So könnte die Mitte des neuen Gebiets Hangweide in Kernen im Rems-Murr-Kreis aussehen. Foto: UTA Architekten und Stadtplaner/UTA

Wohnen im Wandel: Die Architekten der IBA’27-Projekte wollen in der Region mit neuen Grundrissen experimentieren, die den individuellen Flächenbedarf reduzieren und die Wohnungen flexibel und lange nutzbar machen.

Was bringt die Internationale Bauausstellung 27 Stadtregion Stuttgart (IBA’27) für den Wohnungsmarkt in der Region? Welche Nutzungsmischung ist geplant? Und können auch ökonomisch Schwächere von den IBA-Projekten profitieren? Diese Fragen hat Thomas Leipnitz, der Fraktionschef der SPD im Regionalparlament, jetzt bei den Etatberatungen der Region aufgeworfen.

„Grob überschlagen rechnen wir allein in den derzeit 16 Projekten im Endausbau mit insgesamt 9000 neuen Wohnungen“, sagt der IBA-Intendant Andreas Hofer. In Stuttgart stellten die Vorgaben des Stuttgarter Innenentwicklungsmodells ohnehin sicher, dass preisgünstiger Wohnraum geschaffen werden müsse. „Ähnliche kommunale Vorgaben gibt es für die meisten IBA’27-Projekte in der Region, wenngleich nicht immer ganz so scharf“, erklärt Hofer.

IBA-Projekte sind „groß und kompakt und allein schon damit effizient“

Ganz unabhängig davon sei preisgünstiges Bauen sowie die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit bei allen Projekten ein Thema. Die IBA-Projekte seien, sagt Hofer, durchweg „groß und kompakt und allein schon damit effizient“. In vielen Fällen, fügt der IBA-Sprecher Tobias Schiller hinzu, entstünden zudem effiziente Holzbauten, teilweise in Modulbauweise. Außerdem werde viel mit neuen Grundrissen experimentiert, die den individuellen Flächenbedarf reduzierten und die Wohnungen „flexibel und hoffentlich lang nutzbar machen“. Auch das zahle auf die Preisgünstigkeit ein.

„Das Credo des durchmischten, dichten, effizienten Quartiers mit preisgünstigem Wohnraum wird allerdings nicht zuletzt durch Unsicherheiten über die Zukunft der Mobilität in Frage gestellt“, nennt Andreas Hofer ein Grundproblem: „Wenn aktuelle Stellplatzbedürfnisse befriedigt werden sollen, braucht es Bauwerke für die parkenden Autos, die mit dem Anspruch der Preisgünstigkeit und der Nachhaltigkeit schwer zu vereinbaren sind.“ Ineffiziente Bauten – etwa zwei- bis dreigeschossige Gebäude über großen Tiefgaragen, reine Wohnsiedlungen mit Staffelgeschossen oder kleinteilige Wohngruppen-Projekte – werde es bei den IBA-Projekten nicht geben.

Der Paradigmenwechsel löst teilweise Ängste aus

Andreas Hofer: „Wir sind uns bewusst, dass die IBA’27 damit einen Paradigmenwechsel anstößt, der in kommunalen Gremien und in der Bürgerschaft zum Teil auf Ängste und Ablehnung stößt. Wir sehen die Überwindung dieser Ängste aber als Teil unserer Aufgabe und wollen demonstrieren, dass dichte, effiziente Bebauung in guter Architektur verbunden mit hochwertigen, gemeinschaftsstiftenden Außenräumen eine hohe Wohnqualität fördert.“

Die Region befindet sich in einem grundlegenden Wandel

Besonders vorbildliche Beispiele für diese Ansätze seien die Projekte der Baugenossenschaften Neues Heim und Zuffenhausen in Stuttgart-Rot, das Projekt der Baugenossenschaft Münster in Stuttgart oder die Hangweide in Kernen im Remstal. Auch im Tobias-Mayer-Quartier in Esslingen und im Quartier der Generationen in Schorndorf, die zum erweiterten IBA-Netzwerk gehören, werde dieses Ziel mit Nachdruck verfolgt. Hofer: „Wir sind überzeugt, dass die IBA’27 mit diesen Ansätzen einen wesentlichen Beitrag zum sparsamen, langlebigen und qualitativen Wohnungsbau leisten wird.“ Mit dem Planungsstand der IBA ist er „sehr zufrieden“. Die Hypothese, dass sich die Region in einem grundlegenden Wandel befindet und eine IBA das richtige Instrument ist, diesen zu adressieren, habe sich „voll und ganz bestätigt“. Der harte Test sei nun die Realisierung. Hier zeige sich die Widersprüchlichkeit des Erfolgs. Hofer: „Je ambitionierter und zukunftsträchtiger die Projekte sind, umso schwieriger ist ihre Umsetzung unter den gegebenen Bedingungen.“

Noch gibt es viel Bewegung bei den IBA-Projekten

Planungsstand
Die IBA’27 führt aktuell 16 offizielle Projekte in ihrem Portfolio. Zehn weitere Vorhaben aus dem IBA’27-Netz sind so vielversprechend, dass sie noch zu IBA’27-Projekten werden könnten. Darunter sind der Umbau eines großen Wohnquartiers in Esslingen, ein Mehrgenerationenprojekt auf dem Bauhofareal in Schorndorf, ein flussnahes Wohnbauprojekt in Untertürkheim, ein ambitioniertes CO2-neutrales Quartier in Leinfelden-Echterdingen, ein Neubauquartier auf einer zentrumsnahen Industriebrache in Uhingen und der Weissenhof.

Klärung
: Bis Mitte 2023 soll feststehen, welche Projekte auf der Liste bleiben. Da für IBA’27-Projekte die Realisierung zumindest in Teilen bis 2027 entscheidend ist, müsse man damit rechnen, dass noch einige Projekte gestrichen oder zumindest in das IBA-Netz zurückgestuft werden müssen.