Hartmut Jenner putzt gern selbst – und sieht die wirtschaftliche Lage in Deutschland mit Sorge. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

In einem Interview spart der Chef des Reinigungsspezialisten aus der Region Stuttgart nicht mit Kritik. Ein anderer Grünen-Politiker höre wenigstens zu.

Kärcher-Chef Hartmut Jenner (59) achtet privat ebenso stark auf Sauberkeit wie dienstlich: Er sehe überall Schmutz, aber „Schmutz ist für mich etwas Positives“, sagte der Chef des schwäbischen Reinigungsspezialisten der „Augsburger Allgemeinen“ in einem Interview. Zu Hause putze er an Samstagen gerne selbst. Wenn er fliege, betrachte er seinen Sitzplatz zunächst besonders gründlich, so der Manager. Er schaue „genau in die Ritzen rein.“ Davon könne er aber allen nur abraten – „sonst entdecken sie Dinge, auf die sie besser nicht stoßen wollen“. Lässt sich das auf die Gesellschaft übertragen?

Neben der Sauberkeit im Büro und auf Sitzen, äußerte sich Jenner jedenfalls auch zur „Werte-Sauberkeit“. Das Bewusstsein dafür habe in Deutschland zuletzt sehr gelitten. „Menschen bringen sich nicht mehr in dem Maße in die Gesellschaft ein. Und in sozialen Medien ist der Respekt verloren gegangen. Die Art, wie man übereinander spricht oder schreibt, hat auch etwas mit Sauberkeit zu tun“, sagt er - obwohl Kärcher mit solchen Metaphern in der Vergangenheit schon schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Kärcher-Chef über Habeck und Kretschmann

Auch in der Wirtschaftspolitik läuft aus Sicht von Jenner einiges schief – die Schuld daran sieht er auch bei den Grünen. „Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck fehlt die ökonomische Kompetenz für sein Amt“, lautet das harte Urteil des Kärcher-Chefs. „Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, von dem ich menschlich sehr viel halte, hört uns wenigstens zu“, so Jenner.

Jenner leitet das Unternehmen schon mehr als 20 Jahre. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Deutschland ist aus seiner Sicht derzeit „nicht mehr wettbewerbsfähig“. Das liege an zu hohen Lohnkosten, einem zu starren Arbeitsmarkt – „und das Berufsleben ist überreguliert“. Wenn die Unternehmer solche Themen gegenüber der Bundesregierung ansprechen wollten, fänden sie allerdings kein Gehör.

„Hidden Champion“ Kärcher - fünf Fakten

  • Das Unternehmen wurde 1935 vom Ingenieur und Tüftler Alfred Kärcher gegründet und ist bis heute im Familienbesitz.
  • Kärcher hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von 3,29 Milliarden Euro erzielt und ist damit um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen.
  • Kärcher beschäftigt in rund 80 Ländern über 15.300 Mitarbeiter und unterhält global über 50.000 Servicestellen.
  • Innovation ist wichtig bei Kärcher: Am Stammsitz in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) arbeiten rund 1000 Angestellte in der Forschung und Entwicklung.
  • Im Rahmen des „Kärcher-Kultursponsorings“ hat die Firma seit 1980 auf der ganzen Welt etwa 160 Bauwerke und Denkmäler restauratorisch gereinigt.

Das Familienunternehmen Kärcher mit Sitz in Winnenden gilt nach eigenen Angaben als der weltweit führende Anbieter von effizienten, ressourcenschonenden Reinigungssystemen. Im Angebot sind etwa Hochdruckreiniger oder Waschsauger. Das Wort „Kärchern“ hat es inzwischen in den Duden geschafft. Darauf sei er „stolz“, sagte Jenner. Auch im französischen und österreichischen Wörterbuch steht es synonym für das Reinigen mit Hochdruck.

Kärcher und Sarkozy

Politisch ist das Thema Kärcher mitunter brisant: 2005 protestierte das Unternehmen offiziell gegen Frankreichs konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der die Vorstädte mit dem Kärcher von Kriminalität reinigen wollte. Das Sprachbild erregte in Winnenden Missfallen: "Wir haben damals einen offenen Brief an die französische Regierung und die Abgeordneten geschrieben und eindringlich darum gebeten, unseren Firmennamen nicht für politische Aussagen zu verwenden. Ich habe aber nie mit Herrn Sarkozy gesprochen. Ich glaube aber, ihm war gar nicht bewusst, dass er unseren Firmennamen benutzt hat", so Jenner gegenüber der Augsburger Allgemeinen.

Trotzdem benannte sich dann ein ganzer Jahrgang der französischen Verwaltungshochschule ENA scherzhaft nach Kärcher ("Promotion Kärcher"). Das stand seinerzeit sozusagen sinnbildlich für einen Rechtsruck der Eliten und Medien in Frankreich.

Mit Material von dpa und AFP.