Bürgernah, zupackend und seit 36 Jahren in Kontakt mit den Untertürkheimern: Fredi Wellm ist der Prototyp des beliebten Schutzmanns an der Ecke. Foto: Mathias Kuhn - Mathias Kuhn

Für Fredi Wellm war vergangene Woche der letzte Arbeitstag. Nach 36 Jahren als Bezirksbeamter bei der Untertürkheimer Polizei geht er jetzt in Ruhestand. Er blickt zufrieden auf fast vier Jahrzehnte zurück.

UntertürkheimSeine Polizeiuniform hat er bereits abgegeben, seinen Schreibtisch geräumt: Fredi Wellm ist seit gestern im Ruhestand – nach 45 Jahren bei der Polizei und 36 Jahren davon im Untertürkheimer Revierdienst. Er erinnert sich gerne an die Dienstjahre in Untertürkheim zurück, ist aber auch froh seinen Ruhestand genießen zu dürfen. Seinen ersten Schreibtisch bezog er 1983 im ehemaligen Polizeirevier in der Großglocknerstraße 26. „Dort, wo später der Neubau des Bezirksrathauses errichtet wurde“, sagt Wellm. Schmunzelnd erzählt er von der Stippvisite des SPD-Politikers Peter Conradi. „Als der damalige Bundestagsabgeordnete vorsichtig im Raum hüpfte, hat das Gebälk des alten Gebäudes gewackelt und geknarrt.“ In den fast vier Jahrzehnten in Untertürkheim hat er manche Straftaten, erfreuliche Geschichten, aber auch Veränderungen erlebt: die Umgestaltung der Widdersteinstraße und der Bau des Storchenmarkts, Ortskernsanierung und die Umwälzungen am Karl-Benz-Platz. „Oftmals haben wir in der damaligen Wunderstraße den Verkehr geregelt, wenn die Ampeln wieder ausgefallen sind. Die jungen Kollegen können sich heute nicht vorstellen, dass damals in der Mitte ein großer Parkplatz war und die Autos diesen umrunden mussten“, sagt der 63-Jährige lachend.

Er möchte die Erfahrungen nicht missen. Vier Jahre lang versah er in Bad Cannstatt Dienst, wollte dann aber wieder in sein „altes“ Revier zurück. „Untertürkheim war und ist vom Charakter her dörflicher. Dort kümmern sich die Bürger umeinander.“ In Untertürkheim konnte Wellm auch seine Vorzüge einsetzen. Er geht offen auf Menschen zu, spricht mit ihnen, hat ein Ohr für sie, weist sie mit Fingerspitzengefühl aber auch auf Fehlverhalten hin. Er war der „Schutzmann an der Ecke“, vertrauensvoller Ortspolizist oder Kontaktbereichsbeamter, wie es später hieß.

Es habe sich aber in den vergangenen Jahren einiges verschoben. „Der Mensch hatte früher eine andere Wertigkeit. Er stand im Mittelpunkt der Arbeit.“ Heute zählen dagegen Statistiken, Zahlen, Wirtschaftlichkeit. Auch durch die Ausdünnung der Personaldecke bleibe jetzt weniger Zeit, den Kontakt zu den Bürgern zu pflegen. „Wir sind nicht mehr so nah an ihnen dran“, bedauert Wellm.

Zeitgleich habe aber auch die Akzeptanz der Polizei nachgelassen. „Das Verhalten der Bevölkerung uns gegenüber hat sich verändert. Früher wurden die Polizeibeamten mit Respekt behandelt, das ist heute nicht immer der Fall. Das spüren wir Tag für Tag“, so Wellm. Insofern freue er sich auf den Ruhestand. Wobei es ihm kaum langweilig werde. Jetzt könnte er sich mehr dem Tischtennissport im Verein und seiner Familie widmen. Gemäß seinem Naturell, Menschen helfen zu wollen, könne er sich auch vorstellen, ehrenamtlich sich zu engagieren, beispielsweise beim Ortsbus in Aichwald, wo er lebt. Die Zubringerdienste werden von Bürgern erledigt und organisiert.