Sabine Hagmann hofft, dass die Konsumlaune auf Weihnachten hin noch besser wird. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes, spricht über das Weihnachtsgeschäft und die Lage der stationären Läden.

Frau Hagmann, manche Branchen schauen mit wenig Zuversicht in die Zukunft. So kämpft etwa ein kleines Schuhfachgeschäft um die Existenz. Was macht es dem inhabergeführten Handel so schwer?

Zunächst sind die Unternehmen von den Coronabeschränkungen wirtschaftlich hart getroffen worden. An den Folgen leiden viele Unternehmen noch sehr stark. Die Coronakrise wurde abgelöst durch die Energiekrise mit hohen eigenen Energiekostensteigerungen, aber auch teilweise exorbitanten Kostensteigerungen bei Vorlieferanten und Logistik. Die explodierenden Energiepreise und die dadurch angeheizte Inflation machen dem Handel aber doppelt zu schaffen. Nicht nur die eigenen Kosten für das Ladengeschäft sind gestiegen, sondern auch Kundinnen und Kunden geben weniger Geld aus, was weniger Umsätze und deutlich weniger Erträge für den Handel bedeutet. Hinzu kommen gestiegene Personalkosten. Das bedeutet, dass die Möglichkeiten, notwendige Investitionen zu tätigen, bei vielen Händlern sehr beschränkt sind. Damit sinken wiederum die Zukunftschancen.

Manche Läden haben größere Umsatzverluste zu beklagen als in den Coronajahren. Was sind die Gründe?

Viele Kundinnen und Kunden haben ihr Einkaufsverhalten während der staatlich angeordneten Zwangsschließungen des Handels verändert und zwangsweise online gekauft. Diese wieder zurück in die Geschäfte zu holen, ist schwierig. Dazu kommt die erwähnte Konsumzurückhaltung wegen der Inflation.

Welche Rolle spielen explodierende Energiepreise für die Ladeninhaber?

Wie bereits erwähnt, der Handel ist durch die explodierenden Energiepreise mehrfach betroffen. Viele Händlerinnen und Händler stehen aufgrund der horrenden Energiepreise und deren Auswirkungen auf alle Bereiche des Handels mit dem Rücken zur Wand.

Sehen Sie dennoch Hoffnung beim Jahresendspurt für den Handel?

Definitiv. Der vierte Adventssamstag war sehr erfolgreich, im Vergleich zu den vergangenen Wochen konnten die Umsätze gesteigert werden. Man merkt, dass die Konsumlaune etwas besser ist und viele Kundinnen und Kunden noch Geschenke kaufen.

Was fordern Sie, um den Einzelhandel zu unterstützen? Immer mehr Traditionsgeschäfte in Innenstädten auch in Stuttgart schließen.

Die Energiepreisbremse ist ein guter Schritt, trotzdem braucht es hier noch einen Härtefallfonds. Außerdem muss es einen Investitionsfonds für Handel und Innenstädte geben, damit diese trotz der aktuell schwierigen Lage in eine erfolgreiche Zukunft investieren können. Nur attraktive Geschäfte und Innenstädte ziehen Kunden an.

Welche Rolle spielt der Einzelhandel als Ausbilder und Arbeitgeber?

Als drittgrößte Wirtschaftsbranche ist der Handel der zweitgrößte Ausbilder und einer der größten Arbeitgeber. Mit der Ausbildung als Einzelhandelskaufmann/frau bieten wir eine der beliebtesten Ausbildungen.

Sabine Hagmann
 ist Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg (HBW), der die politischen Interessen von über 40000 Unternehmen vertritt.

Branche
 Der Handel stellt laut HBW den drittgrößten Wirtschaftszweig in Baden-Württemberg dar mit 500 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern, rund 18 000 Auszubildenden und einem Umsatz von rund 90 Milliarden Euro.