Die neue Amtsgerichtsdirektorin Mechthild Weinland. Foto: Iris Frey - Iris Frey

Mit Mechthild Weinland ist erstmals eine Direktorin am Amtsgericht Bad Cannstatt tätig. Sie folgt Bernd Odörfer.

Bad CannstattAn der Spitze des Amtsgerichts Bad Cannstatt steht erstmals eine Frau: Mechthild Weinland ist die neue Direktorin. Sie ist Bernd Odörfer gefolgt, der im Herbst das Amtsgericht verlassen hatte, um als Richter an das Bundesverfassungsgericht zu gehen. Seitdem hatte Florian Bollacher als Stellvertreter die Geschäfte im Amtsgericht geführt. Der 45-jährige Jurist war Iris Käppler-Krüger gefolgt, die Ende vergangenen Jahres in den Ruhestand gegangen ist.

Nun ist Weinland als neue Chefin da und freut sich auf ihre neuen Aufgaben. Für sie ist es eine Selbstverständlichkeit, nichts besonderes, dass sie als Frau an der Spitze steht. „Da verschwende ich keinen Gedanken und leiste meine Arbeit, so gut ich kann.“ Es gebe in der Justiz keine Vorbehalte. Sie freut sich, dass am Amtsgericht auch ein hoher Anteil an Richterinnen tätig ist. Am Amtsgericht Nürtingen und Schorndorf gibt es Direktorinnen und das Oberlandesgericht wird von einer Frau geführt als Präsidentin.

Weinland ist Mutter von vier Kindern. Sie ist 1965 in Erlangen geboren und hat dort 1985 das Abitur gemacht. In Erlangen studierte sie Rechtswissenschaften von 1985 bis 1991. Am Landgericht Ulm absolvierte sie ihr Referendariat, bevor sie 1994 in die Justiz Baden-Württemberg beim Landgericht Stuttgart eintrat. Danach wechselte sie 1995 an die Amtsgerichte Tübingen und Reutlingen und 1996 zur Staatsanwaltschaft Tübingen.

1997 ging sie für ein Jahr als Abordnung zur Staatsanwaltschaft Berlin in die Abteilung Regierungskriminalität. Dort wurde die Regierungskriminalität der ehemaligen DDR juristisch aufgearbeitet. Es sei ein großer Bereich gewesen, dort ging es um Todes- und Verletzungsfallen, Minen und Selbstschussanlagen an der innerdeutschen Grenze. Auch Auftragsmorde und Doping der Spitzensportler wurden dort verhandelt. Sie hatte vor allem mit Grenzsoldaten zu tun und forschte auch im Militärarchiv. Beschäftigt haben sie dabei die rechtlichen Fragen, ob die Bürger, die nach Befehlen handeln, für etwas strafrechtlich verantwortet werden können. Der Bundesgerichtshof habe geurteilt, dass sie das können.

Nach dieser Zeit wurde sie Leiterin eines Personalreferats am Justizministerium Baden-Württemberg und wechselte 2002 ans Amtsgericht Bad Urach. Dort arbeitete sie bis 2012, unterbrochen durch Elternzeit, zuletzt war sie dort Direktorin des Amtsgerichts. „Es war ein sehr kleines Amtsgericht mit drei Richtern und rund 20 Mitarbeitern.“ 2012 wechselte sie an das Landgericht Stuttgart als Vorsitzende einer kleinen Strafkammer und 2013 wurde sie Direktorin des Amtsgerichts Nürtingen. 2017 wurde sie Vizepräsidentin des Landgerichts Tübingen und Vorsitzende einer großen Strafkammer.

Weil sie dort im Dezember jetzt noch einen großen Fall abschließen musste, ist sie seit dem 1. Dezember zunächst als Direktorin ans Amtsgericht Bad Cannstatt abgeordnet und soll ab dem 1. Januar 2020 nach Bad Cannstatt versetzt werden. Auf ihre Stationen geblickt, wurden ihre Amtsgerichte, die sie leitete, immer größer. Das Amtsgericht Bad Cannstatt zählt derzeit 125 Personen, davon etwa 20 Richter. „Ich bin Richterin aus Überzeugung“, sagt sie. Weinland ist gerne mit Verwaltungsaufgaben betraut und kümmert sich gern verantwortungsvoll um die Mitarbeiter. Sie stammt aus einer Juristenfamilie. „Meine Schwester Dietlind Weinland ist Sprecherin des Bundesgerichtshofs.“ Angesichts der vielen Wechsel am Amtsgericht sieht sie es als vorteilhaft, mit einer gewissen Erfahrung hier tätig zu sein und längere Zeit bleiben zu können. Sie wird in Bad Cannstatt als Zivil- und Betreuungsrichterin tätig sein. Als Vorsitzende einer Großen Strafkammer hat sie festgestellt, dass es mehr Sicherungsverfahren gibt. Über die Ursachen müsse noch geforscht werden.

Letzte Bauarbeiten sind am Amtsgericht noch zu machen: Derzeit wird noch im Eingangsbereich die neue Infothek eingerichtet, gekoppelt mit der Rechtsantragsstelle. Dann können Bürger in einem extra Raum Anträge stellen. Das soll diskret erfolgen. „Der Datenschutz ist sehr hoch einzustufen“, sagt Weinland. Auch würden die Besucher gleich an die richtige Stelle verwiesen. Weitere mittelfristige Baumaßnahmen betreffen den Außenbereich neu anlegen, neue Fenster und die Installation einer Solaranlage.

Die Juristin freut sich, dass die Galerie Kunsthöfle wieder im Foyer aktiv werden konnte und nach drei Jahren Abwesenheit durch den Umbau und die Sanierung nun wieder regelmäßig ausstellen kann. Mit der Einführung der E-Akte im Amtsgericht Bad Cannstatt rechnet Weinland Ende 2020 im Zivilverfahrensbereich. Die Sitzungssäle seien entsprechend ausgestattet. Bedingt durch die Notariatsreform und den Einzug der Notare sei in der Nachlassabteilung noch ein geringer Rückstau, der noch abgearbeitet werde. Über ihren Start sagt sie: „Ich bin hier sehr herzlich, sehr offen und freundlich aufgenommen worden und habe mich vom ersten Tag an hier sehr wohlgefühlt.“