Das neue Roma-Mütterzentrum (Mukiz) in Bad Cannstatt nimmt seine Arbeit auf. Wie läuft es in der Einrichtung? Erste Erfahrungen.
Im ehemaligen Tattoo-Geschäft in der Markstraße in Bad-Cannstatt wurde im April das Mutter-Kind-Zentrum (Mukiz) für Roma eröffnet, das von der Bürgerstiftung Stuttgart finanziert wird. Dann startete der Testbetrieb. Mittlerweile ist die Hilfseinrichtung an drei Tagen in der Woche geöffnet und betreut sieben Roma-Mütter mit ihren Kindern, wie die Leiterin der Beratungsstelle Jessica Danilejko berichtet. „Wir bieten Beratung an. Das Hauptangebot ist es, die Mütter im Arbeitsmarkt zu integrieren und die Kinder pädagogisch zu betreuen.“ Die Sozialwissenschaftlerin Danilejko, 32, hat lange in Hilfsorganisationen gearbeitet, die Tageszentren in Rumänien, im Kosovo und in Bulgarien aufgebaut haben. Sie hat selbst ein halbes Jahr lang in Rumänien gelebt.
Eine Großmutter in Arbeit vermittelt
Hinter einer Mutter würden etwa zehn Familienmitglieder stehen, sagt Danilejko. Eine etwa 50 Jahre alte Großmutter konnte das Team in Arbeit vermitteln – eine Putzstelle in dem Cannstatter Integrationsunternehmen des Anna-Haag-Mehrgenerationenhauses namens Tandiem, wie der Projektleiter Philipp Morath von der Bürgerstiftung erklärt. Es klappe gut und die Arbeitgeber seien zufrieden, so Danilejko.
Im Mukiz ist die erste Anlaufstelle das Mutter-Kind-Café, in dem es ein soziales Gesprächsangebot gibt und in dem in der offenen Küche gemeinsam Essen zubereitet wird. Die Kinder werden betreut, um bei ihnen Freude am Lernen zu wecken. Die Jungen und Mädchen sind ein bis zehn Jahre alt. „Wir sind flexibel, um auf sie einzugehen“, sagt Danilejko. „Wir orientieren uns an der Montessori-Pädagogik.“ Wichtig sei, dass die Betreuten positive Grunderfahrungen sammeln, sagt Morath.
2022 mit Straßensozialarbeit und Tagesangeboten angefangen
Im Jahr 2022 hatte die Bürgerstiftung mit Straßensozialarbeit angefangen, 2023 mit Tagesangeboten im Veielbrunnen und in der Königstraße 1A weitergemacht und dann mit anderen Sozialträgern die Arbeit weiter ausgebaut. Auch hat man nun Kontakt zur Lernwerkstatt in Weilimdorf, die Kindern, die noch nie in einer Schule gewesen und Analphabeten sind, mit der Vector-Stiftung zwischen 11 und 14 Jahren in extra Klassen hilft. Projektpartner dort sind die Gemeinschaftsschule Weilimdorf, die Evangelische Gesellschaft, die Stadt Stuttgart und das Staatliche Schulamt. „Es ist ein Hoffnungsschimmer für die Betroffenen“, weiß Danilejko. Ein Problem sei die teils weite Anfahrt.
Kinder in Schule und Vorbereitungsklassen vorbereiten
Im Mukiz sind zwei Sozialarbeiterinnen, eine Werksstudentin und die Hausleiterin tätig, um zu helfen, dass die Kinder in die Schule oder auch Vorbereitungsklassen für weiterführende Schulen gehen können. Ferner unterstützen sie bei Behördengängen, übersetzen und versuchen Ängste zu nehmen. In den ersten vier Wochen Arbeit gehen nun fünf Kinder regelmäßig zur Schule. Die Sozialarbeiterinnen sprechen Rumänisch und bauen so Vertrauen auf.
Schnelle Hilfe für Mutter kurz nach Entbindung
Auch schnelle Hilfe war schon gefragt: So tauchte plötzlich eine Mutter kurz nach der Entbindung im Krankenhaus mit ihrem drei Tage alten Kind auf der Suche nach einer Bleibe auf. Die Mitarbeitenden konnten helfen.
Und man tritt Ängsten aufseiten des Handels und Gewerbe entgegen, die befürchteten, dass es auf der Marktstraße zu Ansammlungen von Roma kommen könnte, was die Atmosphäre in der Straße stören könnte.
„Das Schöne ist, dass wir unsichtbar sind“, beschreibt es die Hausleiterin. Die Mütter kämen zu bestimmten Terminen ins Haus. Und würde das Projekt enden, fiele der Grund, zu kommen, weg. Sie ist sich sicher aus ihrer Erfahrung: Die Hilfsangebot funktioniert. Es brauche Zeit. Sie hat erfahren, dass Roma-Jugendliche auch soziale Arbeit studieren und dann in die Tageszentren gehen und helfen. Der beste Fall sei, alle gehen in die Schule und in den Kindergarten und die Eltern sind in Arbeit. Morath und Danilejko arbeiten dran. Indes beginnt auch um den Cannstatter Bahnhof die aufsuchende Sozialarbeit in Kooperation der Bürgerstiftung, der Diakonie und des Landesverbands der Sinti und Roma Baden-Württemberg.
Tag der offenen Tür am 4. Juli
Für Freitag, 4. Juli, lädt das Mutter-Kind-Zentrum alle Interessierten und Anwohner zum Tag der offenen Tür in die Marktstraße 10 ein. Von 14 bis 18 Uhr gibt es Führungen und Gespräche, bei denen über die Arbeit im Haus informiert wird.