Die meisten Hauptversammlungen fanden 2020 im Internet statt. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Der Gesetzgeber reagiert auf die Kritik an Online-Hauptversammlungen. Aktionärsschützer wollen auf Präsenzveranstaltungen nicht verzichten.

Frankfurt - Die Rechte von Aktionären bei Online-Hauptversammlungen sollen verbessert werden. Der Rechtsausschuss im Bundestag reagierte nun auf die Kritik an den virtuellen Aktionärstreffen, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie Standard sind. Fragen mussten die Anteilseigner dabei häufig mit zwei Tagen Vorlauf schriftlich einreichen. Zudem konnten die Unternehmensvorstände selbst entscheiden, welche Fragen sie beantworten – die im März verabschiedeten Ausnahmeregeln für Hauptversammlungen während der Corona-Krise stellten ihnen dies ausdrücklich frei.

Laut der Beschlussvorlage des Rechtsausschusses müssen die Vorstände künftig alle Aktionärsfragen beantworten, die spätestens einen Tag vor der Online-Hauptversammlung eingereicht werden. Der Bundestag wird diese Änderung, für die sich der CDU-Abgeordnete Heribert Hirte starkgemacht hatte, voraussichtlich am Donnerstag verabschieden.

Aktionärsschützer fordern Rückkehr zu Präsenzveranstaltungen

Aktionärsschützer fordern allerdings ein Fragerecht auch während der Veranstaltung. Wichtig sei zudem, „die Abstimmungsentscheidung auf Basis des Verlaufs der Hauptversammlung fällen zu können“, betont Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Bei den virtuellen Hauptversammlungen war eine Abstimmung zum Teil nur per Briefwahl möglich, so dass die Aktionäre ihre Entscheidung vorab treffen mussten.

Die DSW und der europäische Anlegerschutzverband Better Finance fordern deshalb eine Rückkehr zu Präsenzveranstaltungen. Die Online-Übertragung von Hauptversammlungen könne nur eine Ergänzung sein. Zur Begründung verwiesen die Anlegerschützer auf eine Umfrage unter rund 750 Kleinaktionären in 13 europäischen Ländern.

Eine weitgehende Wahrung der Aktionärsrechte im Online-Format bescheinigte Better Finance Österreich. Dort können die Anteilseigner auch während der virtuellen Hauptversammlung Fragen einreichen. Die meisten Unternehmen hätten dafür einfach eine E-Mail-Adresse eingerichtet, berichtete Florian Beckermann vom österreichischen Interessenverband für Anleger (IVA) unserer Zeitung. Auch ihre endgültige Abstimmungsentscheidung könnten die Aktionäre über Stimmrechtsvertreter noch während der Versammlung einreichen. „Trotzdem waren die virtuellen Hauptversammlungen kürzer als Präsenzveranstaltungen“, sagt Beckermann. Das Konzept funktioniere auch bei Großkonzernen wie Voestalpine, an dessen virtueller Hauptversammlung sich fast 3600 Aktionäre beteiligten.