Austragungsort des Wettbewerbs: die Musikhochschule Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Stuttgart ist in diesen Tagen Schauplatz eines Violinenwettbewerbs der Spitzenklasse. Dabei spielt auch ein besonders wertvolles Instrument eine Rolle.

Stuttgart - Fachleute wissen: Die Sätze der Violinsonaten 1001, 1003 oder 1005 aus dem Bach-Werke-Verzeichnis sind so ziemlich das Schwierigste, was die klassische Musik für einen Soloviolinisten bereithält. Und dass Niccolo Paganini ein Besessener war, der in seiner Zeit nicht für möglich Gehaltenes spielen konnte, wissen auch viele, die an Superlativen interessiert sind. Doch wer am Ersten internationalen Violinwettbewerb teilnehmen will, der noch bis 25. Juli in Stuttgart abgehalten wird, für den sind das nicht die Bravourstücke zur Abschlussgala im Beethovensaal der Liederhalle, sondern die Visitenkarte für die Teilnahme. Sprich: Die Einspielungen dieser Stücke sind Teil der Bewerbung, die Interessierte vorlegen müssen, wenn sie an dem Wettbewerb teilnehmen wollen. Im Wettbewerb selbst werden die Anforderungen nochmals etwas hochgeschraubt.

75 000 Euro Preisgeld

Der Siegeslorbeer hängt also sehr hoch, die Siegesfrüchte sind entsprechend verlockend. Da ist das Preisgeld von 50 000 Euro. Der zweite Preis ist mit 15 000, der dritte Preis mit 10 000 Euro dotiert. Der Lions Club Stuttgart vergibt einen Sonderpreis von 3000 Euro für die beste Interpretation einer Auftragskomposition. Besonders verlockend ist zudem die Aussicht für die Siegerin oder den Sieger, mindestens sieben Konzerte mit anerkannten Profiorchestern in großen Konzertsälen gestalten zu können, angefangen mit den Stuttgarter Philharmonikern. Gebucht sind auch schon Auftritte in Bad Saulgau in der Reihe „Klassik im alten Kloster“ und beim Internationalen Kammermusik-Festival in Utrecht.

Und damit dies klanglich den ganz feinen Schliff bekommt, gibt es dazu noch ein ganz besonderes Instrument als Leihgabe: eine Violine, gebaut von Giovanni Battista Guadagnini im Jahre 1746. Das ist ein Instrument, das in der Liga anderer Instrumente von altehrwürdigen italienischen Geigenbauern wie Stradivari, Guarneri oder Amati spielt. Wem solch ein Instrument zur Verfügung steht, der darf sich glücklich schätzen, denn hier geht es um Millionenwerte. Die Gewinnerin oder der Gewinner dieses Wettbewerbs erhält diese Guadagnini-Violine für den Zeitraum von drei Jahren überreicht. Wen wundert es da, dass 266 Bewerbungen aus 43 Ländern nach Stuttgart geschickt wurden. Teilnehmen dürfen allerdings nur 24. Sie sind von einer internationalen Kommission ausgewählt worden.

„Ein Bekenntnis zu Stuttgart“

Ausrichter des hochkarätigen Wettbewerbs ist die 2019 gegründete Guadagnini-Stiftung. Sie ist gewissermaßen ein Jungspund unter den Stiftungen der Stadt, die das kulturelle Leben bereichern wollen. Mit der Ausrichtung des Ersten Internationalen Violinwettbewerbs macht sie einen großen Sprung nach vorne. Es mag der pietistischen Grundhaltung in der Stadt entsprechen, wenn die Stiftung lieber im Hintergrund bleibt. Andere rücken diesen Wettbewerb ins richtige Rampenlicht wie Regula Rapp, Direktorin der Musikhochschule: „Das bedeutet eine große Anerkennung für die exzellente Violinausbildung an der Musikhochschule Stuttgart. Und es verstärkt auf sicht- und hörbare Weise die Internationalität der Hochschularbeit.“

Das klingt nicht danach, dass dieser Wettbewerb nur ein einmaliges Erlebnis bleibt, dazu wäre auch der hier betriebene Aufwand unverhältnismäßig groß. Und in der Tat gehört zumindest ein zweiter Durchlauf im Jahr 2024 zum Plan, erklärt die Guadagnini-Stiftung: „Was wir hier machen, ist ein Bekenntnis zur Stadt. Das kulturelle Leben hier ist sehr vielschichtig. Aber solch einen Wettbewerb gibt es nicht in dieser Kategorie.“

Übertragung per Livestream

Der Wettbewerb wird im großen Konzertsaal der Musikhochschule Stuttgart ausgetragen. Wegen Corona findet er ohne Publikum statt. Er kann jedoch im Internet per Stream in „The Violin Channel New York“ verfolgt werden. Die nächste Runden beginnt an diesem Mittwoch um 10 Uhr und endet dann abends oder am späten Nachmittag mit der Bekanntgabe der Ergebnisse.

Die finale Runde wird mit den Stuttgarter Philharmonikern unter der Leitung von Nabil Shehata gespielt. Das Abschlusskonzert wird von SWR 2 am 27. Juli um 13.05 Uhr gesendet, eine zweite Ausstrahlung ist im Deutschlandfunk Kultur am 29. Juli ab 20 .03 Uhr zu hören.