„Sonnenblumen“ von Richard Hohly, der im Dritten Reich als „entarteter Künstler“ diffamiert war: eines der Werke in der Auktion. Foto: privat

Ein Chagall ist darunter, ein Dalí, aber auch etliche namhafte regionale Künstler: Am Samstag wird das Bietigheimer Rathaus zur Versteigerungslocation für den guten Zweck.

Das Rathaus in Bietigheim-Bissingen wird am Samstag zum Auktionshaus: Dann kommen Öl- und Aquarellgemälde, Lithografien oder Farbholzschnitte von Künstlerinnen und Künstlern wie HAP Grieshaber, Eleonore Kötter, Max Ackermann oder Joan Miró unter den Hammer. Rolf Schnee, Vorsitzender des Vereins Kusaidia Afrika – Helfen in Afrika – erzählt, warum die Kunst ein Glücksfall für seine Mission ist und kranken Menschen helfen wird.

Herr Schnee, für einen Studiengang für Krankenhelfer in Tansania versteigert Ihr Verein hochwertige Kunstwerke. Wie kommen Sie an diese Werke?

Wir haben sie von einem großzügigen Spender erhalten, der nicht öffentlich genannt werden möchte, aber auch schon für andere wohltätige Zwecke in Bietigheim-Bissingen Bilder zur Verfügung gestellt hat.

Aus welcher Motivation heraus?

Er sagt, er habe viel von der Gesellschaft bekommen und möchte der Gesellschaft auf diesem Wege etwas zurückgeben.

Haben die Coronapandemie und jetzt der Krieg in der Ukraine die Aufmerksamkeit und Spendenbereitschaft für Projekte wie die Ihres Vereins, deren Wirksamkeit weit entfernt zum Tragen kommt, verringert?

Ich würde schon sagen, dass wir es schwerer haben. Nicht nur was direkte Spenden angeht, sondern auch was wir aus Erlösen bekommen. So hat uns die katholische Gemeinde Pleidelsheim-Ingersheim früher 2000 bis 3000 Euro jährlich gespendet, die bei Gemeindefesten zusammengekommen sind. Aber solche Feste konnten wegen Corona zuletzt nicht stattfinden. Deshalb ist die Gabe mit den fast 80 Kunstwerken ein großartiges Geschenk für uns. Wir hoffen auf viele Kunstfreunde, die sich beteiligen.

Sie haben schon bei einer ähnlichen Auktion zugunsten der Stiftung für die Diakoniestation Bietigheim-Bissingen mitgewirkt. Wer hat mitgesteigert? Sammler oder Schnäppchenjäger?

Vorwiegend Schnäppchenjäger. Bei einigen Käufern hat man aber gemerkt, dass sie gezielt Werke haben wollten und dafür auch wirklich zu steigern bereit waren oder gleich ein höheres Einstiegsgebot abgegeben haben. Andere sind bei dem Grundangebot geblieben und haben die Bilder dann auch zu diesem Preis bekommen, falls niemand bereit war, mehr auszugeben. Das war dann teils deutlich unter dem Wert, den die Werke auf dem freien Markt erzielt hätten.

Sie wollen mit der Auktion Geld für die Ausbildung von Clinical Officers generieren. Was macht ein Clinical Officer?

Die Krankenstationen in Tansania sind oft sehr entlegen und Ärzte rar. Die Clinical Officers übernehmen in solchen Krankenstationen Arztfunktionen. Es gibt dort auch meist drei, vier Betten, so dass Wöchnerinnen ihre Kinder zur Welt bringen können oder Menschen, die ins Krankenhaus müssen, in der Station bleiben können, bis der Transport in eine Klinik möglich ist. Mit dem Erlös aus der Auktion wollen wir den dreijährigen Studiengang Clinical Medicine am Bishop Nicodemus Hhando College of Health Science in Bashanet einrichten. Das Kolleg ist mit unserer Hilfe vor acht Jahren eröffnet worden und bildet bisher Laborantinnen und Laboranten für Krankenhäuser und Krankenstationen aus. Ich war selbst mehrfach in Tansania und habe mich davon überzeugt, welche wertvolle Arbeit dort mit unseren Spendengeldern geleistet wird.

Was war die Initialzündung dafür, den Verein Kusaidia Afrika zu gründen?

Unsere Tochter hat nach dem Abitur als Missionarin auf Zeit in einem Kindergarten in Dareda in Tansania gearbeitet, so sind wir mit dem Land und den Notwendigkeiten in Berührung gekommen. Damals waren die Kirchen in den Entwicklungsländern die hauptsächlichen Träger von Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Mittlerweile engagiert sich der Staat stärker, aber die kirchlichen Einrichtungen sind trotzdem oft noch die qualitätsvolleren und besser angesehenen.

Wenn man ein Kunstwerk ersteigern möchte – wie läuft das ab?

Interessierte können den Katalog mit den Bildern und den Mindestgeboten vorab online auf unserer Website anschauen. Oder sie können die Werke am Freitag,17. Juni, von 14 bis 18 Uhr, und am Samstag, 18. Juni, von 9 bis 12 Uhr im Bietigheimer Ratssaal direkt in Augenschein nehmen. Man kann auch vorab per Mail unter rolf.schnee@kusaidia-afrika.de sein Gebot abgeben. Die Versteigerung ist dann am Samstag ab 14 Uhr im Rathaus Bietigheim-Bissingen. Und Oberbürgermeister Jürgen Kessing hat sich als Auktionator verdingt.

Kunst unterm Hammer

Der Gesprächspartner
 Rolf Schnee, Jahrgang 1942, Diplom-Ingenieur, arbeitete nach dem Studium beim Heinrich-Hertz Institut in Berlin, später bei Alcatel in Stuttgart. Mit 58 wechselte er als Quereinsteiger in den Sozialbereich: Er wurde Geschäftsführer der Diakoniestation Bietigheim-Bissingen und Sozialstation Ingersheim. Ehrenamtlich verwaltet er die Diakoniestation-Stiftung und ist Vorstand von Kusaidia Afrika.

Der Verein
 Kusaidia Afrika engagiert sich für Investitionen im Gesundheits- und Schulwesen in Tansania und ermöglichen mit Stipendien die Ausbildung junger Menschen von der Sekundarausbildung bis zum Abschluss einer Berufsausbildung. Mehr unter www.kusaidia-afrika.de.

Die Auktion
 Sie beginnt am Samstag, 18. Juni, 14 Uhr im Ratssaal des Bietigheimer Rathauses. Auf der Website des Vereins sind der Katalog und die Teilnahmebedingungen abrufbar. Gesteigert wird bis 500 Euro in Zehn-Euro-Schritten, ab 500 Euro in 50-Euro-Schritten.