Dürre in Deutschland: Die Erde am Rheinufer in Düsseldorf ist durch die Hitze aufgeplatzt. Foto: picture alliance/dpa/Federico Gambarini

Der Klimaforscher Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeitet an Modellen, mit denen sich drohende Hitzewellen früher vorhersagen lassen. Deutschland hinkt seiner Meinung nach bei der Prävention hinterher.

Europa ächzt unter einer Hitzewelle. Auch in Deutschland wird es in den nächsten Tagen sehr heiß. Andreas Fink, Experte für die Vorhersage von Hitzewellen, spricht über Ursachen und Folgen.

Für die nächsten Tage sagen Meteorologen wieder Hitzerekorde in Europa voraus. Wie sicher sind solche Prognosen?

Die Vorhersage von Hitzewellen ist in den letzten Jahren genauer und zuverlässiger geworden. Häufig lässt sich die Gefahr einer Hitzewelle schon etwa eine Woche im Voraus erkennen. Eine Grundregel gilt aber nach wie vor: Je weiter wir in die Zukunft schauen, desto unsicherer werden die Vorhersagen.

Sie forschen an Modellen, mit denen sich drohende Hitzewellen früher erkennen lassen. Wie muss man sich das vorstellen?

Wir arbeiten zusammen mit der Universität Mainz daran, die Vorwarnzeit auf zwei bis drei Wochen auszudehnen. Das Problem ist, dass verschiedene meteorologische Konstellationen Hitzewellen auslösen können. Daher unterscheidet sich die Verlässlichkeit der Vorhersagen von Fall zu Fall. Es gibt Hitzewellen, die bereits relativ früh gute Vorhersagen zulassen, und andere, die nur sehr kurzfristig vorhersehbar sind. In unserer Forschung konzentrieren wir uns zunächst auf Wetterkonstellationen, in denen hinreichend sichere Vorhersagen für zwei bis drei Wochen möglich sind. Wir picken quasi die Rosinen heraus.

Dann könnte man sich zumindest in diesen Fällen frühzeitig vorbereiten.

Genau. Das wäre zum Beispiel wichtig für die Landwirtschaft oder den Energiesektor. Mit Blick auf die gesundheitlichen Folgen extremer Hitze reicht normalerweise eine Woche Vorwarnzeit. Etwa, um kühle Räume in Altenheimen bereitzuhalten und um sicherzustellen, dass diese Menschen genug zu trinken bekommen.

Oft wird eine Schwächung der Jetstream-Höhenwinde infolge der Erwärmung der Arktis als Ursache dafür genannt, dass Extremwetterlagen länger an einem Ort verharren.

Dass sich der Jetstream abschwächt, lässt sich bis jetzt nicht klar belegen. Dafür bräuchten wir Daten für längere Zeiträume. Es gibt wie gesagt mehrere Faktoren, die zu Hitzewellen und anderen Wetterextremen führen können. Genau das macht es so schwer, kausale Zusammenhänge zu erkennen. Doch auch wenn man die genauen Ursachen noch nicht kennt, ist eines unumstritten: Durch den Klimawandel werden Hitzewellen auch bei uns häufiger und stärker.

Welche Rolle spielt die zunehmende Trockenheit?

So lange genug Wasser zur Verfügung steht, hat die Verdunstung von Böden und Pflanzen einen kühlenden Effekt. Das ist ähnlich, wie wenn Sie schwitzen. Bei anhaltender Dürre können Böden und Pflanzen dagegen kaum Wasser verdunsten, und es wird noch heißer. So verstärken sich Hitze und Trockenheit gegenseitig.

Sie sagen, dass sich Hitzewellen oft schon recht gut vorhersagen lassen. Wie sieht es mit Starkregen aus?

Bei den Niederschlägen sind Prognosen schwieriger als bei den Temperaturen. So treten zum Beispiel Gewitter im Sommer sehr lokal auf. Da hat es in den letzten 20 Jahren nur vergleichsweise geringe Verbesserungen der Vorhersagequalität gegeben. Etwas besser sieht es bei Überflutungen durch anhaltende Niederschläge im Winter aus.

Und wie sicher sind Klimaprognosen?

Beim Klima sprechen wir von Projektionen, die längere Zeiträume abdecken. Und da lässt sich feststellen, dass die Temperatur für die nächsten Jahrzehnte eine mit großer Sicherheit abschätzbare Größe ist. Bei den Niederschlägen sind die Projektionen deutlich unsicherer.

Wie sicher lassen sich einzelne Wetterextreme auf den Klimawandel zurückführen?

Das ist nicht direkt mein Fachgebiet, aber in der sogenannten Attributionsforschung hat sich in den letzten Jahren viel getan. Dabei trifft man statistische Aussagen darüber, wie viel wahrscheinlicher bestimmte Ereignisse durch den Klimawandel geworden sind. Bei großräumig auftretenden Hitzewellen funktioniert das schon recht gut. Wenn es um Extremniederschläge geht, ist die Zuordnung deutlich schwieriger, weil es da sehr kleinräumige Unterschiede gibt.

In den nächsten Jahrzehnten werden extreme Wetterereignisse zunehmen. Sind wir darauf ausreichend vorbereitet?

Da gibt es noch einiges zu tun. Es geht hier um Ereignisse, die statistisch eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit haben. Aber wenn sie dann auftreten, können sie viele Menschenleben kosten und enorme Schäden an Hab und Gut verursachen. Um künftige Wetterextreme besser zu bewältigen, müssen Meteorologen, Hydrologen und Kommunikationsexperten eng zusammenarbeiten. Insbesondere die Kommunikation spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die Bevölkerung auf Hitzewellen vorzubereiten. Es gibt immer noch viele Menschen, die die Symptome einer Überhitzung nicht richtig ernst nehmen.

Experte für Hitzewellen

Position
 Andreas Fink (57) ist Professor am Institut für Meteorologie und Klimaforschung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Zu den Forschungsschwerpunkten des Meteorologen gehören unter anderem Modelle zur Vorhersage von Extremwettereignissen wie Fluten, Stürmen und Hitzewellen.

Projekte
Fink arbeitet in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt mit Wissenschaftlern der Universität Mainz daran, die Vorwarnzeit für Hitzewellen auf bis zu drei Wochen auszuweiten. Dadurch könnten früher Vorkehrungen für solche Ereignisse getroffen werden.

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts „ClimXtreme“ beschäftigt sich Fink mit dem Einfluss des Klimawandels auf das Auftreten von Hitzewellen. Er ist Autor oder Mitautor von mehr als 150 wissenschaftlichen Publikationen in renommierten Fachzeitschriften.