Der frühe Tod von Königin Katharina sorgt bis heute für Legenden. Jetzt wird die Lady Di des 19. Jahrhunderts von der KI wachgeküsst. Die Landesbank setzt den Avatar der beliebten Regentin als Influencerin ein – im Jahr des 200. Geburtstags ihrer Grabkapelle.
Hat König Wilhelm I., den manch ein Historiker zum notorischen Fremdgeher erklärt, ihr die vor genau 200 Jahren fertiggestellte Grabkapelle Württemberg aus schlechtem Gewissen gebaut? Ist Königin Katharina mit 30 Jahren an gebrochenem Herzen gestorben? Hat sich die Zarentochter eine Lungenentzündung geholt, als sie in Eiseskälte in einer offenen Pferdekutsche ihrem Mann folgte, der im Gestüt Scharnhausen heimlich seine Geliebte traf?
Die Wahrheit, so lauten die neuen Ergebnisse der historischen Forscher, die alte Arztbriefe und Obduktionsberichte studiert haben, hat nichts mit Eifersucht zu tun. Demnach ist die Königin an einer Gürtelrose und Blutvergiftung gestorben, die ihren Anfang nahm mit einem Bläschen am Mund. Dieses Bläschen hatte sie sich selbst aufgestochen, was zu einer Entzündung führte, die man heute mit Antibiotika stoppen könnte – damals nicht. Das Unheil nahm seinen Lauf und führte über die Sepsis zum Schlaganfall, wie die Ärzte feststellten, die ihren Schädel aufgeschnitten haben.
Als Katharina starb, war sie schwanger
Noch eine lange unbekannte Wahrheit wurde erst 200 Jahre nach Katharinas Tod bekannt und ist in dem Buch „Bis wieder die Sonne scheint“ von Patricia Peschel und Jörg Krauss nachzulesen: Zum Zeitpunkt ihres Todes war Katharina schwanger. Zwei Töchter hatte sie bereits mit Wilhelm, doch das Königshaus verlangte einen männlichen Thronfolger. Wäre das ungeborene Kind ein Junge gewesen?
Ach, wenn man sie doch dazu befragen könnte, wie sich das alles aus ihrer Sicht zugetragen hat! Und siehe da: Katharina von Württemberg ist wieder da – von der künstlichen Intelligenz wachgeküsst!
Die Landesbank hat ein Avatar erstellen lassen und die beliebte Königin mit einem „zeitgemäßen Gesicht“ zur virtuellen Influencerin befördert. Man kennt digitale Markenbotschafterinnen bisher vor allem aus der Modeindustrie. Doch jetzt ist die Faszination zwischen Fiktion und realer Welt in der Bankenwelt angekommen.
Eine Bank, die top-modern sein will, holt eine Figur aus der Vergangenheit quasi aus dem Sarg, um für „Geschlechtergerechtigkeit im Bankwesen“ zu werben und darauf zu drängen, dass mehr Frauen wichtige Positionen besetzen sollten, weil diverse Teams die besseren Ergebnisse erzielten.
Die Nähe der Bank zur Königin überrascht nicht: Katharina hat 1818 den Vorgänger der LBBW gegründet. Eine Universität, ein Gymnasium sowie das Stuttgarter Katharinenhospital sind nach ihr benannt. „Als erfahrene Leaderin und Gründerin weiß ich, wie man die Leute zusammenbringt, die wirklich was bewegen wollen“, sagt die virtuelle Influencerin im Netz.
Die Bank ließ historische Gemälde von ihr analysieren und in eine bildgebende KI integrieren. Das Haus Württemberg gab grünes Licht dazu. Mit einem Bodydouble und Face Swap Modul entstehen nun Videos mit ihr, etwa für Linkedin. Es gab auch bereits eine „Begegnung“ von ihr und Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) – nachzuhören im Podcast „Cäshflow“.
Grabkapelle war vor genau 200 Jahren fertig
Noch heute legen Fans von Katharina Blumen an ihr Grab auf dem Württemberg ab. Das Mausoleum mit Sicht weit über das Neckartal hinaus ist eines der beliebtesten Ausflugsziele der Region. Als Lady Diana mit 36 starb, war sie sechs Jahre älter als die Zarentochter bei deren Tod. Beide haben Benachteiligten geholfen und wurden vom Volk geliebt. Catharina Pawlowna, die ihren Vornamen selbst mit C schrieb, war im April 1816 von Russland nach Stuttgart gezogen – im „Jahr ohne Sommer“. Die Hungersnot war groß. Von ihrer Mutter hatte sie gelernt, dass sich Aufstände verhindern lassen, wenn man die Lebensumstände des Volkes verbessert. Katharina besorgte Getreide aus Russland und engagierte sich sozial – von Oktober 1816 an als Königin.
Die Württemberger waren schnell von der klugen, jungen Königin begeistert. Doch das Glück mit ihr währte nicht lange. Am 9. Januar 1819 ist sie gestorben. König Wilhelm I. beauftragte Hofbaumeister Giovanni Salucci, die Grabkapelle auf dem Württemberg zu bauen. Im Jahr 1824 war sie fertig – vor genau 200 Jahren. Und jetzt hat Katharina die Gruft verlassen – mit dem großen Ziel, die Menschen von heute zu bewegen.