In der Kirche St. Johannes wird der Jubiläumsgottesdienst stattfinden. Foto: Archiv/ Sigerist

Die organisierte Nachbarschaftshilfe, die gemeinsam mit der Sozialstation St. Vinzenz unter dem Dach der katholischen Kirchengemeinde Fellbach organisiert ist, feiert ein großes Jubiläum. Für den Gottesdienst sind Besonderheiten geplant.

Stefan Tepfenhart kann es gar nicht oft genug betonen: Bei der Nachbarschaftshilfe geht es nicht um religiöse Zugehörigkeit oder Nationalität, sondern um Menschlichkeit und die Freude am Helfen. „Die Engagierten der Nachbarschaftshilfe werden sofort nach einem Anruf aktiv. Sie müssen einiges aushalten können und dürfen dabei die eigenen Gefühle und Grenzen nicht außer Acht lassen“, sagt der 56-Jährige, der seit 2011 als Geschäftsführer die Sozialstation St. Vinzenz leitet.

Den Anfang machte eine Sitzung des Sozialausschusses

Und die organisierte Nachbarschaftshilfe, die eine Abteilung der Fellbacher Sozialstation St. Vinzenz ist, feiert ihr 50-Jahr-Jubiläum. Denn am 2. Oktober 1972 fand eine Sitzung der Kirchengemeinde Fellbach statt, in der die Gründung eines Sozialausschusses beschlossen wurde. Der gegründete Ausschuss bestand aus acht gewählten Personen, die jeweils mit einem Vertreter für die Hilfsorganisationen Elisabethfrauen, Schwesternverein, Pfarrcaritas, Haus- und Familienpflege und für die Nachbarschaftshilfe mit einem Pfarrer und mit zwei Vertretern für den Pfarrgemeinderat zuständig waren. „Im Rückblick auf die vergangenen 50 Jahre sehe ich persönlich es so, dass sowohl die Nachbarschaftshilfe als auch die Familienpflege und die Sozialstation durch diese Sitzung ihre Existenzsicherung erhalten haben“, sagt Stefan Tepfenhart.

Dankbarkeit und Freude, aber auch Fehler kommen zur Sprache

Dass sich seit 1972 – überwiegend – Frauen bei der organisierten Nachbarschaftshilfe der katholischen Kirchengemeinde Fellbach engagieren, wird beim großen Jubiläumsgottesdienst am Sonntag, 16. Oktober, in der Kirche St. Johannes gefeiert. Dort soll es um Dankbarkeit und Freude angesichts des Jubiläums gehen, aber auch darum, Beistand zu erbitten für die kommenden Jahre und um die Fehler, die passiert sind. „Wo Menschen am Werk sind, passieren Fehler. Es gab bestimmt Fehleinschätzungen, und daraus wurde gelernt. Aber es geht ja auch genau darum, Mensch zu bleiben, mit allem, was eben dazu gehört“, sagt Tepfenhart.

Die Menschen, die sich dort einbringen, helfen schnell und relativ unbürokratisch. Sie gehen für die älteren Menschen einkaufen, begleiten sie zum Arzt, kochen für sie und nehmen sich einfach Zeit. „Die Einsatzleitung, das ist seit 2012 Karin Lopez, organisiert das Ganze. Da wird geschaut, wer zusammenpasst. Und die Helfer werden auch betreut, denn sie müssen teils ganz schön was aushalten können“, sagt Tepfenhart und erinnert an Fälle, bei denen die Hilfe zu spät kam. Da sei nach einem Anruf niemand angetroffen worden. „Dann wird natürlich die Polizei gerufen. Die verschaffte sich Zugang, und die Person lag tot in der Wohnung.“

Auch Fälle von Verwahrlosung, bei denen die Helfer sich in einer vollgestopften und heruntergekommenen Wohnung wie in einem Labyrinth vorwärts bewegen mussten, hat der 56-Jährige im Kopf. „Auch das gehört dazu. Wir müssen aushalten können, dass manche nicht wollen, dass wir ihnen Gutes tun.“ Doch egal, wie die Hilfeleistung abläuft, für Tepfenhart steht fest, dass es nicht um Bekehrung gehen darf: „Egal, ob der Ehrenamtliche ein gläubiger Christ ist oder auch nicht, wenn er helfen will, passt alles. Und wenn sich die betroffene Person und der Helfer einig sind und beten wollen, ist das schön. Aber es darf kein Zwang sein.“ Es gehe in erster Linie um die Menschenwürde.

Wenn beim Jubiläumsgottesdienst für die 50 Jahre gedankt wird, wird es aber schon um den Glauben gehen. Ehrenamtliche der Nachbarschaftshilfe gestalten den Gottesdienst. „Die lassen sich was einfallen und bitten Gott auch um Unterstützung für die kommenden Jahre. Ich bin gespannt, welche Programmpunkte sie sich ausdenken“, sagt Tepfenhart. Der Geschäftsführer ist sich sicher, dass es auch um die Anfänge gehen wird, als Frauen der Schwesternschaft unterwegs waren. Damals sei schnell klar geworden, dass der Bedarf steigt und sie es nicht mehr alleine packen. „Mittlerweile gibt es auch andere Dienstleistungen, und es gibt die Pflegekassen. Aber die Not wird wieder größer. Deshalb wird der Bedarf wieder steigen.“

Nachbarschaftliche Hilfe im Kreis

Zusammenschluss
Die organisierte Nachbarschaftshilfe der katholischen Sozialstation St. Vinzenz ist Mitglied in der katholischen Arbeitsgemeinschaft der organisierten Nachbarschaftshilfe des Dekanats Rems-Murr. Die Helfer besuchen Menschen daheim, gehen mit auf Spaziergänge, begleiten zum Arzt oder zum Einkauf. Die Ehrenamtlichen werden in Fortbildungen auf ihre Einsätze vorbereitet.

St. Vinzenz
Die katholische Sozialstation St. Vinzenz wurde am 1. Januar 1980 vom Regierungspräsidium Stuttgart als Sozialstation anerkannt. In der Anfangszeit hatten die Sozialstation und die Caritas-Stelle ihr Büro in den Kellerräumen des Gemeindehauses St. Franziskus. Die katholische Sozialstation St. Vinzenz wird von einem operativen Leitungsteam geführt. Stefan Tepfenhart ist seit 2011 Geschäftsführer. Die katholische Krankenpflege gibt es in Fellbach schon lange, seit 1931 in „Alt-Fellbach“ und bereits seit 1897 in Oeffingen.