlich länger dauert, als zunächst gedacht. „Aufgrund von Lieferschwierigkeiten und Verzögerungen in der Bauabwicklung im technischen Bereich, nimmt die Fertigstellung der Kita Schelmenäcker leider mehr Zeit in Anspruch als geplant“, sagt sie dazu unserer Zeitung auf Nachfrage.

Kitaplatzvergabe

Nach Punkten
„Für uns Eltern ist es wichtig nachvollziehen zu können, wie die Kitaplätze konkret vergeben werden und wie sich die Warteliste entwickelt“, sagt Henning Jachmann vom Gesamtelternbeirat der städtischen Kindertagesstätten. Von Herbst 2023 wird diese Platzvergabe nach einem differenzierten Punktesystem für alle Kitas im Stadtgebiet zentral erfolgen.

Möglichst gerecht
Es wird nicht nur nach der Berufstätigkeit der Eltern geschaut, vielmehr steht die soziale Dringlichkeit an oberster Stelle – wenn ein Kind beispielsweise die deutsche Sprache nicht beherrscht, aber bald eine Einschulung ansteht. Damit alle Kinder bevor sie in die Schule kommen, die Chance auf einen Kitaplatz haben, bekommen Kinder ab vier Jahren besonders viele Punkte. Eine Vormerkung für das kommende Kitajahr muss seitens der Eltern bis 15. Februar beim zuständigen Amt vorliegen. Die Mail-Adresse lautet: vormerkung@le-mail.de