Der Dachdeckermeister Tilo Schelenz hält in der künftigen Trumpf-Produktionsstätte in Leonberg-Höfingen den Richtspruch. Foto: Jürgen Bach

Das Ditzinger Hochtechnologieunternehmen bezieht bald Produktionsstätte in der Nachbarstadt. Die Fläche im Leonberger Stadtteil Höfingen war Jahrzehnte eine Brache.

„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.“ Vielleicht hatten die Manager von Trumpf die Erkenntnis Goethes im Hinterkopf, als sie sich auf die Suche nach einem neuen Produktionsstandort gemacht hatten. Tatsächlich wurde das Ditzinger Unternehmen in der Nachbarstadt Leonberg fündig, genauer gesagt im Teilort Höfingen. Und der ist gerade einmal zehn Kilometer vom Stammsitz entfernt.

Hier also, im Gewerbegebiet an der Röntgenstraße, entstehen auf gut 11 000 Quadratmetern zwei Gebäude, in denen Komponenten von Laserbauteilen gefertigt werden. Diese sollen in der Halbleiter- und Automobilindustrie zum Einsatz kommen. Rund 150 Menschen werden in zwei Schichten in Höfingen arbeiten. Die meisten ziehen arbeitsmäßig von Ditzingen nach Leonberg um. Perspektivisch sollen am neuen Standort allerdings zusätzlich Arbeitsplätze entstehen.

Zehn Kilometer zum Stammsitz

Beim Ditzinger Hochtechnologieunternehmen brummt es. „Wir sortieren uns gerade neu“, sagt Petra Frohnmaier vom Trumpf-Immobilienmanagement. „Angesichts unseres Wachstums sind wir auf der Suche nach neuen Flächen. Da ist für uns ein Objekt in unmittelbare Nähe geradezu ideal.“ Das ist mittlerweile gut vorangeschritten. Am Mittwoch wurde Richtfest gefeiert, und dabei die bewegte Geschichte jenes Geländes am nordöstlichen Ortsausgangs von Höfingen noch einmal nachgezogen. Und die ist ziemlich spannend.

Gewerbe gibt es dort seit knapp 70 Jahren. 1954 hatte die Firma Sümak aus Zuffenhausen in Höfingen ein Werk gebaut, in dem fast ein halbes Jahrhundert Kälteanlagen produziert wurden. 1984 übernahm die bekannte Electrolux-Gruppe die Firma, zehn Jahre später wurde die Produktion im Leonberger Stadtteil endgültig eingestellt.

„Danach war der Bereich 25 Jahre dem Verfall preisgegeben“, sagte Mike Evers am Mittwoch beim Richtfest. Evers ist der Chef Projektentwicklers Panattoni. Das Unternehmen aus Hamburg hat sich auf die Wiederbelebung brachliegender Gewerbeflächen spezialisiert.

Vor harten Fällen schrecken die Panattoni-Leute nicht zurück, im Gegenteil: Flächenrecycling ist deren Spezialgebiet – auch wenn der Untergrund belastet ist, so wie es in Höfingen der Fall war. 85 Prozent der Panattoni-Projekte sind auf sogenanntem „braunen“ Gelände. Aus diesen Industriebrachen macht Panattoni unter dem Namen „City Dock“ moderne Gewerbeparks. „Das steht für Stadtnähe und zukunftsorientierte Branchen“, erklärt Christina Oest vom Panattoni-Marketing. „Unsere Zielgruppen sind mittelständische Unternehmen, durchaus auch Handwerksbetriebe oder Start Ups.“ Große Industrieflächen mit Schwerlastverkehr sind nicht die Sache der Hamburger.

Anwohner befürchteten Logistik-Zentrum

Genau diese Befürchtung war aber in der Anwohnerschaft aufgekommen, nachdem lange Jahre Ungewissheit geherrscht hatte, was auf dem ehemaligen Sümak-Gelände passiert. Entsprechend zufrieden ist auch der Leonberger Oberbürgermeister, „dass die Sorgen der Menschen, dass hier ein Logistikzentrum entstehen könnte, nicht eingetreten sind.“ Dass das Weltunternehmen Trumpf nach Leonberg gegangen ist, zeigt für Martin Georg Cohn „die Stärke des Wirtschaftsstandorts“.

Im September geht es los

Tatsächlich sind in der Stadt am berühmt-berüchtigten Autobahndreieck mehrere Global Player ansässig. Bosch baut gerade einen hochmodernen Campus als weltweites Zentrum für die Entwicklung autonomer Fahrsysteme.

Noch sind die Hallen in Höfingen leer. Im September soll dort Leben einkehren. Ist der Schwung symbolträchtig, mit dem der Dachdeckermeister Tilo Schelenz beim Richtspruch sein Glas auf den Boden geschmissen hat, dürfte das Einhalten des Starttermins kein größeres Problem sein.