Thomas Hornauer – hier ein Archivbild – ist in den sozialen Netzwerken sehr präsent. Foto: Gottfried Stoppel

Über eine Notruf-App wurde der Feuerwehr ein Gasalarm gemeldet. Ob Tiktok-Nutzer hinter dem Fehlalarm stecken, ist unklar – wer Fake-Notrufe absetzt, riskiert empfindliche Strafen.

Fehlalarm aus dem königlichen Anwesen: Die Feuerwehr ist in der Nacht auf Montag zur Privatadresse des Plüderhausener Unternehmers Thomas Hornauer gerufen worden. Unbekannte hatten gemeldet, dort würde angeblich Gas austreten. „Die Feuerwehr stellte vor Ort aber rasch fest, dass dort alles in Ordnung war“, so ein Sprecher der Polizei. Offenbar wurde die Falschmeldung über eine Notruf-App abgesetzt – wohl absichtlich, um Hornauer Besuch von der Feuerwehr zu bescheren.

Wer hinter dem bewussten Falschalarm steckt, ist unklar. Jedoch gibt es eine nahe liegende Vermutung – sie hängt mit dem Tiktok-Auftritt des schillernden Unternehmers zusammen. Seit einiger Zeit schaltet Hornauer dort Livestreams, bei denen sich unzählige Nutzer zuschalten und mit ihm den sogenannten „Tam-Dance“ tanzen können. Ihm zufolge steht der Name wörtlich für „Transzendentale Aktiv-Meditation“, die Musik dazu spielt er auf seinem Keyboard.

Ein Vermögen mit Telefonsexhotlines aufgebaut

Wie viele der Nutzer ihn dort ernst nehmen, ist unklar – viele amüsieren sich vor allem darüber, wie der Plüderhausener den Tanzstil der Nutzer und den Ordnungsgrad ihrer Wohnungen kommentiert. Dass viele Kommentatoren und Video-Creator es bedenklich finden, wenn ein älterer Herr, der sein Vermögen mit Telefonsexhotlines aufgebaut haben soll, sich an tanzenden, meist Minderjährigen ergötzt, ändert nichts daran: Die „Gefällt mir“-Angaben für seine Tam-Dance-Videos auf Tiktok gehen nach wie vor in die Millionen.

Nun kann es aber auch Nachteile bringen, sich in der digitalen Welt zu exponieren. Jüngst sind auf Tiktok auch Videos aufgetaucht, die darauf hindeuten, dass der Spaß in eine bedenkliche Richtung kippen könnte. „Die neue Schanze wurde offiziell eröffnet“, heißt es in einem Clip, der mit Hornauers Stimme unterlegt ist und das Anwesen des Unternehmers zeigt. Andere Videos, die bei Nacht aufgenommen wurden, zeigen Jugendliche, die vor dem pompösen Gebäude Hornauers stehen und den „Tam-Dance“ tanzen.

Der Begriff „Schanze“ ist eine Anspielung auf den Fall des Youtubers „Drachenlord“ aus Mittelfranken. Dieser hatte sich durch sein polarisierendes Auftreten eine beträchtliche Gegnerschar geschaffen – nachdem er im Netz seine Adresse veröffentlicht hatte, wurde sein Haus, die sogenannte „Drachenschanze“, für ein Jahrzehnt lang zur Pilgerstätte von Mobbern, die sich daran ergötzten, wie er sich aufregte. Teils kam es gar zu gewaltsamen Konfrontationen. Inzwischen hat der „Drachenlord“ seine Profile in den sozialen Netzwerken gelöscht, das Haus wurde abgerissen. Doch auch an seinem neuen Wohnort stellten die „Hater“ ihm nach.

So weit ist es bei Thomas Hornauer in Plüderhausen freilich noch nicht. Laut einem Sprecher der Polizei Aalen war zumindest bislang noch kein Eingreifen der Polizei wegen ungebetenen Besuchern an Hornauers Adresse nötig. Ob der selbst ernannte König zum Zeitpunkt des Einsatzes überhaupt daheim war, ist unklar. Immer wieder soll er sich in Thailand aufhalten, wo er mit Anhängern zusammen ein ganzes Dorf betreibt.

