Quelle: Unbekannt

Calisthenics ist eine noch relative junge Sportart aus den Vereinigten Staaten. Entstanden ist sie Anfang der 2000er-Jahre in New York in den dortigen öffentlichen Sportanlagen. Im Stadtbezirk wird sie im Veielschen Garten betrieben.

Bad CannstattG razil schwingt sich Samuel Traub in den Handstand empor. Kurz stabilisiert er seine Position, dann senkt er seinen Körper in einer Liegestütz-Bewegung Richtung Boden. Sämtliche Muskeln sind in Anspannung, für einen Moment schwankt er, dann drückt er sich wieder in den Handstand hoch. Das Ganze wiederholt er noch ein paar mal, bevor er sich ablässt. Samuel Traub macht Calisthenics und ist damit nur einer von vielen, die diesem Sport auf der im November neu eröffneten Anlage im Veielschen Garten nachgehen.

Aber was ist Calisthenics eigentlich genau? Calisthenics ist eine noch relative junge Sportart aus den Vereinigten Staaten. Entstanden ist sie Anfang der 2000er-Jahre in New York in den dortigen öffentlichen Sportanlagen. Verschiedene Gruppen begannen Trainingsprogramme zu entwickeln, die nur mit dem eigenen Körpergewicht funktionieren. Auch Elemente aus anderen Sportarten, wie beispielsweise Breakdance oder Turnen, wurden in die Work-outs integriert. Erst 2013 wurde Calisthenics auch in Deutschland einem breiteren Publikum bekannt. Inzwischen existieren bereits 968 der Anlagen in der Bundesrepublik, das Interesse ist stetig wachsend. Im Stuttgarter Stadtgebiet sind es bereits zehn, darunter allein drei in Bad Cannstatt – im Veielschen Garten, an der Augsburger Straße und beim Olympiastützpunkt an der Mercedes-Benz-Arena. Eine weitere wird derzeit in Degerloch gebaut.

Nummer-Eins-Merkmal eines jeden Calisthenics-Trainings: Es wird mit dem eigenen Körpergewicht durchgeführt. Wichtigste Übung ist wohl der Klimmzug, dessen Variantenreichtum scheinbar keine Grenzen hat: Mal schnell, mal betont langsam, mal mit einem Arm, mal mit umgreifen, mal breit und mal eng gegriffen, alles ist erlaubt. Aber auch Handstände, Kniebeugen oder auch die gute alte Liegestütze können Teil eines Calisthenics Work-outs sein. Die Königsdisziplin ist wohl die menschliche Flagge, die „human flag“. Dabei zieht man den Körper gleich einer Fahne am Mast unter Anspannung sämtlicher Muskeln in die Horizontale.

Man merkt es schon: In Sachen Koordination und Beweglichkeit verlangt einem Calisthenics ordentlich etwas ab. Vorteilhaft ist auch, dass die komplette Muskulatur beansprucht wird und alle Übungen auf natürlichen Bewegungen basieren. Für Samuel Traub und seinen Kumpel Nyal Hettmer sind es auch das Training an der frischen Luft und die Zwanglosigkeit die den Sport attraktiv machen. Zumindest bis zum Wintereinbruch, wenn das Wetter das Training im Freien unmöglich macht. Zudem werden die Gelenke im Vergleich zum klassischen Krafttraining mit Gewichten und Maschinen deutlich mehr geschont. Und im Gegensatz zum Fitnessstudio ist die Nutzung des Sportparks komplett kostenlos.

Für mehrere 10 000 Euro ließ das Garten-, Friedhofs- und Forstamt die Anlage auf dem Gelände des Veielschen Gartens errichten. Laut Umfragen der Stadt sind solche „urbanen Bewegungsmöglichkeiten“ in der Bevölkerung schwer gefragt. Unter anderem auch wegen der 2018 errichteten Cannstatter Anlage wird unterhalb des Geländes derzeit eine neue Fußgängerampel installiert.

Keine Frage, der Calisthenics-Park kommt an. Das Gelände ist an diesem Spätsommerabend gut besucht. Aber nicht nur Sportler sind unterwegs, auch Kinder nutzen das Trainingsgerät als Spielplatz, ein Pärchen spielt Tischtennis, andere genießen einfach nur auf den Bänken sitzend die letzten Sonnenstrahlen.

Samuel Traub und Nyal Hettmer haben währenddessen ihr Work-out abgeschlossen. Sie wirken erschöpft aber zufrieden. Was der größte Vorteil von Calisthenics ist? „Man lernt seinen eigenen Körper einfach viel besser kennen. So was kriegt man nicht im Fitnessstudio.“