Ein Bild aus besseren Wintertagen: Eishockey im Januar 2017 auf dem zugefrorenen Pfaffensee am Bärenschlössle. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Schneefrei, warm, trocken – der Winter in der Stadt war bisher kein wirklicher Winter. Das muss aber nicht so bleiben.

Stuttgart - Der Januar – manche erinnern sich – war einst ein Wintermonat. Auf dem Neckar fuhren Eisbrecher, am Bismarckturm konnte man gelegentlich rodeln, die Autos trugen weiße Manschetten aus Streusalz und auf dem zugefrorenen Pfaffensee waren zwei grüne Bürgermeister (Pätzold, Wölfle) mit Schlittschuhen unterwegs, obwohl die eigene Verwaltung das Betreten verboten hatte. Das mit den eiseiligen Rathaus-Granden ist übrigens gar nicht so lange her, und der Januar 2017 war mit einer Durchschnittstemperatur von minus zwei Grad der kälteste seit 30 Jahren. Sehr zur Freude der Heizölhändler, deren Geschäft rauchte wie Stuttgarts Komfortöfen, die damals die City mit einem feinstaubschwangeren Nebel versorgten, der an den Bäumen festfror. Ein bizarres Bild und kein Witz.

2007 war es noch einmal deutlich wärmer

Von Rekordkälte war der Januar 2020 so weit entfernt wie die Austragung eines Ski-Weltcups am Piz Mus, also in Musberg. Im Gegenteil: Der zweite Wintermonat war wie der erste komplett schneefrei und deutlich zu warm. Die Durchschnittstemperatur von vier Grad ist 3,5 Grad höher als der langjährige Mittelwert von 0,5 Grad. Und da auch schon der Dezember drei Grad zu warm war, ist der Winter bisher ausgefallen. Ski und Rodel null – und auf dem Pfaffensee hätte man maximal Winterschwimmen machen können. Aber auch das ist verboten, wobei sich daran wohl auch alle halten.

Viel zu warm bedeutet aber nicht rekordwarm. „2007 betrug die Durchschnittstemperatur im Januar in Stuttgart 5,9 Grad, das sind noch einmal knapp zwei Grad mehr als jetzt“, erklärt Andreas Pfaffenzeller, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Und ein bisschen Frost gab es ja auch. An der DWD-Station Schnarrenberg wurden an 15 Tagen Minustemperaturen gemessen, am 22. Januar sank das Thermometer sogar auf minus 5,3 Grad und kam auch nur bis auf minus 0,4 Grad voran. Das nennt man dann meteorologisch einen Eistag, von dem es allerdings nur diesen einen gab. Im statistischen Mittel müssten es 7,1 Tage sein. 2017 wurde sogar an 14 Tagen Dauerfrost gemessen, und da die Luft damals aus Sibirien ins Ländle strömte, sprach der Boulevard von der „Russenpeitsche“.

Noch ist alles möglich – auch ein „Märzwinter“

Die hat 2020 keiner ausgepackt. Das bisschen Frost reichte maximal für zugefrorene Pfützen. Aber die gab es ja auch kaum, weil sich auch der Niederschlag an das winterliche Trauerspiel hielt und seine Mitwirkung weitgehend einstellte. Lediglich 18,4 Liter Regen pro Quadratmeter wurden im Januar registriert, das sind weniger als die Hälfte (exakt 49,1 Prozent) des langjährigen Mittels und kein guter Jahresauftakt für Böden und Grundwasser. Dafür startete der Februar allerdings nass. Bis zum Montagmittag wurden bereits 14,5 Liter gemessen, das ist nicht viel weniger als im gesamten Januar.

Richtig ins Zeug gelegt hat sich dagegen die Sonne, die gut 86 Stunden schien oder 142,5 Prozent des langjährigen Mittels. Wäre dazu ein wenig Schnee gefallen, hätte das sehr schön ausgesehen. Aber vielleicht kommt ja noch ein wenig Deko-Weiß. Meteorologisch ist der Februar immerhin ein Wintermonat, an diesem Mittwoch könnten sogar ein paar Flocken fallen. Liegen bleiben wird das aber eher nicht. Trotzdem sollte man das Kehrwochen-Winterbesteck noch nicht ins Sommerquartier räumen. Es gibt schließlich das Phänomen des späten Winters. 2013, als der Begriff „Märzwinter“ geprägt wurde, lag sogar noch am 26. des ersten Frühlingsmonats eine geschlossene Schneedecke am Schnarrenberg. Geht doch.