800 Anträge muss das Staatliche Schulamt pro Jahr bearbeiten. Eltern wünschen eine andere Grundschule als vorgesehen. Foto: dpa/Bernd Wüstneck - dpa/Bernd Wüstneck

Immer mehr Eltern stellen beim Staatlichen Schulamt Anträge auf Umschulung. Pro Jahr sind es mehr als 800, das heißt 20 Prozent der Erstklässler sollen auf Grundschulen außerhalb des Schulbezirks.

Bad CannstattGrundschüler müssen die Schule besuchen, in deren Schulbezirk sie wohnen. So sieht es das Schulgesetz vor. Natürlich gibt es auch da Ausnahmen. Etwa für Schulpflichtige, die in einer Förderschule (Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum) oder in eine Schule in freier Trägerschaft gehen. Die Schulbezirksregelung wurde eingeführt, um einen effizienten Einsatz von vorhandenen Lehrkräften und eine gleichmäßige Auslastung von Schulräumen zu gewährleisten. Das Schulamt achtet auch darauf, dass in etwa gleiche Klassenstärken an den benachbarten Grundschulen gelten. Für Kinder im Grenzbereich des Schulbezirkes kann daher auch vom Schulamt die Aufnahme in eine benachbarte Schule angeboten werden. Die Schulbezirksregelung dient auch dem „Schutz der integrativen Funktion von Pflichtschulen“. Es soll sichergestellt werden, dass alle sozialen und ethnischen Gruppen des Bezirkes zusammenkommen, um gegenseitige Toleranz zu erlernen.

Eltern haben die Möglichkeit, einen Antrag zustellen, um ihr Kind in einen anderen Schulbezirk zur Schule gehen zu lassen. Davon wird immer mehr Gebrauch gemacht. „Mehr als 800 Anträge gehen bei uns pro Schuljahr ein“, beschreibt Thomas Schenk, der Leiter des Staatlichen Schulamtes. Bei 4500 Erstklässlern pro Jahr sind das immerhin 20 Prozent. Die hohe Anzahl der Umschulungswünsche liegt zum einen an der Großstadt, in der nahezu jede benachbarte Schule gut erreichbar ist. „Eine große Rolle spielt auch das Ganztagesangebot.“ Hat die zugewiesene Schule kein Ganztagesangebot, dieses ist aber erforderlich, dann hat der Umschulungsantrag sehr gute Chancen. Es gebe aber auch Eltern, die keine Ganztagesbetreuung wünschen und entsprechende Anträge stellen.

Entscheidend sei die Betreuungssituation im Zielgebiet. Wobei die Beweispflicht beim Antragssteller liegt. Der tatsächliche Lebensmittelpunkt, in der Regel da, wo das Kind auch nächtigt, ist maßgebend. Wird das Kind nach dem Unterricht bei Verwandten oder Freunden betreut, ist das nicht zwingend ein triftiger Grund für eine Umschulungs-Genehmigung. Anders sieht es aus, wenn das Kind am Arbeitsplatz der Eltern betreut wird. Das wiegt schon mehr. Die Aussage, Freunde aus dem Kindergarten gehen in eine andere Schule, hat wenig Aussicht auf Erfolg. Die Schule im anderen Bezirk liege besser erreichbar auf dem Weg zum Arbeitsplatz eines Elternteils zählt auch nicht. Genauso wenig wie der Schulweg. 1500 Meter seien zumutbar. Auch die Gefährlichkeit ist kein triftiger Grund. Denn der Schulweg sollte eingeübt werden und das sei den Eltern zumutbar. Gerne werde auf andere Eltern verwiesen, deren Antrag erfolgreich gewesen sei. Doch dafür müsse auch die gleiche Situation vorliegen.

Die so genannten Helikopter-Eltern liegen auch gerne im Clinch mit der Schulleitung. „Da muss schon das Vertrauensverhältnis extrem gestört sein, um einen Schulwechsel zu genehmigen“, führt Schenk aus. Nicht ausreichende Förderung des Kindes, zu viele Kinder mit Migrationshintergrund oder eine inklusive Klasse – Gründe, die für eine Umschulung angeführt werden, aber wenig Gewicht haben.

Die Entscheidung liegt letztendlich beim Staatlichen Schulamt. Die Schulleitung muss nicht gehört werden. „Wir haben ein großes Problem“, führt Schenk an. „Wir wissen erst spät, wie viele Schüler wo eingeschult sind.“ Es gibt reine Ganztagesschulen und Schulen mit reinen Ganztagesklassen und Mischklassen. Dies müsse bei den Anträgen alles geprüft werden. Wird der Antrag abgelehnt, können Eltern Widerspruch einlegen, der letztlich beim Oberschulamt als Widerspruchsbehörde landet. Letzte Möglichkeit der Eltern ist Klage beim Verwaltungsgericht.