Die Pflanzen sind nur von unten zu sehen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

30 Pflanzen stehen auf einem Parkdeck. Und keiner durfte sie sehen. Nun kommen sie wieder weg. Ein Schildbürgerstreich, der viel, sehr viel über Stuttgart sagt.

Manche Sachen kann man sich nicht ausdenken. Und hätte sie ein Satiriker geschrieben, würde man ihm vorwerfen, die Pointe sei nun wirklich eine abgeschmackte. Doch die Stadt Stuttgart braucht keine Spötter, sie sorgt für die schlechten Witze selbst.

Anderswo funktioniert es

Worum geht es? Es gibt da ein Kaufhaus samt Parkhaus mitten in der Innenstadt, mit dem keiner etwas anzufangen weiß. Seit zehn Monaten steht der Kaufhof leer, das Parkhaus nebenan war so marode, dass es nicht mehr genutzt werden kann. Also schaute der Gemeinderat mal, was man anderswo mit solchen Gebäuden macht. Und siehe da, in Düsseldorf und Bayreuth hatte man Parkplätze in Pocket Parks, Westentaschenparks, umgewandelt und belebt. Also beschloss eine Mehrheit des Gemeinderats, das wollen wir auch. 30 Grünpflanzen kamen am 31. Juli aufs obere Parkdeck.

Von unten sieht as hübsch aus. Und von oben? Tja, das wüsste man gerne. Es darf aber keiner hoch. Den ganzen Sommer über nicht. Warum? Da gibt es unterschiedliche Auskünfte. Stadträten wurde gesagt, das Geländer sei zu niedrig, deshalb dürfe niemand hoch. Er könne ja runterfallen. Bei der Nutzung als Parkdeck war es egal, Veranstaltungen dürfe man so aber nicht genehmigen. Wenn man es positiv sieht, sind Leib und Leben von Müßiggängern und Pflanzenfreunden der Verwaltung wichtiger als die Sicherheit von Parkenden.

„Sicherheitsrelevante Bedenken“ heißt das offiziell. Dem Vernehmen nach waren sich diverse Ämter nicht einig, warum denn nun niemand hoch dürfe. Da habe es durchaus widerstrebende Aussagen gegeben, sagen Stadträte, die nachgehakt haben. Dafür spricht auch, dass die Antwort auf die simple Frage, warum das Parkdeck geschlossen ist, zwei Wochen brauchte.

Abgesperrt! Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Einer ist sich darüber im klaren, was er will. OB Frank Nopper lässt ausrichten: „Ich habe mich im zuständigen gemeinderätlichen Ausschuss mit aller Klarheit gegen die Einrichtung eines Pocket Parks auf dem Parkhaus an der Steinstraße ausgesprochen. Ich bin jedoch leider überstimmt worden. Die Verwaltung hat dem Ausschuss empfohlen, das Parkhaus an der Steinstraße mit der größtmöglichen Zahl an Parkplätzen wieder zu eröffnen, da in jüngster Vergangenheit in zentraler Lage sehr viele Parkplätze weggefallen sind.“

Wie bei den Superblocks ist Nopper mit dem Gemeinderat über Kreuz. Auch da gab es einen Beschluss, der OB ist dagegen. Und in beiden Fällen mahlen die Mühlen der Verwaltung, wie sie in Stuttgart halt mahlen. Oder doch extra langsam? Die Stadträte murren und wundern sich, das aber energisch, dass ihre Beschlüsse ignoriert werden.

Näher kommt man nicht ran. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das Problem hat sich ohnehin bald erledigt. Mitte Oktober werden die Pflanzen abgeholt und zum Überwintern eingelagert. Der Transport kostet 15 000 Euro. Aber es dräut Hoffnung. Laut Auskunft der Stadt haben „sich die Ämter in der Zwischenzeit abstimmen können, sodass das Parkdeck im nächsten Jahr begehbar sein könnte.“ Achtung, könnte. Konjunktiv. Aber in einer Stadt in der man fünf Jahre lang eine Bahnhofshalle saniert und zehn Jahre für eine neue Brücke braucht, da ist ein Jahr für 30 Pflanzen doch geradezu rasant.