Ein Mitarbeiter der Spurensicherung fotografiert vor dem Residenzschloss von einer Leiter ein Gitterfenster des Grünen Gewölbes. In Dresdens Schatzkammer Grünes Gewölbe ist am Montagmorgen (25. November) eingebrochen worden. Die Diebestat betrifft den historischen Teil der wertvollen Sammlung. Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Edelsteine, Schmuck und Perlen: Beim Diebstahl in der Dresdner Schatzkammer geht es um Werte von unschätzbarem Wert. Was können aber die Diebe mit ihrer Beute anfangen?

Dresden - Nach dem spektakulären Kunstdiebstahl in Dresden werden Fragen zum Ausmaß des Schadens und zur Versicherung der Schätze laut. Am Montagmorgen waren nach Polizeiangaben zwei Verdächtige in das Juwelenzimmer des Grünen Gewölbes der Schatzkammer eingedrungen und hatten eine Vitrine mit knapp 100 Objekten aufgebrochen. Dort lagen Schmuck, Edelsteine und Perlen.

Wie hoch ist der Schaden?

Nach Angaben der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden handelt es sich weniger um einen materiellen Schaden als um eine kulturhistorische Katastrophe. In Geld lasse sich die Dimension des Desasters nicht messen, sagt Generaldirektorin Marion Ackermann.

Sie lehnt es ab, von Werten in „Milliardenhöhe“ zu sprechen. Vielmehr sind durch den Raub in dem vom Kurfürsten August dem Starken (1670-1733) angelegten Staatsschatz Lücken gerissen worden. Die Bestände seien nicht mehr in dem Maße vollständig wie sie historisch überliefert wurden.

Sind die gestohlenen Schätze versichert?

Kulturgüter aus öffentlichen Museen sind im Prinzip nicht versichert, Schäden über die sogenannte Staatshaftung gedeckt. Für öffentliche Museen ist die Staatshaftung attraktiv, da sie keine Versicherungsbeiträge entrichten müssen.

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Gibt es Ausnahmen?

Ja, sagt Bernd Ziegenrücker, Makler für Kunstversicherungen in Berlin. Leihgaben seien meistens versichert. Auch der Grüne Diamant aus der Dresdner Sammlung, der zur Zeit im Metropolitan Museum of Art in New York gezeigt wird, ist für die Präsentation in Übersee versichert. Sobald er an seinen angestammten Ort zurückkehrt, entfällt der Schutz, der Staat haftet dann wieder.

Könnten die Diebe die gestohlenen Juwelen verkaufen?

Laut Experten ist zum Beispiel der Verkauf gestohlener Diamanten auf dem freien Markt extrem schwer. Wie Margaux Donckier, Sprecherin des Diamantenhandelszentrums von Antwerpen, dem wichtigsten einschlägigen Handelsplatz der Welt, sagt, sind die Händler eng vernetzt und haben über Datenbanken Zugriff auf Angaben zu gestohlenen Steinen weltweit.

Hehler dürften sich auf dem Antwerpener Markt auch nicht sicher fühlen: Die Händler hätten einen direkten Draht zur belgischen Polizei, das Diamantenviertel werde mit 2000 Kameras beobachtet.

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Im Fall der in Berlin gestohlenen Riesenmünze wurde das Goldstück laut der Ermittler zerstückelt und einzeln verkauft. Droht dieses Schicksal auch der Dresdner Beute?

Anders als bei der Zwei-Zentner-Goldmünze „Big Maple Leaf“ aus dem Bodemuseum, die sich leicht als Gold verwerten lässt, behalten die Dresdner Juwelen nur als ganze Stücke ihren einzigartigen Wert. Zwar lässt sich etwa eine Brosche oder ein Diamant zerlegen. Händlern würde aber etwa durch die alte Schleiftechnik ein Diamant zweifelhaften Ursprungs sofort auffallen.

Welche Rolle spielt die Öffentlichkeit?

Eine sehr große, sagt Margaux Donckier vom Diamantenhandelszentrum in Antwerpen, wo jedes Jahr Steine im Wert von 48 Milliarden Dollar (44 Milliarden Euro) gehandelt werden. Als etwa 2016 dem US-Promi Kim Kardashian in Paris Schmuck im Wert von geschätzten neun Millionen Euro gestohlen wurde, habe sich das rasend schnell herumgesprochen. Dadurch sei die Ware unverkäuflich geworden.

Was könnten die Täter mit der Beute vorhaben?

Nach Angaben der Ergo-Versicherung, die auch Kunstwerke versichert, werden Schmuckstücke meist nicht wegen ihres historischen Wertes gestohlen, sondern aufgrund der hohen Wertkonzentration – kleiner Schmuck kann sehr hohen Wert haben. Wenn Objekte zerlegt werden, können sie in den Wirtschaftskreislauf geraten. Dadurch würden die Spuren der Täter verwischt.