Johannes Kupka (links) hat Jan Ostrcil geholfen, sich in der digitalen Welt besser zurecht zu finden. Foto: Jürgen Bach

Beim Umgang mit Handy und Co. ist es wie mit dem Schuhebinden: wer es nicht gelernt hat, tut sich schwer. In Ludwigsburg tut man etwas dagegen.

Immer wieder hatte es Jan Ostrcil probiert, bei der 116 117 einen Termin für die Coronaimpfung zu bekommen. Schon am Telefon war es nervenaufreibend für den 81-Jährigen. Ihn online zu vereinbaren, das traute sich der Senior dann doch nicht. Seine 57-jährige Frau übernahm es für ihn. „Sie arbeitet noch und sitzt den ganzen Tag am Computer“, sagt der Mann aus Ludwigsburg.

Viele Menschen in einem ähnlichen Alter konnten sich nicht so glücklich schätzen und verzweifelten schiergar am für sie viel zu komplizierten Prozedere. Überhaupt sind diejenigen immer häufiger aufgeschmissen, die weder PC, noch Smartphone oder Tablet mit Internetzugang besitzen.

Wenn beim Arzt niemand mehr abnimmt

Ohne geht eigentlich nicht mehr. Aber die Angst vor neuer Technik sei bei vielen älteren Menschen sehr groß, weiß Sonja Bauer vom Seniorenbüro. Denn während der Umgang mit einem Handy für Heranwachsende inzwischen so selbstverständlich ist wie irgendwann das Schuhebinden, haben ältere Generationen das (häufig) nicht gelernt. Daher die Berührungsängste.

Zumindest einigen von ihnen hilft man im Seniorenbüro. Beim Projekt „Digitalpatenschaft plus“ nimmt ein Ehrenamtlicher einen Senior oder eine Seniorin an die Hand, nach acht Wochen sollen die Rentnerinnen und Rentner sich so gut zurechtfinden, dass ihnen das Tablet den Alltag erleichtert.

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Jan Ostrcil ruft seinen Paten Johannes Kupka noch ab und zu an. Ihm sei zuvor von Bekannten sogar davon abgeraten worden, sich mit einem Tablet auseinanderzusetzen. „Aber die Nutzung wird ja mittlerweile fast erzwungen“, sagt Kupka. Besonders bei Arztterminen bleibe mittlerweile kaum eine andere Möglichkeit. Zusammenhängen dürfte das auch damit, dass in Praxen medizinische Fachangestellte händeringend gesucht werden und Telefone immer seltener durchgehend besetzt sind.

Mit dem Internet können sich Senioren selbst helfen

Kupka, einer von sieben ehrenamtlichen Begleitern, würde man – geht man allein nach dem Äußeren – nicht als „Digital Native“ einordnen. Er ist 63 und gelernter IT’ler. Nachdem er sich in den Ruhestand verabschiedet hatte, machte er sich auf die Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Gemeinsam mit dem Seniorenbüro erarbeitete er das Konzept für den Kursus. Dank ihm kann Jan Ostrcil jetzt übers Internet mit Skype telefonieren, einen E-Book-Reader hat er, zum Schachspielen muss er niemanden mehr extra treffen – die Gegner findet er nun auch im Netz. Und wie man googelt, das hat er auch verstanden.

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Johannes Kupka muss die Suchmaschine auch noch ab und zu zurate ziehen, denn nicht immer hat er gleich eine Antwort auf die Fragen seiner Schützlinge parat. „Macht auch nichts“, sagt er. Zu begreifen, dass man sich im Internet oft ziemlich leicht selbst helfen kann, das versuchen die Paten den Senioren zu vermitteln. Häufig klappt das. Eine Anleitung dazu, welche Fallstricke und betrügerischen Maschen im Internet warten, gibt es für die Senioren auch.

Auch jüngere Generationen tun sich mit dem Gerätewechsel schwer

Jan Ostrcil hatte bereits seit fünf Jahren ein Smartphone. „Whatsapp konnte ich“, sagt er. Aber jetzt fühlt er sich noch sicherer im Umgang. Im Übrigen hätten Menschen über 75 die Zurückhaltung, was neues technisches Equipment anbelangt, nicht für sich gepachtet, sagt Johannes Kupka. Auch jüngere schreckten vor allem davor zurück, neue Geräte einzurichten und zu konfigurieren. „Ansonsten hängt es auch stark davon ab, ob jemand im beruflichen Umfeld damit in Berührung kommt.“

Die Warteliste für das Programm „Digitalpatenschaft plus“ ist lang. Deshalb sucht das Seniorenzentrum in Ludwigsburg auch noch nach Paten. Ehrenamtliche können sich unter 07141 910-2014 oder per E-Mail an s.bauer@ludwigsburg.de wenden.