Hotelübernachtungen werden durch die Bettensteuer wohl teurer. Foto: dpa/Oliver Berg - dpa/Oliver Berg

Eine Ratsmehrheit will Städtetouristen zur Kasse bitten und mit den Einnahmen die Kulturangebote finanzieren. Vor dem Jahr 2021 wird sich das aber wohl nicht machen lassen.

StuttgartVon Mitte 2021 an müssen Städtetouristen in Stuttgart für die Übernachtung höchstwahrscheinlich fünf Prozent mehr bezahlen. Dann wird wohl eine Betten- oder Übernachtungssteuer greifen. Dafür hat nach Informationen unserer Zeitung am Montag in nichtöffentlicher Sitzung eine Mehrheit im städtischen Verwaltungsausschuss die Weichen gestellt: das öko-soziale Lager aus Grünen, SPD und Linksbündnis, dazu die Fraktionsgemeinschaft Puls und OB Fritz Kuhn (Grüne). Dazu kam es bei der Ersten Lesung des Stadthaushalts 2020/2021. Bei der Dritten Lesung am 20. Dezember dürfte eine Gemeinderatsmehrheit diesen Beschluss bekräftigen.

Mit der Umsetzung wird es, weil die Vorbereitungen aufwendig sind, bis zu anderthalb Jahre dauern. Der Wunschtermin – Anfang 2020 – lässt sich jedenfalls nicht halten. Schon 2011 hatten die Grünen einen Anlauf in der Sache unternommen. 2015 warf sich mit einem Antrag auch die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus ins Zeug. Eine Mehrheit hatte es nie gegeben – bis die Grünen und die Nachfolgerriege von SÖS/Linke-plus nun wieder Anträge stellten.

Seit 2011 haben Städte wie Freiburg, Hamburg, Berlin und Frankfurt dieses Instrument – unter wechselnden Namen – eingeführt. 2015 entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, die Freiburger Satzung über die Übernachtungssteuer sei rechtmäßig. Beim Bundesverfassungsgericht sei aber eine Verfassungsbeschwerde gegen die Freiburger Regelung anhängig, über die wohl im ersten Halbjahr 2020 entschieden werde, so Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU). Auf das Urteil wird Stuttgart aufbauen können, wenn man den Grundsatzbeschluss umsetzt und 2020 eine Satzung entwickelt.

Geschäftsreisende ausgenommen

Fuhrmann allerdings rät – anders als sein Chef – von der Einführung ab. „Wegen der geringen zu erwartenden Einnahme und des verhältnismäßig großen Verwaltungsaufwands ist die Einführung dieses Steuertatbestands nicht zu empfehlen“, heißt es in seiner Vorlage für die Stadträte. Für die Abwicklung brauche es fünf ständige Mitarbeiter, was 342 000 Euro pro Jahr koste. Dazu kämen Sachkosten von rund 20 000 Euro. Und einmalig müsse man 100 000 Euro in die elektronische Datenverarbeitung investieren. An Einnahmen könne man bei Übernahme des Freiburger Modells mit rund 3,8 Millionen Euro im Jahr rechnen – wenn man annehme, dass etwa 30 Prozent der jährlich vier Millionen Übernachtungen auf Privatreisende entfallen und die Übernachtung im Schnitt 65 Euro kostet. Geschäftsreisende dürfen, wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, nicht mit dieser Steuer belangt werden.

Abzuführen sind in Freiburg fünf Prozent vom Nettoübernachtungspreis (ohne Frühstück) – und zwar von Hotels, Gasthöfen, Pensionen, Jugendherbergen und Anbietern von Privatzimmern und Ferienwohnungen. Genau dort, wandten die Kritiker im Stuttgarter Rathaus wie etwa die CDU ein, entstehe ebenfalls großer Arbeitsaufwand.

Markus Hofherr, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga in Stuttgart, unterstreicht das. „Unseren Betrieben würden hoher bürokratischer Aufwand und ein Standortnachteil entstehen“, sagt er, „da können wir nicht dafür sein.“ Zumal die Maßnahme die Privatreisenden treffe, von denen man in Stuttgart künftig mehr sehen möchte. Wenn der OB für diese Steuer sei, schädige er erneut das Image der Stadt bei Reisenden, nachdem er das schon mit dem Feinstaubalarm bewirkt habe.

Weniger Ablehnung kommt von Armin Dellnitz, Chef der Stuttgart Marketing GmbH. Grundsätzlich sei nichts dagegen einzuwenden, sagt er. Die Verwendung der Einnahmen müsse aber nachvollziehbar sein. Zumindest ein Teil müsse ins Stadtmarketing fließen, ein anderer Teil am besten in Kulturangebote. Dadurch kämen die Gelder wieder der Hotellerie und generell der Profilbildung des Tourismusstandortes Stuttgart zugute. Die Hotellerie müsse eingebunden werden. Die Antragsteller sprechen auch von einer Kulturförderabgabe. Sie solle dazu beitragen, dass das herausragende kulturelle Angebot Stuttgarts „auch zukünftig hochkarätig ist“, formulierten die Grünen.

Stuttgart Marketing

Geldmangel: Die für die Stuttgarter Stadtwerbung zuständige GmbH musste 2019 auf Rücklagen zurückgreifen, um ihre Arbeit zu finanzieren. Rund 400 000 Euro habe man da herausgeholt – und „die Rücklage aufgezehrt“, sagt Armin Dellnitz, Geschäftsführer der Stuttgarter Marketing GmbH. Nun sei nichts mehr auf der hohen Kante. Seit gut einem Dutzend Jahren habe es seitens der Landeshauptstadt keine Zuschusserhöhung mehr gegeben. Die Übernachtungszahlen seien stark gestiegen, der Marketingaufwand pro Gast oder Übernachtung gesunken.

Hoffnungsschimmer: Die Verwaltungsspitze im Rathaus hat jetzt in ihrer Vorschlagsliste eine Erhöhung des Zuschusses vorgeschlagen: um eine halbe Million von bisher 3,65 auf 4,15 Millionen Euro. Damit könne man aber auch nur den Status quo halten und bewirken, dass man im Marketing nicht weiter zurückfalle, meint Dellnitz. Zusätzliche Mittel aus einer Übernachtungssteuer wären ihm willkommen.