Gegen Kandidaten bei Bürgermeisterwahlen ausgeteilt

Sowohl bei seinen öffentlichen Auftritten als auch in den sozialen Medien hat der Plüderhausener in der Vergangenheit oft ausgeteilt – ob gegen die Kandidaten bei diversen Bürgermeisterwahlen, bei denen er antrat, oder gegen Tiktok-Nutzer, die nicht seinen Vorstellungen entsprechend tanzen. Aber auch er wurde zur Zielscheibe von Spott: Medienblogger wie Philipp Walulis oder Olive Kalkofe persiflieren den selbst ernannten König, der gern in prächtigen Gewändern auftritt und sich von seinen Mitarbeitern standesgemäß ansprechen lässt, häufiger.

Auf Instagram existieren etliche Kanäle, die Ausschnitte von Hornauers Videos als „Memes“ in einen anderen, satirischen Kontext setzen. Ein Tiktok-Creator, mit dem sich Hornauer anlegte, äußerte sogar die – unbelegte – Anschuldigung, der Unternehmer habe thailändische Hacker auf seinen Account angesetzt. Hornauer wies das in einem Video zurück. Mutmaßlich haben sich die Verursacher des Einsatzes königlich amüsiert. Doch das Verursachen eines solchen Einsatzes ist alles andere als ein Spaß. „Wir können froh sein, dass wir engagierte Ehrenamtliche haben, die aus ihrer Freizeit oder vom Arbeitsplatz ausrücken“, sagt Marc Angelmahr, der Kommandant der Plüderhausener Feuerwehr. „Ich hoffe deshalb, dass dieser Fake-Alarm der erste und der letzte für uns war.“ Wer mutwillig einen Einsatz auslöst, riskiert eine Bestrafung: „Wir haben Ermittlungen wegen des Missbrauchs des Notrufs eingeleitet“, teilt ein Sprecher der Polizei mit . Darauf steht eine Geldstrafe, im Extremfall sogar ein Jahr Gefängnis. Falls der- oder diejenigen, die den Einsatz in Plüderhausen verursacht haben, ermittelt und verurteilt werden, droht ihnen übrigens nicht nur die Strafe, sondern auch, dass sie die Kosten des Einsatzes tragen müssen.

Dies gilt nicht nur für klassische Notrufe über 110 und 112, sondern auch für Fake-Meldungen über die Notruf-App Nora. Diese ist eigentlich dafür gedacht, dass gehörlose Menschen oder Personen, die wegen einer Bedrohungslage nicht sprechen können, über das Internet einen schriftlichen Notruf bei der Polizei absetzen können. Die App arbeitet eigentlich mit Standortdaten des Handys, doch es ist auch möglich, diese zu verschleiern und eine falsche Identität anzugeben. Dies macht die Identifikation von Urhebern solcher Falschmeldungen schwierig.

Der Ex-BTV-Chef und das Netz

Kurze Clips
Tiktok ist ein Online-Videoportal, auf dem die Nutzer vor allem kurze Tanz- und Musikvideos einstellen. Auch Livevideos, in die sich viele Nutzer zuschalten und mitmachen können, sind beliebt. Ein Großteil der Nutzer ist unter 23 Jahre alt, für eine Anmeldung muss man mindestens 13 sein. Tiktok gehört zu dem chinesischen Byte-Dance-Konzern.

Persönlichkeit
Der 62 Jahre alte Thomas Hornauer wurde Ende der 1990er Jahre als Betreiber von 0190-Hotlines und Erotikclips reich. Eigenen Angaben zufolge war oder ist er Multimillionär. Nach dem Kauf des regionalen Fernsehsenders BTV baute er diesen zur esoterischen Beratungsplattform um – die zwar Geld brachte, aber bald die Lizenz verlor. Berichte von angebliche sektenähnlichen Zuständen in dem Sender machten die Runde. Ab 2008 nannte er sich König des „Vereinten Heiligen Deutschen Königreichs“ Im Jahr 2015 eröffnete Hornauer in Plüderhausen ein „Lichtkristallzentrum“, er trat bei mehreren Bürgermeisterwahlen im Kreis an. Während der Coronazeit war er auf vielen Querdenken-Demonstrationen aktiv.