Je näher der Prüfungstermin kommt, umso größer wird für viele der Lernstress. Foto: mauritius images/Alamy

Was tun, wenn eine Prüfung die andere jagt? Universitäten und Hochschulen geben den jungen Leuten Tipps, wie sie den Stoff am besten bewältigen.

Stuttgart - Das Bild der Studentenwohnheime hat sich verändert. Die Gardinen sind zugezogen. Dahinter sitzen häufig panische Studierende. „In einem Semester sind sechs bis acht Prüfungen nichts Ungewöhnliches“, sagt Jaqueline Diehl von der Studienberatung der Hochschule für Technik. Sie verzeichnet aktuell mehr Anfragen nach Beratungen. Es ist die heiße Phase, die Studierende in Alarmstellung versetzt. Wir haben uns umgehört welche Geheimtipps Berater und erfahrene Studierende geben.

Die Studierenden

Am stressfreiesten geht Artur Stolinsky in die Prüfungsphase. An der Hochschule der Medien studiert er Crossmedia Redaktion. Zuvor hat er nach drei Semestern ein Chemiestudium abgebrochen und „weiß deshalb, dass Scheitern oft gar nicht so schlimm ist“. Stress machen ihm im neuen Studium bisher nur Gruppenarbeiten. „Man muss mit vielen Terminen und Leuten“, erklärt Stolinsky. Der 24-Jährige lernt am liebsten an der Uni und allein. So kann er auch den Verlockungen seines Gaming-PCs entkommen. Sein Rat für die Prüfungsphase: „Viel trinken, aber das Bier besser erst nach der Prüfungsphase.“

Schlafstörungen und Kopfschmerzen

Ein größeres Pensum hat Laura Dürholz, Klimaengineering-Studentin an der Hochschule für Technik. Sie hat Prüfungsangst, schläft schlecht und bekommt häufig Kopfschmerzen. Neben zwei schriftlichen Prüfungen arbeitet sie an drei Hausarbeiten und einem Projekt. Da alle Hausarbeiten und Prüfungen auf dem Projekt aufbauen konnte sie erst nach dem Projekt lernen. Heißt für sie: Alles in zwei Wochen vorbereiten. „Die Prüfungsphase setzt mich auf jeden Fall unter hohen Druck“, sagt Dürholz. In kürzester Zeit muss sie sich alles „reinprügeln“. Ein Ausweg ist für sie das gemeinsame Lernen. Gerne würde sie eine Lernberatung in Anspruch nehmen, hat dafür aber keine Zeit. „Ich versuche mich in dieser Zeit mit Menschen zu umgeben, die mir Halt geben“, erklärt die Studentin. Außerdem hilft ihr autogenes Training – eine Entspannungsmethode um auf andere Gedanken zu kommen. „Sonst würde ich abends im Bett nur noch an Mathe denken.“

Für andere Studierende besteht der Druck das gesamte Semester über. Theresia Rosenberger studiert im fünften Semester Wirtschaftspsychologie und hatte sieben Präsentationen zu bewältigen. „Das war quasi ein laufender Prozess“, sagt sie. Motiviert durch einen guten Abschluss, kommt sie mit den Prüfungen gut zurecht. „Angst habe ich nur, wenn ich mich nicht sicher fühle.“ Deshalb empfiehlt sie eine frühe Vorbereitung. „Und ab und zu bisschen Entspannung: Sport, Freunde treffen, ein Weinchen trinken.“

Die Beratungsstellen

„Wir haben eigentlich immer Hochsaison“, meint Ina Skalbergs, Lernberaterin der Uni Stuttgart „Man merkt in der Prüfungsphase, dass sich die Stimmung in den Workshops verändert“, schildert sie. Viele Studierende meinen, sie hätten früher anfangen sollen und merken wie viel Stoff sie lernen müssen. „Das Uni-Lernen ist anders als das in der Schule“, erklärt Skalbergs. Einige kommen damit gut zurecht – andere holen sich Unterstützung, um eine Lernstrategie zu entwickeln. Die Studierenden, die kurz vor den Prüfungen zur Beratung kommen, wollen kurzfristig etwas ändern. Skalbergs bespricht wie man das Lernen verbessern kann und wie Studierende in Zukunft eine Lernroutine entwickeln können. „Gutes Lernen muss effizient und stressarm sein“, sagt sie. Dafür braucht es Struktur, Konzentration und eine gute Stimmung, die ein Gefühl der Sicherheit gibt.

Regelmäßig Pause machen

Um stets fit zu bleiben und keinen „Lernkater“ zu bekommen, empfiehlt Skalbergs in Etappen zu lernen. Auf 45 Minuten lernen folgen 10 Minuten Pause. „Pausen sind so wichtig wie das Lernen selbst“, so die Lernberaterin. Am Handy zu hängen sei aber keine Erholung. In der Pause müsse man abschalten.

Die Hochschule der Medien setzt bei der Prävention von Prüfungsstress auf Einzelberatung und mehrtägige Events. Erstmals fand dieses Semester eine Mental Health Week statt, bei der Workshops und Vorträge zu Themen der mentalen Gesundheit angeboten wurden. Außerdem veranstaltet die Hochschule die Study Skills Days, bei denen Lernmethoden gelehrt werden. „Durch effektives Lernen kann man eine Panikphase verhindern“, erklärt Verena Kersken von der Hochschule.

Mit den Events versucht ihr Team mit vorhandenen Mitteln so viele Personen wie möglich abzuholen. „In einer Gruppe lernt man anders und weiß: Ich bin nicht allein“, so Kersken. Mit der steigenden Zahl der Studierenden sind auch die Angebote gefragter. „Bei der Mental Health Week waren rund 300 Leute“, erzählt sie. Auch mehrtägige Angebote sind fast immer ausgebucht.