Das älteste Haus Cannstatts in der Brählesgasse 21 hat nun eine Kennzeichnung der Bauzeit erhalten. Foto: Frey - Frey

Das älteste Haus in Bad Cannstatt hat jetzt eine genaue Kennzeichnung mit der Jahreszahl 1348 erhalten. Diese wurde auf einen Eckkonsolenstein mit modernen Buchstaben angebracht.

Bad Cannstatt Das älteste Haus in Bad Cannstatt hat jetzt eine genaue Kennzeichnung mit der Jahreszahl 1348 erhalten. Diese wurde auf einen Eckkonsolenstein mit modernen Buchstaben angebracht. Die Beschriftung hat der Maibaumverein finanziert, wie Eberhard Köngeter erklärt. Vor ein paar Jahren erst war klar geworden, dass das Haus in der Brählesgasse 21 deutlich älter ist als das Klösterle, welches 1463 erbaut wurde. An die Öffentlichkeit gebracht hatte die Information Pro Alt-Cannstatt.

Der Vorsitzende von Pro Alt-Cannstatt, Olaf Schulze, freut sich, dass die Jahreszahl dort nun steinmetzmäßig eingearbeitet ist. Das Gebäude in der Brählesgasse 21 ist in Teilen älter als das Klösterle, sagt Schulze. Der älteste Teil ist der Dachstuhl, er stamme aus der Zeit von 1348. In dem Haus sei die Dachkonstruktion noch da. Es handele sich um nicht verwertete Balken, das hätten dendrochronologische Daten so bewiesen, so Schulze. „Das Haus war um 1900 eine Gastwirtschaft namens ‚Zu den drei Hasen’. Der Wirt hieß Johann Nothdurft.“ Damals gehörte das Haus einer Brauerei in Vaihingen.

Das Dachwerk ist der älteste Teil

Das Dachwerk ist zweifelsohne der älteste Teil des Hauses, die unteren beiden Etagen sind aus der Zeit um 1741. So seien in den Dachbalken natürliche Ast- und Baumkrümmungen zu sehen, so Schulze. Auch das Landesamt für Denkmalpflege habe festgestellt, dass der Dachstuhl in seiner ganzen Art etwas bemerkenswertes habe, so der Vereinsvorsitzende von Pro Alt-Cannstatt. Der Dachstuhl sei aus Eichen und Pappelholz und sei rauchgeschwärzt. Da es zu damaliger Zeit noch keine Kamine gabe, sei der Rauch von der Feuerstelle nach oben gezogen. Deshalb seien die Balken rußgeschwärzt. Das Klösterle hingegen als Gesamtgebäude sei das am besten erhaltene Wohnhaus.

Am 4. September 2013 berichtete unsere Zeitung die Sensation, dass das Klösterle nicht das älteste Gebäude Cannstatts ist und keine Beginen-Wohnstätte war, wie es viele Jahre angenommen wurde. Die Überraschung wurde im Rahmen der Jubiläumsausstellung zum 550. Geburtstag des Klösterles bekannt geworden. Das Klösterle sei ein bürgerliches Wohnhaus wohlhabender Bürger gewesen, so Manfred Schmid vom Stadtmuseum.

Alte Quellen aus Kauf- und Steuerbüchern hätten ergeben, dass das Klösterle ein bürgerliches Wohnhaus war. Mehr als 200 Jahre lang waren Historiker davon ausgegangen, dass das Klösterle von Beginen, einer ordensähnlichen Hausgemeinschaft ehelos lebender Frauen genutzt wurde und zudem das älteste Wohngebäude auf Stuttgarter Gemarkung war. Doch es war nie ein Kloster oder Beginenhaus.

Das Klösterle wurde 1463 errichtet, der Erker im Jahr 1476 angefügt. „Die drei Häuser mit Umfriedung wurden zwar im Volksmund seit dem 17. Jahrhundert Klösterle genannt, sind aber – wie wir jetzt wissen – tatsächlich nie ein Kloster oder Beginenhaus gewesen“, so Olaf Schulze. Die neuen Erkenntnisse verdanke man dem Historiker Jörg Heinrich aus Köln, der sich der Abschrift alter Kauf- und Steuerbücher widmet, so Schmid vom Planungsstab Stadtmuseum Stuttgart.

Ehrenamtliche retteten Klösterle

Auf Anfrage der Ausstellungskuratoren habe Heinrich die Quellen zur Geschichte des Klösterle in der heutigen Marktstraße 71 gesichtet. Dabei stellte er fest, dass das Gebäude in den alten Steuerbüchern nicht, wie bisher angenommen, als Beginenhaus vermerkt war. Die Kauf- und Steuerbücher belegen, dass das Klösterle mit seinen Nebengebäuden und dem Hofareal als bürgerliches Wohnhaus genutzt wurde. „Damit hat das Klösterle seinen Status als ältestes Wohnhaus auf Stuttgarter Gemarkung verloren. Dennoch bleibt es ein interessantes und besonderes Gebäude, dessen Erhalt dem ehrenamtlichen Engagement zahlreicher Bürger, vor allem aus den Reihen von Pro Alt-Cannstatt, zu verdanken ist“, so Schmid. So wurde in der Ausstellung zu 550 Jahre Klösterle 2013 mit großem bürgerschaftlichen Engagement auch die Rettungsgeschichte des Hauses zu Beginn der achtziger Jahre beleuchtet.

Auch Architekt Hermann Kugler hat das Haus vor dem Abriss bewahrt. Pro Alt-Cannstatt sammelte damals 100 000 D-Mark zur Rettung und Sanierung. Auch Manfred Elser und dessen Familie hatte sich im Rahmen der Aktion von Pro Alt-Cannstatt, wie berichtet, für die Rettung eingesetzt und Model gebacken und verkauft, um Spenden zu sammeln.

Vor 30 Jahren wurde in der wieder aufgebauten Klösterle-Scheuer das Stadtmuseum Bad Cannstatt eröffnet, das zuvor als Heimatmuseum Bad Cannstatt seit 1959 in der Wilhelmstraße war. In der Ausstellung „550 Jahre Klösterle: Geschichte und Geschichten“ im Jahr 2013 gab es Zeichnungen, Fotografien und Objekte über die Gebäude-, Besitzer- und Erhaltungsgeschichte von 1463 bis heute zu sehen.

www.stadtmuseum-stuttgart.de