Sabine Hagmann, Chefin des Handelsverbands Baden-Württemberg, zieht eine eher ernüchternde Bilanz der sechsmonatigen Senkung der Mehrwertsteuer. Foto: z

Rund 20 Milliarden Euro ließ sich der Staat die Entlastung der Konsumenten kosten. Kurz vor Ende der sechsmonatigen Senkung zieht der Handel ein ernüchterndes Fazit und fordert Nachbesserung.

Stuttgart - Die Senkung der Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte von 19 auf 16 Prozent hat im Handel nicht zu der von der Politik erwarteten Belebung geführt. „Die Senkung hat den Konsum nicht nachhaltig angekurbelt“, sagte Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg, unserer Zeitung. Sie habe zwar die Grundstimmung der Verbraucher positiv beeinflusst, sei aber gerade bei kleineren Beträgen kaum ins Gewicht gefallen.

„Coronabonus hätte mehr Wirkung gehabt“

Der Chef der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, sprach sich gegen eine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung über den Jahreswechsel hinaus aus. „Bislang war die Wirkung begrenzt: Supermärkte haben die Senkung zu 100 Prozent weitergegeben, andere nur teilweise, Gaststätten in der Regel gar nicht“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Unternehmen und Verbraucher kann der Staat wirksamer entlasten, wenn er die Ökostrom-Umlage und die Stromsteuer senkt.“

Sinnvoller wäre nach Hagmanns Ansicht gewesen, das Geld unmittelbar dem Handel zur Verfügung zu stellen. Auch ein Coronabonus für Verbraucher von 300 Euro, der, der für den Einkauf bei Handel oder Gastronomie genutzt werden kann, hätte die Wirkung der Steuermittel erhöht. Hagmann bedauerte, dass die Senkung trotz des Lockdowns ersatzlos gestrichen wird. Eine gewisse Wirkung der Mehrwertsteuersenkung sei aber bei langlebigen Gütern wie Autos und Möbeln festzustellen gewesen. Dort habe sich der Jahresumsatz in der Größenordnung von einem halben Prozent verbessert. Hagmann kritisierte, dass es trotz der Überlastung von Lieferdiensten keine Möglichkeit gibt, für Möbel auch dann den reduzierten Mehrwertsteuersatz einzusetzen, wenn diese erst im Folgejahr geliefert werden.

Gewisse Wirkung bei Möbeln und Autos

Auch der Autohandel fordert eine Übergangsregelung, falls bestellte Fahrzeuge erst 2021 ausgeliefert und zugelassen werden können. Die Steuersenkung sei im Fahrzeughandel von der Bundesregierung als Ersatz für eine Kaufprämie gedacht gewesen, so Michael Ziegler, Präsident des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg. Diese gab es lediglich für Elektroautos. Wenn die Bundesregierung die Folgen des Lockdowns auf die Mehrwertsteuer nicht berücksichtige, werde dies „eine Menge Kunden verärgern“. Die sechsmonatige Senkung der Steuer belastete die Staatskassen mit 20 Milliarden Euro.