Auf Twitter wird um den am Galgen gestorbenen Mohsen Schekari getrauert. Foto: AFP/STR

80 Menschen sind wegen der Beteiligung an Protesten angeklagt. Jetzt wurde das Todesurteil gegen den 23-jährigen Mahan Sadran bestätigt.

Mahan Sadran hat möglicherweise nur noch wenige Tage zu leben. Der junge Iraner soll nach dem Scheitern eines Einspruchs vor dem obersten Gerichtshof seines Landes bald hingerichtet werden, wie seine Familie laut Berichten von Menschenrechtlern und Oppositionsmedien am Wochenende erfuhr. Der 23-jährige war während einer Protestkundgebung festgenommen und wegen des Vorwurfs, er habe „Krieg gegen Gott“ geführt, zum Tod am Galgen verurteilt worden. Präsident Ebrahim Raisi kündigte nach der ersten Hinrichtung eines Demonstranten vor wenigen Tagen an, weiter „mit Entschlossenheit“ gegen die Protestbewegung vorzugehen.

„Er könnte jederzeit getötet werden“

Die Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) teilte mit, Sadrans Todesurteil sei an die Vollzugsbehörden weitergeleitet worden. Der junge Mann habe während seiner Verhöre und seinem „Schauprozess“ keinen Zugang zu seinem Anwalt gehabt. Sadran wurde im Oktober festgenommen, weil er bei einer Demonstration ein Messer dabei gehabt haben, ein Moped in Brand gesetzt und ein Handy zerstört haben soll. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe. Sadrans Prozess fand Anfang November statt; jetzt wurde das Urteil bestätigt.

IHR veröffentlichte ein Foto von Sadran, das ihn in Blau gestreifter Sträflingskleidung in einem Gerichtssaal zeigte. Regimegegner berichteten auf Twitter, Freunde von Sadran könnten ihn im Gefängnis telefonisch nicht mehr erreichen. „Mahans Leben ist in Gefahr – er könnte jeden Moment von der Islamischen Republik getötet worden“, schrieben die Betreiber des Twitter-Kontos „1500tasvir“, auf dem die Proteste gegen das Regime dokumentiert werden.

Khatami fordert härteste Strafen

Am Donnerstag hatte die Justiz den ebenfalls 23-jährigen Mohsen Schekari wegen Teilnahme an einer Demonstration gegen die Regierung hingerichtet. Amin Riahi, der auf seiner Internetseite „Iran Prison Atlas“ die Gefängnisse, Richter und Prozesse im Iran beobachtet, teilte unserer Zeitung unter Berufung auf interne Tonaufzeichnungen des Regimes mit, rund 80 Menschen seien wegen „Krieges gegen Gott“ angeklagt und müssten mit der Todesstrafe rechnen. Schekaris Hinrichtung sei ein Signal des Regimes gewesen: Der Staat könne jederzeit Anklage wegen „Krieges gegen Gott“ erheben und Angeklagte exekutieren.

Ahmad Khatami, ein Geistlicher und bekannter Hardliner, begrüßte die Hinrichtung von Schekari und forderte die „härtesten Strafen“ gegen Mitglieder der Protestbewegung. Präsident Raisi sagte, der Staat werde „mit Entschlossenheit“ alle bestrafen, die Mitglieder der Sicherheitskräfte töteten. Schekari war zum Tode verurteilt worden, weil er angeblich einen Polizisten mit einem Messer verletzt hatte.

Die EU erwägt neue Sanktionen

Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass sich die Protestbewegung von den Drohungen des Regimes abschrecken lässt. In der Hauptstadt Teheran versammelten sich Demonstranten in dem Stadtviertel, in dem Schekari festgenommen worden war. Die Drohung des Regimes könne das Gegenteil von dem bewirken, was die Regierung erreichen wolle, sagte Riahi. „Videos von Mohsen Schekari und seiner trauernden Familie könnten die Iraner in ihrem Ziel bestärken, das Regime zu stürzen.“

Raisis harter Kurs verstärkt zudem die internationale Isolierung des Irans. Die EU-Außenminister wollen an diesem Montag über zusätzliche Sanktionen sprechen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, er habe den iranischen Außenminister Hossein Amirabdollahian in einem Telefonat aufgefordert, keine Demonstranten mehr hinzurichten. Amirabdollahian verbat sich jede Einmischung von außen und warf besonders Deutschland vor, im Umgang mit dem Iran zu „Terrorismus, Gewalt und Hassreden“ aufzurufen.