Die Gemeinde Schwieberdingen muss wohl Bosch rund sechs Millionen Euro zurückbezahlen. Foto:  

Schwieberdingen muss fast 6 Millionen Euro an Gewerbesteuer zurückzahlen. Nun wurde eine Sparliste mit schmerzhaften Einschnitten erstellt. Auch Affalterbach muss Geld zurückgeben, wenn auch nicht so viel.

Es war kein Weihnachtsgeschenk, viel eher ein Danaergeschenk, das die Gemeinde Schwieberdingen kurz vor dem Jahresende bekommen hat. Der Inhalt des Trojanischen Pferdes: Eine Steuerrückzahlung von satten 4,5 Millionen Euro. Plus zwischenzeitlich angefallener Zinsen summiert sich das Ganze auf 5,9 Millionen Euro. Zurückzuführen sei das auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs, sagte Bürgermeister Nico Lauxmann.

Der Fall ist rund zwanzig Jahre her

„Das kam für uns wirklich völlig überraschend“, so Lauxmann weiter. „Denn die jetzt nötig gewordene Rückzahlung stammt von Gewerbesteuereinnahmen Anfang der 2000er Jahre.“ Und das mache, wie man leicht nachvollziehen könne, eine Planbarkeit fast unmöglich. Und es sei „ein deutlicher Rückschlag“ im Hinblick auf die finanziellen Möglichkeiten der Kommune für kommende Projekte. Zunächst einmal habe die Sicherung der Liquidität Priorität gehabt.

Das Geld habe man mittlerweile überwiesen. Mit der Folge, dass der Haushalt, der nach „zwei ganz schweren Jahren“ erstmals wieder mit rund 200 000 Euro leicht im Plus gewesen wäre, kräftig ins Minus rutscht. Und das hat Folgen für geplante Investitionsvorhaben wie etwa den Neubau der Turn- und Festhalle, die Sanierung der Sporthalle oder die Sanierung des Feuerwehrgerätehauses samt Anbau, aber auch die Klimaschutzkonzeption, mit der die Gemeinde eigentlich bis 2040 klimaneutral werden möchte. Diese und andere Vorhaben seien nicht oder nur in einem deutlich längeren Zeitraum zu realisieren, stellte Lauxmann klar.

Bekommt Bosch die Rückerstattung?

Wer von den Unternehmen sich im Gegenzug über eine Steuerrückerstattung freuen darf, dazu konnte und wollte der Rathauschef nichts sagen. „Wegen des Steuergeheimnisses darf ich keinerlei Aussagen treffen“, betonte er. Angesichts der Steuerhöhe liegt jedoch der Verdacht nahe, dass es sich um einen ganz dicken Fisch im Schwieberdinger Gewebebecken handeln dürfte, und da drängt sich der Name Bosch auf. Doch auch Bosch gab sich zugeknöpft.

Für die Gemeinde Schwieberdingen spielt das letzten Endes keine Rolle. Das Geld ist so oder so weg und muss irgendwie wieder eingespart werden. Dazu wurde eine Streichliste erstellt. Denn mit der Haushaltsstrukturkommission wurde vereinbart, dass es keine pauschalen Kürzungen geben geben soll, sondern gezielte Einsparungen. „Und da sind durchaus schmerzhafte Einschnitte dabei, die man merken wird“, so Lauxmann. Ein Beschluss über die Liste mit 20 Einzelpositionen, die sich bis 2026 auf eine Einsparung von 1,9 Millionen Euro summieren, soll im nächsten Jahr gefasst werden.

Einig war man sich darin, dass das Ehrenamt und die Kinderbetreuung weiterhin von Sparbeschlüssen ausgenommen bleiben sollen. „Es ist schwer genug, genügend Fachkräfte für die Kinderbetreuung zu bekommen, und das Ehrenamt wurde durch Corona sehr gebeutelt“, erklärte der Rathauschef diese Priorisierung. Allerdings trifft es zwar nicht das Budget der Kitas, wohl aber einzelne Punkte. So finden sich auf der Liste unter anderem auch die Punkte „Umbau bzw. Kita-Erweiterung“ sowie die Ausstattung für zwei neue Gruppen der Kita Stuttgarter Straße. Ein weiterer dicker Brocken: mögliche Ausgaben für Pandemiefolgen und allgemeinen Katastrophenschutz. Hierfür sollen 180 000 Euro gespart werden. Zudem setzt man in der Gemeinde auf Kompensationen aus dem interkommunalen Finanzausgleich in den Jahren 2024 bis 2026.

Rückzahlungen für Kommunen kein Einzelfall

Dass bezahlte Gewerbesteuern zurückgezahlt werden müssten, komme „ab und zu mal vor“, sagt Jana Gläser, Kämmerin der Gemeinde Affalterbach. Dort dürfte die Mercedes-Tochter AMG der dickste Fisch im Gewerbebecken sein, Gläser kann dazu aber wegen des Steuergeheimnisses nichts sagen. Generell habe die Gemeinde wenig Einflussmöglichkeiten. „Wir bekommen jeweils vom Finanzamt mitgeteilt, welcher Gewerbesteueranteil auf uns entfällt“, sagt Gläser. Wenn etwas zurückgezahlt werden müsse – nach Informationen dieser Zeitung sind es in diesem Jahr 700 000 Euro – erfahre man keine Gründe dafür. Im Jahr 2014 war auf Kornwestheim eine dicke Steuerrückzahlung zugekommen – 15,7 Millionen Euro plus Zinsen waren es damals.

Klar sein dürfte: Wer als Kommune einen Mix von Gewerbebetrieben unterschiedlicher Branchen und Größen auf seiner Gemarkung beherbergt, dürfte besser dran sein als jemand, der von wenigen großen Betrieben stark profitiert. Schwieberdingens Bürgermeister Nico Lauxmann hofft deshalb, dass er sich für die geplante Erweiterung des Gewerbegebiets doch noch mit den über 100 Grundstückseigentümern einigen kann. Dann soll es dort einen bunten Gewerbemix geben, der potenzielle Risiken der Zukunft besser abfedert.

Gewerbesteuer und Gründe für eine Rückerstattung

Gewerbesteuer
 Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer. Das heißt, sie wird von den Kommunen auf Basis des Gewerbeertrags eines Unternehmens erhoben. Der Bund und die Länder werden durch eine Umlage daran beteiligt. Je nach wirtschaftlicher Lage schwankt die Höhe der Gewerbesteuer, die ein Betrieb zahlen muss. Regelrecht eingebrochen sind die Einnahmen in den meisten Städten und Gemeinden durch die Coronakrise.

Rückerstattung
 Es gibt verschiedene Gründe, aus denen Kommunen Gewerbesteuer zurückzahlen müssen. Dazu gehört beispielsweise die Rückzahlung zu hoher Vorauszahlungen, wenn der Gewinn geringer als erwartet ausgefallen ist, aber auch Steuerrechtsänderungen zugunsten des Gewerbebetriebs, eine für den Steuerpflichtigen positiv verlaufende Betriebsprüfung oder eine steuerwirksame Anpassung der Bemessungsgrundlage durch den Steuerpflichtigen selbst.