Sieben Gräber des Hoppenlaufriedhofs wurden verwüstet. Foto: Archivoto: Achim Wörner - Archivoto: Achim Wörner

1994 wurden innerhalb von fünf Wochen mehr als 100 Gräber in der Landeshauptstadt verwüstet. Die Polizei tappte lange im Dunkeln. Schließlich wurden fünf Jugendliche im Alter zwischen 15 und 19 ermittelt.

Bad Cannstatt Im Juli und August 1994 wurden innerhalb von fünf Wochen mehr als 100 Gräber auf vier Stuttgarter Friedhöfen verwüstet. Wochenlang tappte die eigens dafür eingerichtete Ermittlungsgruppe der Polizei im Dunkeln. Dann sorgten zwei Beamte des Reviers Wiesbadener Straße für den entscheidenden Schritt zur Aufklärung der Serie bis dato größter Friedhofsschändungen in der Landeshauptstadt. Fünf junge Männer im Alter von 15 bis 19 Jahren wurden als Täter ermittelt.

Betroffen waren der Prag-, Hoppenlau- und der Steigfriedhof sowie der Uff-Kirchhof. Es wurden an mehr als 100 Gräbern Kreuze herausgerissen und Grabdenkmale umgestoßen. Die Kreuze wurden zum Teil zerbrochen und umgekehrt an andere Kreuze angelehnt. Zahlreiche Gräber waren irreparabel zerstört.

Zwei Polizeibeamten waren im August 1994 auf Streife gegen 3.30 Uhr zwei Jugendliche am Uff-Kirchhof aufgefallen. Sensibilisiert durch die Verwüstungen an den Friedhöfen kontrollierten sie die beiden 15 und 18 Jahre alten Jugendlichen und gaben die Personenbeschreibungen umgehend an die Ermittlungsgruppe weiter. Diese Hinweise passten zu einer Zeugenaussage. Im Zimmer des 15-jährigen Cannstatters wurden zwei weitere 18-Jährige angetroffen. Nicht nur dies. Das Zimmer war vollgestopft mit Symbolen des Satankultes: Pentagramme, umgedrehte Kreuze, nachgemachte Totenschädel, Plakate von Bands, die der Death-Metal-Szene zuzuordnen sind, sowie Kerzen.

Ein weiterer Tatverdächtiger, 19 Jahre alt, aus Kornwestheim wurde an seiner Arbeitsstelle festgenommen. Ein fünfter Tatverdächtiger war zunächst flüchtig. Die Satansjünger gaben die Verwüstungen auf dem Prag-, Steigfriedhof und Uff-Kirchhof zu, wiesen aber die Taten auf dem Hoppenlaufriedhof von sich. In wechselnder Besetzung seien sie auf die Friedhöfe gezogen. Der Grund: „Spaß an der Freud“. Die Jugendlichen stammten, so die Ermittler „aus wenig geordneten Familienverhältnissen“.

Anhänger des Satankultes sind nicht zu verwechseln mit „Grufties“ oder der Gothic-Szene, die sich dunkel kleiden, grell schminken, sich gerne auf Friedhöfen aufhalten. Bei Jugendsatanismus gehen Experten von einer Protesthaltung aus, die sich gegen Religion, aber auch gegen die Gesellschaft richtet. Manche belassen es beim Sammeln von entsprechenden Devotionalien, andere halten „Schwarze Messsen“, auf denen Tiere geopfert werden.