Die Meldung vom Stellenabbau schockierte die Mitarbeiter im Bosch-Werk in Waiblingen. Unweit davon fand zeitgleich der erste Industrietag statt. Dabei wurde Bosch indirekt zum Thema.
Während des ersten Industrietages in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) erscheint die Schock-Meldung von Bosch. Ob die Referenten von Stihl und anderen Unternehmen im Bürgerzentrum die Meldung vom Arbeitsplätze-Abbau am etwa zwei Kilometer entfernten Standort mitbekommen haben, lässt sich nur vermuten. Angesprochen wird es am späten Nachmittag nicht direkt. Einige Gesprächsthemen lassen sich aber auf die Schließung des Bosch-Werks beziehen.
Hierzulande keine echten Wachstumsinvestitionen
Der Messekatalog eröffnet mit dem Zitat von Ludwig Erhard: „Der Sinn der Wirtschaft ist nicht die Wirtschaft, sondern der Mensch“. Das betrifft zurzeit insbesondere die Bosch-Mitarbeiter. In Waiblingen sind etwa 560 ihrer über 1000 Arbeitsplätze betroffen. Der Betriebsratsvorsitzende Stefano Mazzei erhob schwere Vorwürfe gegen den Weltkonzern: „Bei uns wurden notwendige Sanierungen und die Investition in moderne Maschinen verschleppt, während in Thailand Millionenbeträge investiert wurden und werden.“
Auch in der Podiumsdiskussion geht es um gebremste Investitionszeiten in Deutschland. Bei den großen Unternehmen sehe man schon ganz klar, dass diese sowohl in Asien als auch in den USA gestiegen sind. Hierzulande seien es wesentlich mehr Passiv-Investitionen, Erneuerungen – aber keine echten Wachstumsinvestitionen.
„Vertrauenskultur statt Kontrollkultur“
Der Motorsägenherrsteller Stihl mit Hauptsitz in Waiblingen beschreibt sich im Vortrag von Martin Schwarz selbst als „Global Player mit regionaler Verwurzelung“. Das Vorstandsmitglied hebt die nachhaltigen Investitionen am Standort in Waiblingen und ein hohes Investitionsvolumen in Deutschland hervor.
Sehr zufrieden zeigt man sich aber auch mit dem neuen Produktionsstandort in Rumänien, eine neue Akku-Fertigung. Die Planung und Ausschreibung begann im Jahr 2023. Nun steht die Einweihung in Oradea schon kurz bevor. Von solchen Bauprojekten könne man hier nur träumen. Doch würden Investitionen im Ausland dem Unternehmen und damit auch dem Wohl der deutschen Arbeitnehmer zugute kommen.
Der Appell für die Zukunft der Industrie in Deutschland: „Vertrauenskultur statt Kontrollkultur“. Es sind die großen Themen Entbürokratisierung, schnelle und rechtssichere Genehmigungsverfahren und Digitalisierung der Verwaltung. Hier gibt es einen klaren Konsens unter den Referenten. Es gebe viele Hausaufgaben, aber „wir glauben an den Standort Deutschland“, schließt Schwarz ab.
„Duale Ausbildung ‚made in Germany’ ist einfach nicht kopierbar“
Insgesamt kam trotz allem eine gewisse Aufbruchstimmung auf. Markus Höfliger ist der Ansicht, „etwas bruddeln muss erlaubt sein“. Die Deutschen arbeiteten zu wenig, seien zu oft krank, man blockiere sich selbst und sei unzufrieden, heiße es. Doch der Aufsichtsratsvorsitzende von Harro Höfliger Verpackungsmaschinen mit Sitz in Allmersbach im Tal steuert diesen Argumenten mit „genug gebruddelt“ direkt entgegen.
2024 gab es ein Rekordniveau von 45,8 Millionen Erwerbstätigen gegeben, die Arbeitslosenquote ist in Baden-Württemberg auf 4,5 Prozent gesunken und die Ausbildungsquote steigt wieder auf Vor-Corona-Niveau. Das ist ihm besonders wichtig: „Duale Ausbildung ‚made in Germany’ ist einfach nicht kopierbar“. Die Nachfrage an Mitarbeitenden sei höher als das Angebot und die Generation Z sei bei weitem nicht so unmotiviert, wie es so oft heiße.
Trotz allem: Aufbruchstimmung unter den Referenten
Der Tenor des ersten Industrietags zum Standort Baden-Württemberg: Es ist noch Luft nach oben, man muss anpacken und darf nicht in einen Stillstand verfallen. Aber man habe alles, was für die Zukunft benötigt werde: ausgezeichnete Universitäten, qualifizierte Fachkräfte, Weltoffenheit und Lust auf Neues.