Jaroslawa Mahuchikh möchte eines Tages den Weltrekord von 2,09 Meter übertreffen – sie ist erst 18, hat also noch eine Weile Zeit dafür Foto: imago/Chai v.d. Laage

Die erst 18-jährige Ukrainerin Jaroslawa Mahuchikh könnte der neue Weltstar der Leichtathletik werden. In Karlsruhe springt sie Weltjahresbestleistung und Junioren-Weltrekord.

Karlsruhe - Der Name ist schwierig zu schreiben. Aber die Reporter aus aller Welt sollten sich beeilen, das zu beherrschen. Jaroslawa Mahuchikh. In Karlsruhe glänzte die Ukrainerin mit der Weltjahresbestleistung von 2,02 Metern sowie dem Junioren-Weltrekord. „Ich habe das erwartet“, sagte der Teenager hinterher ganz cool, nachdem die junge Frau auch bei 2,04 Metern vielversprechende Versuche hinlegte.

Im Sommer 2019 vollzog Jaroslawa Mahuchikh einen kometenhaften Aufstieg. Die Junioren-Welt- und Europameisterin sprang bei der WM in Doha zur Silbermedaille und attackierte dabei Hochsprung-Königin Mariya Lasitskene. 2,04 Meter für die fünffache Weltmeisterin waren zu erwarten, 2,04 Meter für eine Newcomerin nicht. Die „junge Hüpferin“ lieferte mit einer Steigerung um drei Zentimeter einen Quantensprung ab. Lasitskene wurde Weltmeisterin, weil sie alle Höhen im ersten Versuch gemeistert hatte. „Marija war eigentlich mein Vorbild, jetzt ist sie plötzlich meine Gegnerin“, beschreibt Mahuchikh das eigenartige Gefühl. Während Lasitskene bei 2,06 Metern weitergesprungen war, nahm Trainerin Tatjana Stepanova ihren Schützling aus dem Wettkampf. Vermutlich als Schutz, wie Experten glauben, weil Mahuchikh in ihrem Flow vielleicht noch höher gesprungen wäre.

Wie Ulrike Meyfarth 1972 in München

Eine Leistung, die möglicherweise zur Barriere geworden wäre. Die 2,06 Meter wolle sie sich fürs nächste Mal aufheben. „Ich habe gar nicht geglaubt und verstanden, was da eigentlich passiert ist“, kommentierte Mahuchikh ihren Aufstieg. Der Jungstar aus der Ukraine hat just die Schule verlassen und sich aufgemacht, ein Weltstar der Leichtathletik zu werden. Im vergangenen Sommer sprang sie mit 18 ins Scheinwerferlicht des Leichtathletik-Zirkus. Die 1,92 Meter, mit denen die damals 16-Jährige Ulrike Meyfarth 1972 in München Olympiasiegerin wurde, war eine Sensation – die 2,04 Meter, die die Junioren-Welt- und Europameisterin bei der WM in Doha sprang, sind damit vergleichbar. Mittlerweile hat sich die Ukrainerin als Rivalin von Lasitskene im Kampf um einen der ältesten Weltrekorde der Leichtathletik aufgeschwungen: die Hochsprung-Marke von 2,09 Meter der Bulgarin Stefka Kostadinova von 1987. „Ich denke, die 2,10 Meter sind in ein, zwei Jahren machbar“, gibt sie sich für einen Teenie erstaunlich selbstbewusst.

Jaroslawa Mahuchikh umhüllt von Nebel

Mahuchikh ist auf dem Weg zum Star. Beim Springermeeting in Cottbus wurde sie zwischen Schlagersängerin Petra Zieger und einer Harley Davidson in Nebelschwaden gefeiert. Während die Russin Lasitskene „auf Eis“ liegt, weil sie als Folge des russischen Dopingskandals vom Weltverband keine Starterlaubnis erhielt, liefert Mahuchikh Höhenflüge in Serie ab. 2,01, 1,99 und 2,02 Meter sprang sie bei ihren Starts in Lviv, Cottbus und Karlsruhe. Für eine 18-Jährige gibt sie sich auch in Karlsruhe erstaunlich abgebrüht. Zwischen ihren Sprüngen liegt sie in einem langen Mantel versteckt hinter der Hochsprungmatte. Mit einem Sprunglauf von acht Schritten nähert sie sich der Latte und windet sich elegant drüber. Die Leichtigkeit und Unbekümmertheit sind (noch) ihr Geheimnis. „Ich springe aus Spaß, nicht um Medaillen“, betont sie.

Mit den Erfolgen wird sie in ihrer Heimatstadt überall erkannt, ob auf der Straße oder im Zug, sie muss Autogramme schreiben. Sie hat ein Studium zur Grundschulsportlehrerin begonnen. „Ich möchte gerne mit Kindern arbeiten“, sagt sie und erzählt von ihrem gleichaltrigen Freund Nasal Stepanov, einem Hürdenläufer, dessen Foto sie auf dem Handy präsentiert. „Natürlich möchte ich an den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen“, merkt sie tiefstapelnd an. Mit ihren Resultaten von Doha und Karlsruhe ist sie längst für die Spiele im August qualifiziert – von einer Medaille in Japan will sie allerdings (noch) nichts wissen. Dafür redet sie vom ukrainischen Rekord von Inga Babkhova (2,05 Meter), der greifbar ist. Ständig an ihrer Seite ist Tatjana Stepanova, eine ehemalige Hürdenläuferin, die ihr Juwel sorgfältig schützt gegen alles Störende. Der Höhenflug der 18-Jährigen soll nicht enden, kaum dass er begonnen hat.