Im Diesel-Skandal müssen sich Autobauer auf eine Schlappe vor dem Europäischen Gerichtshof gefasst machen. Foto: picture alliance/dpa/Arne Immanuel Bänsch

Seit 2015 tobt der Streit über Abgasmanipulationen bei Diesel-Autos. Nun muss sich der Europäische Gerichtshof mit den Feinheiten des EU-Rechts befassen. Für die zuständige Generalanwältin ist der Fall klar.

Luxemburg - Knapp fünf Jahre nach Beginn des Diesel-Skandals müssen sich Autobauern auf eine Schlappe vor dem Europäischen Gerichtshof gefasst machen. Die zuständige EuGH-Generalanwältin vertrat am Donnerstag in ihrem Gutachten die Ansicht, eine zur Senkung von Abgaswerten bei Labortests eingesetzte Software sei eine „Abschalteinrichtung“ und damit nach EU-Recht verboten. Das Urteil des EuGH fällt erst in einigen Wochen, doch folgen die höchsten EU-Richter meist ihren Gutachtern. (Rechtssache C-693/18)

Im September 2015 war aufgeflogen, dass Volkswagen mit spezieller Software Abgaswerte bei Zulassungstests manipuliert hatte. Die Folge waren Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe und eine Klagewelle, die immer noch läuft. Vor dem EuGH geht es ebenfalls um solche Manipulationen auf dem Prüfstand, in diesem Fall in Frankreich. Dort wird gegen einen Hersteller von Dieselfahrzeugen - im Verfahren nur mit X bezeichnet - wegen arglistiger Täuschung ermittelt.

Folgen für Deutschland möglich

Aus Sicht der Grünen hätte es aber auch weitreichende Folgen für Deutschland, falls der EuGH dem Gutachten im Urteil folgt. „Die großzügige Auslegung der Bundesregierung im Sinne der Hersteller ist damit hinfällig“, erklärte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer. „Wenn das Urteil der europäischen Richter dem Gutachten folgt, sind auch die millionenfachen Software-Updates keine Lösung.“

In dem französischen Fall erkannte eine spezielle Software in den Fahrzeugen des Herstellers, ob der Wagen für Zulassungstests im Labor geprüft wurde. Während der Tests lief mit voller Stärke die sogenannte Abgasrückführung, die den Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide verringert. So wurden im Labor die entsprechenden Euro-Grenzwerte eingehalten. Im Normalbetrieb wurde die Abgasrückführung dann aber gedrosselt. Der Effekt war mehr Motorleistung, aber eben auch ein höherer Stickoxid-Wert.

Abschalteinrichtungen grundsätzlich verboten

In der EU-Verordnung zur Typgenehmigung für Fahrzeuge nach den Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 sind sogenannte Abschalteinrichtungen grundsätzlich verboten. Aber handelt es sich bei der eingesetzten Software um eine solche verbotene Abschalteinrichtung? Der französische Hersteller bestreitet das, so dass die französischen Ermittlungsrichter den EuGH um Auslegung des EU-Rechts baten.

Generalanwältin Eleanor Sharpston sagt in ihrem Gutachten eindeutig: ja. Doch kommt sie zu dem Schluss erst nach einer komplexen technischen und juristischen Prüfung - ihr Gutachten sollte bereits vor Monaten vorliegen, wurde aber mehrfach hinausgezögert.

So ging es einerseits darum, ob die mit der Software beeinflusste Abgasrückführung zu dem in der Verordnung genannten „Emissionskontrollsystem“ gehört oder nicht. Der in Frankreich verfolgte Hersteller argumentierte, das umstrittene Programm sei in der Verordnung nicht gemeint. Doch Sharpston widersprach.

Die andere Streitfrage lautete: Könnte eine Drosselung des Reinigungssystems zulässig sein, weil damit der Motor geschont wird? In dem französischen Verfahren hatte ein technischer Gutachter erklärt, wenn die Abgasrückführung auch beim normalen Fahren auf der Straße voll liefe, würde der Motor schneller verschmutzen und die Wartung wäre teurer. Aus Sicht der EuGH-Generalanwältin reicht das aber nicht als Rechtfertigung für eine Ausnahme von dem Verbot.