Ungeimpfte müssen jetzt in der Nacht daheim bleiben in Stuttgart, wenn sie nicht einen guten Grund dafür haben. Foto: imago images/Arnulf Hettrich

Die Inzidenz lag am Freitag in Stuttgart bei 508 Fällen, also den zweiten Tag in Folge wieder über der 500er-Marke. Damit tritt die Ausgangssperre für Ungeimpfte in Kraft.

Stuttgart - Überraschend ist es am Freitag nicht mehr gewesen, dass die Stadt Stuttgart eine Ausgangssperre für Ungeimpfte verkündet hat. Bereits am Donnerstag erreichte die Sieben-Tage-Inzidenz mit 627 Neuinfektionen den Wert von 520,1 Fällen pro 100 000 Einwohner und übersprang erstmals die 500er-Marke. Zwar wurden vom Landesgesundheitsamt am Freitagabend für Stuttgart lediglich 378 neu registrierte Infektionen gemeldet, aber die Inzidenz lag mit 508 Fällen zum zweiten Mal in Folge über dem kritischen Schwellenwert, und so gab es an der Ausgangsbeschränkung für Ungeimpfte nichts mehr zu rütteln.

Raus nur noch mit „triftigem Grund“

Nach der Coronaverordnung des Landes und der Alarmstufe II dürfen sich Menschen, die weder gegen das Coronavirus geimpft noch genesen sind, nun nachts zwischen 21 Uhr und 5 Uhr nur noch „mit triftigem Grund“ außerhalb ihrer Wohnung oder Unterkunft aufhalten. Zu diesen triftigen Gründen zählt unter anderem Gefahr für Leib und Leben, die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, die Inanspruchnahme von medizinischer Leistungen, die alleinige Ausübung von Sport im Freien, der Besuch von religiösen Veranstaltungen oder die unaufschiebbare Versorgung von Tieren.

Für das Gesundheitsamt ist die Ausgangssperre ein wichtiges Signal an die gesamte Gesellschaft. „Die Situation ist ernst“, sagte Amtsleiter Stefan Ehehalt. „Wir beobachten eine dramatische Zunahme der Fallzahlen.“ Er appelliert an alle, ihre sozialen Kontakte zu reduzieren, große Veranstaltungen zu meiden, auf Reisen zu verzichten.

So viele Fälle pro Monat wie noch nie

Die derzeitigen Infektionszahlen illustrieren die Entwicklung. Bis Ende Dezember rechne man mit „10 000 Infektionsfällen in nur einem Monat“, sagt Stadtsprecher Sven Matis. „Das sind so viele wie im Jahr 2020 zwischen März und Oktober zusammen.“ Schon im November habe man „mehr als 9000 Fälle“ registriert, so Matis.

Nach Altersgruppen lässt sich die Inzidenz derzeit zwar nicht präzise ermitteln wegen der vielen aufgelaufenen Fälle. Besonders hoch und „im vierstelligen Bereich“ sei der Wert aber bei den Sechs- bis Neunjährigen und bei den Zehn- bis 19-Jährigen, so Matis. Die Inzidenz dürfte in diesen Altersgruppen also über 1000 liegen. In den Altenpflegeheimen gibt es in 18 Einrichtungen insgesamt 36 aktive Fälle. Das ist überschaubar, doch wurden in zwei Heimen je neun Fälle festgestellt, und man geht noch von deutlich mehr aus. Weil dies doch viele sind und die Infektionsverläufe „auch bei Ungeimpften überwiegend mild“ seien, werden die Fälle gezielt auf die neue Omikron-Variante getestet, sagt Sven Matis. In einem Heim wurde ein Besucherstopp verhängt.

Kontrolliert wird in Stichproben

Weil die Fallzahlen so hoch sind, wurde das Personal im Gesundheitsamt stark erhöht. Aus 180 Beschäftigten sind 340 geworden, das entspricht fast einer Verdoppelung. Sie bearbeiten nicht nur die vielen neuen Infektionsfälle, sondern tragen auch die aufgelaufenen unerledigten Fälle ab, was ein Grund dafür ist, dass in Stuttgart die Zuwächse bei der Inzidenz derzeit deutlich höher sind als in anderen Kreisen. Vor einigen Wochen war es noch umgekehrt. Das zeigt sich daran, dass rund zwei Drittel der 44 Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg bereits eine Ausgangssperre für Ungeimpften haben oder hatten.

Wie diese in Stuttgart kontrolliert wird und ob schon am Wochenende, darüber lässt sich nichts Genaues sagen. Martin Thronberens erklärte für die Verwaltung: „Der städtische Vollzugsdienst und die Polizei werden die Einhaltung der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen im Rahmen ihrer Streifengänge stichprobenartig kontrollieren.“