Kämpfer Christian Jungwirth (Archivbild) Foto: Pressefoto Baumann/Julia Rahn

Es war der Kampf, auf den deutsche MMA-Fans 2024 hingefiebert hatten: Der in der Region Stuttgart verankerte Christian Jungwirth unterlag dem Frankfurter Christian Eckerlin. Er fordert einen Rückkampf im Kessel.

Es war ein bitterer Abend für Christian „The Kelt“ Jungwirth, den spannendsten MMA-Kämpfer, den die Region Stuttgart wahrscheinlich jemals hervorgebracht hat. Im Deutsche Bank Park in Frankfurt unterlag der 37-jährige Schwabe am Samstag dem ebenfalls 37-jährigen Christian Eckerlin, der Heimvorteil genoss; alle fünf Runden sahen die Ringrichter den Hessen vorne, Jungwirth wurde jedoch abermals seinem Ruf gerecht, niemals aufzugeben. Es war mit 60 000 Zuschauern das größte Sportevent in der Disziplin Mixed Martial Arts, das jemals in Europa stattgefunden hat.

„Rückkampf, warum nicht? In Stuttgart!“, sagte Jungwirth auf der Pressekonferenz im Anschluss. Eckerlin wollte sich nach dem deutlichen Sieg nicht direkt darauf einlassen: „Lass uns erst mal noch bisschen Zeit vergehen.“ Der Gewinner genoss vor allem seinen Sieg und sagte: „Mir fehlen die Worte. Heute ist für mich der schönste Tag nach meiner Hochzeit und der Geburt meiner zwei Kinder.“

Schwäbisches Sportmärchen

Beide Männer, die sich in der Arena nichts gönnten, zollten einander Respekt. „Christian ist ein Krieger“, sagte Eckerlin. Auch Jungwirth fand lobende Worte für seinen Kontrahenten: „Großen Respekt an Christian!“

Die Geschichte von Christian Jungwirth ist ein schwäbisches Sportmärchen. Der Kämpfer aus Bopfingen im Ostalbkreis träumte von einer Profi-Fußballkarriere beim VfB Stuttgart, bevor er auf Umwegen zum Kampfsport fand. In der U15 wurde er einst noch von Thomas Tuchel trainiert, verletzungsbedingt musste er seine Träume begraben. Es folgten schwierige Jahre: Alkoholismus und Umtriebe in der Stuttgarter Hooligan-Szene, es ging regelmäßig „auf den Acker“, wie es dort heißt. Christian Jungwirth macht kein Geheimnis aus seiner Vergangenheit, hat immer wieder öffentlich darüber gesprochen.

Erst mit 30 Jahren begann Jungwirth MMA zu trainieren. In Fellbach im Kongs Gym, das schon einige erfolgreiche Kämpfer hervorgebracht hat. Eigentlich ist man mit 30 viel zu alt, um noch eine Profikarriere in der vielseitigen Vollkontakt-Sportart anzustreben, bei der im Stand und auf dem Boden gekämpft wird – ein paar Auseinandersetzungen auf dem „Acker“ hin oder her. Aber Jungwirth biss sich durch, erwarb durch seine krumme Vita, seine charismatische Art und Kampfgeist im Oktagon schnell Kultstatus in der Szene. Heute folgen ihm 100 000 Fans auf Instagram. Zuletzt siegte er im März 2024 in der Schleyerhalle in Stuttgart spektakulär gegen den Slowaken Robert Pukac.

Ungeachtet des Ausgangs hat der Kampf jetzt in Frankfurt für die wegen ihrer Härte nicht unumstrittenen Sportart weiter für Strahlkraft gesorgt – besonders in Deutschland. MMA auf hochprofessionellem Niveau wird seit der Pleite der japanischen Kampfsportorganisation Pride FC im Jahr 2007 vor allem mit der Ultimate Fighting Championship (UFC) in den USA in Verbindung gebracht. Mit der polnischen Organisation KSW und eben der in Tschechien ansässigen Promotion Oktagon MMA holen die Europäer aber auf und stellen nicht nur Events mit vergleichbaren Live-Zuschauerzahlen auf die Beine, sondern bekommen auch immer hochklassigere Athleten unter Vertag, darunter auch UFC-Veteranen, die ihre besten Jahre bereits hinter sich haben.

Wie gut sind die europäischen Kämpfer wirklich?

Klar – das sportliche Niveau in der Spitze von UFC-Stars wie Jon Jones, Alex Pereira oder früher Conor McGregor und Khabib Nurmagomedow wird laut Fachpresse bei den europäischen Veranstaltern nicht erreicht. Das Portal Fight Matrix etwa sieht die stärksten Oktagon-MMA-Kämpfer etwa auf einer Stufe mit den hinteren Top-15-Kämpfern der offiziellen UFC-Rangliste.

Zu den ganz Großen im europäischen Zirkus zählen übrigens auch Jungwirth und Eckerlin nicht, von einem Titelkampf dürften beide noch den einen oder anderen Sieg entfernt sein. Der Erstplatzierte im Weltergewicht, in dem auch Jungwirth und Eckerlin antreten, ist der Serbe Bojan Velickovic. Ihm musste sich Jungwirth bereits 2023 geschlagen geben.