Die baden-württembergische Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) Foto: dpa/Bernd Weissbrod

Die Bauminister der Länder machen dem Bund angesichts des Chaos rund um die KfW-Zuschüsse Druck – insbesondere die derzeitige Vorsitzende der Bauministerkonferenz, die baden-württembergische Wohnungsbauministerin Nicole Razavi.

Stuttgart - Die Bauminister der Länder haben den Bund für das Chaos rund um die KfW-Zuschüsse scharf kritisiert und die Rückkehr zu einer verlässlichen Förderung effizienter Gebäude gefordert. „Sowas darf sich nicht wiederholen“, sagte die derzeitige Vorsitzende der Bauministerkonferenz, die baden-württembergische Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU), am Donnerstag bei einer Sondersitzung der Bauminister von Bund und Ländern zu dem Thema.

Die für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen zuständigen Ressortchefinnen und -chefs der Länder schalteten sich am Donnerstag zu einer Sondersitzung digital zusammen. Sie forderten den Bund auf, die entstandene Finanzierungslücke beim Wohnungsneubau umgehend und vollständig zu schließen, um dadurch alle bis 2024 geplanten Bauvorhaben realisieren zu können. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) sprach von einem immensen Vertrauensschaden, der entstanden sei. Langfristig geplante Bauvorhaben stünden unter Druck.

Bundesregierung müsse schnell Planungssicherheit schaffen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Zuschüsse für energieeffizientes Bauen und Sanieren der KfW-Förderbank im Januar kurz vor Ende der Antragsfrist überraschend vorzeitig gestoppt. Als Grund nannte das Ressort eine Antragsflut und Mehrkosten in Milliardenhöhe. Nach vehementer Kritik sollen Teile der beantragten Mittel nun doch gezahlt werden.

Die Bundesregierung müsse nun schnell Planungssicherheit schaffen für Investoren und Bauherren, so Razavi. Die Ausgestaltung der Förderprogramme ab 2023 müsse so bald wie möglich feststehen, um Planungssicherheit für Privatleute wie Unternehmen zu schaffen. Gleichzeitig sollte der Staat die Menschen nicht überfordern, sagte sie mit Blick auf den Klimaschutz. „Klimaschutz ist ein wichtiges Ziel in der Wohnungsbaupolitik, aber es ist nicht das einzige.“ Mindestens ebenso wichtig sei es, mehr Wohnraum zu schaffen.

Geplante Deckelung der Fördersummen „nicht auskömmlich“

Die von Habeck geplante Deckelung der Fördersummen für die sogenannten Effizienzhäuser 40 auf eine Milliarde Euro bis Jahresende werde als „nicht auskömmlich“ betrachtet, sagte Razavi. Die Einstufung bedeutet, dass Gebäude 40 Prozent der Energie verbrauchen, die Standardhäuser benötigen.

Nach Ansicht der Bauminister muss sich die künftige Förderung an der Reduktion der Treibhausgase orientieren und sozial ausgewogen sein. Man dürfe sich aus Sicht von Razavi bei der Förderung nicht auf die Dämmung fixieren und müsse stattdessen auf maximale Technologieoffenheit setzen. Eine Arbeitsgruppe der Bauministerkonferenz werde nun Vorschläge für eine neue Fördersystematik erarbeiten. Die Ergebnisse sollen bis April vorliegen.

Wirtschaft fordert mehr Planungssicherheit

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), die als Gast an der Konferenz teilnahm, sagte, man müsse im Gebäudesektor mehr Energie sparen als bisher. Sie stimme den Landesministern zu, dass es Technologieoffenheit brauche. Die Fördermittel müssten so aufgesetzt werden, dass mit jedem Euro ein Maximum an CO2 gespart werde. Geywitz sagte zu, schnell wieder eine KfW40-Förderung aufzusetzen „für einen überschaubaren Zeitpunkt“.

Die Wirtschaft fordert mehr Planungssicherheit. „Die Bundesregierung muss die Neubauförderung schnell und verlässlich wieder aufnehmen - und zwar mit ausreichenden Finanzmitteln“, sagte der Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Andreas Ibel der dpa. „Das muss Bundesbauministerin Geywitz jetzt auch ihren Kabinettskollegen im Wirtschaft- und Finanzressort klarmachen.“ Es müsse wirklich schnell gehen. „Solange Unsicherheit besteht, wird nicht gebaut, schon gar nicht klimaschonend“.

Die Bauministerkonferenz forderte vom Bund zudem eine Erhöhung des Bundesanteils bei der Städtebauförderung von derzeit 790 Millionen Euro auf mindestens 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.