Milan Peschel als Bademeister, der gerne „Schwimmmeister“ genannt werden möchte Foto: Leonine

Ein strenger Bademeister, ein Geflüchteter und eine Profi-Kraulerin retten in „Beckenrand Sheriff“ mehr als ein Freibad. Am 9. September kommt die Komödie von Marcus H. Rosenmüller in die Kinos.

Stuttgart - Keine Sekunde zu früh öffnet Karl Kruse das Freibad, Morgen für Morgen lässt er die einzige Dauerkarteninhaberin warten bis Punkt 9 Uhr. Die rächt sich, indem sie grundsätzlich auf der Bahn schwimmt, die für andere Zwecke gesperrt ist – meistens ist sie sowieso die einzige Besucherin.

Milan Peschel („Halt auf freier Strecke“ ), unter fokussierter Regie ein großer Komödiant, geht auf in der Hauptrolle als pedantischer Bademeister, der darauf besteht, „Schwimmmeister“ genannt zu werden, immer zur selben Zeit die Liegen geraderückt, mit Fernglas und Trillerpfeife Regelübertreter triezt und invasive Wasservögel einzuhegen versucht. Nur wenn die leicht autistische Wasserballtrainerin Frau Wilhelm (köstlich: Johanna Wokalek) mit ihrer mittelmäßig fitten Herrenmannschaft auftaucht, schmilzt Kruse dahin.

Eine typische Rosenmüller-Komödie

Die ganze Anlage ist typisch für den Regisseur Marcus H. Rosenmüller, der mit der kleinen Mundartkomödie „Wer früher stirbt, ist länger tot“ (2006) einen ersten großen Erfolg gelandet hat. Seither dreht er Kinofilme mit bayerischem Mutterwitz, in denen es oft um mehr Menschlichkeit geht. „Beckenrand Sheriff“ ist da keine Ausnahme.

Kruses Idylle nämlich ist bedroht: Weil er die Badegäste vergrault, stimmt die Bilanz nicht, die Bürgermeisterin (brillant satirisch wie immer: Gisela Schneeberger) möchte das Freibad schließen, der skrupellose Bauunternehmer Dengler (das bayerische Original Sebastian Bezzel) auf dem hübschen Fleckchen Luxusapartments errichten – wie das halt oft so läuft.

Ein ganzes Bündel existenzieller Themen

Doch es gibt zwei Unbekannte in der Rechnung der Honoratioren: Denglers Tochter Lisa (Sarah Mahita), die nach einem Knick weiter von einer Profikarriere als Schwimmerin träumt, heimlich nachts ins Freibad einsteigt und wieder trainiert, sowie der aus Nigeria geflüchtete Sali (Dimitri Abold), der nicht nur den zunächst von Vorurteilen eingenommenen Kruse erweicht mit seiner weltoffenen Freundlichkeit und diversen Talenten.

Rosenmüllers Film ist eine satirische Komödie mit viel Substanz, er verhandelt so ernsthaft wie nonchalant ein ganzes Bündel existenzieller Themen: Was „Zuhause“ bedeutet, welche Verantwortung Elternschaft und Familie mit sich bringen, ob Menschen in Not christliche Fürsorge verdienen oder nicht, ob Kommunen sich um die Bedürfnisse vieler Bürger kümmern sollten oder um die Renditen weniger Investoren.

Wie man sich das Leben leichter macht

Vor allem geht es darum, wie viel leichter das Menschsein ist, wenn man ausufernde Regelwerke und erstickende Bürokratie nicht ernster nimmt als unbedingt nötig – ein urdeutsches, aber auch ein paneuropäisches Thema. „Beckenrand Sheriff“ ist mitten in der Gegenwart verortet und doch in vielem ein origineller, universeller Beitrag zu aktuellen Diskussionen, der nicht nur seinem kruden Protagonisten ans Herz geht.

Beckenrand Sheriff. D 2021. Regie: Marcus H. Rosenmüller. Mit Milan Peschel, Johanna Wokalek. 114 Minuten. Ab 6 Jahren.