Unter den Geflüchteten aus der Ukraine, die Deutschland täglich erreichen, sind sehr viele Kinder und junge Erwachsene. Foto: imago images/Jochen Eckel

Viele junge Menschen haben wegen des Krieges in der Ukraine ihre Heimat verlassen. Was unternehmen Städte wie Leinfelden-Echterdingen, um Kindern und Jugendlichen das Ankommen zu erleichtern?

Anders als in den Jahren nach 2015 suchen aktuell sehr viele Kinder, Jugendliche und Heranwachsende Zuflucht in Deutschland. Das zeigt auch ein Blick auf die Zahlen in Leinfelden-Echterdingen. Dort leben laut Wolfram Joas, Abteilungsleiter für Ordnungsangelegenheiten, Ausländer und Obdachlose, aktuell 189 ukrainische Geflüchtete. Davon sind 59 jünger als 18 Jahre. Acht Zuwanderer sind zwischen 18 und 22 Jahren alt.

Ohne ein langwieriges Asylverfahren durchlaufen zu müssen, wie andere Geflüchtete, bekommen auch die jungen Ukrainerinnen und Ukrainer nach ihrer Registrierung im Ausländeramt zügig einen Aufenthaltstitel. Ein Kleber wird zunächst in ihren Reisepass geklebt. Später erhalten sie eine kleine elektronische Karte mit Foto ausgehändigt, sobald diese von der Bundesdruckerei geliefert wird, erklärt Joas.

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Die allermeisten Familien, die hier ankommen, sind gut gebildet, können in der Regel gut Englisch sprechen. „Der Bildungsstand liegt im Moment über den Schnitt“, sagt Gerlinde Schroth, Fachbereichsleiterin der örtlichen Volkshochschule. Sie und ihre Mitarbeiter müssen diesen erheben, um die Geflüchteten zu Integrationskursen anmelden zu können. Carola Henck, Vize-Leiterin des Amtes für Soziale Dienste, geht davon aus, dass sich dieses Bild in den kommenden Wochen ändern wird. „Es werden viele weitere Menschen kommen, sie werden ein Abbild der gesamten Bevölkerung sein.“

Wie klappt es mit Schule und Kita?

Derzeit besuchen 38 der ukrainischen Kinder und Jugendlichen eine der Schulen in Leinfelden-Echterdingen, die überwiegende Zahl wurde in Regelklassen integriert. „Das klappt ganz gut. In jeder Klasse sind zum Glück Kinder, die Ukrainisch oder Russisch sprechen und dolmetschen können“, sagt Ingrid Krebs, die städtische Schulamtsleiterin. Ein Problem sei, dass im Moment niemand eine klare Zielrichtung definieren könne, wie und was unterrichtet werden soll.

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Für die jungen Menschen gehe es zunächst darum, Freunde zu finden, integriert zu werden und die deutsche Sprache zu erlernen. Einige nehmen am Homeschooling ihrer bisherigen Schule teil. Der Onlineunterricht in der Ukraine laufe parallel zum Unterricht an den Schulen hier. Die hiesigen Lehrer seien angehalten, die Schüler bei Überschneidungen vom deutschen Unterricht freizustellen.

Kinder, die jünger als sechs Jahre sind, können in Leinfelden-Echterdingen aufgrund des Erziehermangels nicht in die städtischen Kitas aufgenommen werden. Für sie – aktuell sind das vier Mädchen und sieben Jungen – sollen Spielgruppen eingerichtet werden. Die Stadt will die Räume dafür zur Verfügung stellen und zumindest am Anfang die Gruppen begleiten, damit sich die ukrainischen Familien kennenlernen können.

Welche Kurse und Angebote gibt es?

Die Liebenzeller Gemeinschaft wird im Christus-Forum Leinfelden von 10. Mai an jeweils dienstags ab 15.30 Uhr, ein Café der Begegnung anbieten, das sich an ukrainische Familien richtet. „Die Erwachsenen können Tee oder Kaffe trinken, die Kinder spielen“, sagt Carola Henck. Die Mitarbeiter des Amtes für soziale Dienste erstellen auf Deutsch und Ukrainisch einen Newsletter, der regelmäßig an ukrainische Geflüchtete und auch an ehrenamtliche Helfer verschickt wird.

Mitarbeiter der Jugendfarm und des Aktivspielplatzes haben angeboten, ältere Mädchen und Jungen zu betreuen. Die Volkshochschule bietet Kurse an. Ukrainischen Kindern werden beispielsweise Spiele vorgestellt. Eine Geflüchtete, die Deutsch spricht, übersetzt. Kinder unter fünf Jahren können spielerisch deutsche Vokabeln lernen und an Entspannungskursen teilnehmen. Die Bildungseinrichtung hat auch Deutsch für Jugendliche ab 15 Jahren im Programm. Das Angebot ist für die Kriegsflüchtlinge kostenlos. Es wird von der Kleesattel-Stiftung und der Bürgerstiftung gefördert.

Die VHS bietet zudem acht neue Integrationskurse an. Gerlinde Schroth sagt: „Das bringt jede Menge Verwaltungsarbeit mit sich, aber das ist es uns wert.“ Die Stadt hat durch den Zustrom generell viel zusätzliche Arbeit. „Wir gehen an unsere Grenzen“, sagt Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell. „Das Ukraine-Thema steht aktuell sehr im Vordergrund“, sagt Carola Henck. Es dürften aber auch die Geflüchteten aus anderen Ländern nicht vergessen werden. Die Integrationsmanager seien so stark gefordert. Die Stadt könne aber von den Strukturen profitieren, die nach 2015 aufgebaut wurden, als viele Syrer nach Deutschland kamen. Neue Räume und der Fakt, dass die Registrierung der ukrainischen Geflüchteten nun bei der Stadt angesiedelt ist und nicht mehr über den Bund läuft, vereinfachen einiges.