Jakob Johnson fängt den Pass von Quarterback Cam Newton in der Endzone der Seattle Seahawks. Foto: dpa/Elaine Thompson

Dem Stuttgarter Footballer Jakob Johnson gelingt der erste Touchdown eines deutschen Angreifers in der NFL – dennoch ist der 25-Jährige der New England Patriots nicht zufrieden.

Seattle/Stuttgart - So sieht eigentlich keiner aus, der Minuten zuvor deutsche Football-Geschichte geschrieben hat. „Der Sieg wäre mir lieber gewesen“, grummelte Jakob Johnson nach der 30:35-Niederlage seiner New England Patriots bei den Seattle Seahawks. Im dritten Viertel hatte der Stuttgarter einen Pass zum Touchdown gefangen und die Patriots im Spiel gehalten (23:28). Am Ende hatte es doch nicht gereicht, auch an der entscheidenden Szene war der Fullback beteiligt. New England hatte drei Sekunden vor Schluss den Ball ein Yard vor der Endzone der Seahawks, Quarterback Cam Newton wollte selbst in die Endzone laufen, doch seine Blocker, inklusive Johnson, konnten die Defense nicht wegdrücken – und Newton blieb im Gewühl stecken. „Wir haben den Spielzug angesagt und sind zu kurz gekommen“, ärgerte sich Johnson.

Sechs Punkte hätte es gegeben, wenn Newton in die Endzone marschiert wäre, die Patriots hätten gewonnen. So blieb dem deutschen Legionär die Freude über seinen ersten Touchdown in der National Football League (NFL) im Hals stecken wie ein leckerer Happen, der nicht runtergespült werden kann, weil kein Siegestrunk gereicht wird. Es war der erste Touchdown eines deutschen Offensivspielers in der besten Liga der Welt, damit hat Jakob Johnson Football-Geschichte geschrieben. Vor sechs Jahren hatte Markus Kuhn, der für die New York Giants seine Knochen aufs Spiel setzte, den ersten Touchdown für einen Footballer aus Good-old-Germany in der NFL erzielt. Damals hatte der Verteidiger einen fallen gelassenen Ball des Gegners in die Endzone getragen. Es war ein gedankenschneller, aber eben zufälliger Touchdown. Johnson dagegen war als Passempfänger von Spielmacher Cam Newton fest gebucht gewesen.

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Diese Tatsache war Johnson gar nicht bekannt, auch wenn sich NFL-Profis sonst in den Statistiken so exzellent auskennen wie einst Buffalo Bill in der Prärie des Wilden Westens. „Das wusste ich nicht. Aber das ist großartig. Ich bin mir sicher, dass ich das später realisieren werde“, sagte Johnson. Markus Kuhn gratulierte überschwänglich. „Glückwunsch! Willkommen im Club“, schrieb der einstige Defensive Tackle auf Twitter. Auch Linebacker Mark Nzeocha von den San Francisco 49ers freute sich über den „Touchdown für Deutschland“, selbst Alligator Fritzle, das Maskottchen von Fußball-Bundesligist VfB Stuttgart, warf in den Sozialen Medien begeistert Konfetti in die Luft.

Johnsons Ex-Trainer freut sich über das 0711-Tattoo

Besonders freuten sie sich bei den Stuttgart Scorpions, wo Jakob Johnson noch bis 2018 gespielt hatte. „Es war cool zu sehen, was er kann“, sagte Jermaine Guynn, der ihn einst in Degerloch trainiert hatte, „schön für Stuttgart, ich freue mich immer, wenn ich sein 0711-Tattoo sehe – es ist beeindruckend, welchen Weg er zurückgelegt hat.“ Der 25-Jährige hat sich, da er nun mit dem Prädikat „Passfänger“ versehen wurde, bei den Patriots etabliert. Im Herbst 2019 war der 1,91-Meter-Mann überraschend ins Team gerutscht, er war vor allem als Blocker zum Einsatz gekommen und hatte nur einen Pass für fünf Yards Raumgewinn gefangen, bevor er sich nach vier Partien verletzte und ausfiel. Der neue Vertrag war dennoch erwartbar, allerdings nicht unbedingt, dass er als Fullback Touchdown-Pässe fangen soll. „Ich bin selbstbewusst, ich habe solche Situationen trainiert“, betonte Jakob Johnson, „ins Spiel zu kommen und das zu machen, ist natürlich großartig. Aber wie schon gesagt: Es ist hart, wenn du so nah dran warst, das Spiel zu gewinnen und es knapp verpasst hast.“ In einigen Wochen, wenn der Ärger verdaut ist, wird der Stuttgarter stolz sein. Auf den ersten NFL-Touchdown eines deutschen Angreifers.