Herbert Grönemeyer ruft die Reichen auf, in der Coronakrise für Künstler zu spenden. Foto: dpa/Carsten Rehder

Ein Land ohne Live-Kultur öffne den Raum für Verblödung, warnt Herbert Grönemeyer. Eine Spende der 1,8 Millionen deutschen Millionäre, so seine Idee, könnte zumindest den notleidenden Künstlern helfen.

Stuttgart - Der Musiker Herbert Grönemeyer („Mensch“) hat zur Stützung der coronabedingt darbenden Kulturszene mehr Einsatz von Wohlhabenden gefordert. In der Wochenzeitung „Die Zeit“ spricht sich der 64-Jährige für eine „Kultur der gemeinsamen Verantwortung und des Mitgefühls“ aus. „Wäre die Zeit nicht günstig für eine Solidaritätssonderzahlung der Vermögendsten in diesem wohl rauen Herbst und einem drohenden Komplett-Lockdown?“, fragte Grönemeyer in seinem Gastbeitrag.

Sie könnten mit Sonderzahlungen die Not im Kreativbereich lindern: „Wenn sich die Wohlhabendsten bereit erklären würden zu einer zweimaligen Sonderzahlung von zum Beispiel 50 000 bis 150 000 Euro, jeweils in diesem wie auch im nächsten Jahr, stünden ad hoc circa 200 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung, um Existenzen zu sichern, Pleiten aufzufangen und Ängste zu mildern“, sagte Grönemeyer. Er bezog sich dabei auf „circa 1,8 Millionen Millionäre“, die es in Deutschland gebe.

Künstler unterhalten von unten

Das Coronavirus, betont Grönemeyer, reiße Abertausende in die Not: „Das sind unsere Crews, Techniker, Bühnenbauer, Beleuchter, Trucker, Busfahrer, Caterer, Roadies, Aufbauhelfer, Toningenieure, Clubbesitzer, Veranstalter, Securities und viele weitere, ohne die alle Künstler hilf- und glanzlos sind“, erklärte Grönemeyer. Vielen dieser Solo-Selbstständigen drohten direkte Insolvenzen, sie griffen bereits ihre Altersreserven an, da sie keine Arbeitslosenversicherung haben.

Eine Gesellschaft sei wie eine Familie. Es sei an der Zeit, dass die reichsten Familienmitglieder den Ärmeren helfen. „Nicht nur die Regierung, auch eine Gesellschaft, eine Familie muss sich bewegen und handeln und tun, was sie kann.“ Zur Funktion der Kunst schreibt der Musiker: „Wir unterhalten, aber wie das Verb beinhaltet, wir halten von unten. Kultur stützt die Menschen in ihrer Verzweiflung, Trauer, in ihrer Lust, Freude, ihrem Lachen, ihrem Mut und ihrer Zuversicht.“ Diese Stützfunktion drohe nun durch die Pandemie und den Lockdown verloren zu gehen: „Ein Land ohne die so unmittelbare Livekultur gibt und öffnet den Raum für Verblödung, krude und verrohende Theorien und läuft Gefahr, nach und nach zu entseelen.“